In diesem Special:
Wer als Einsteiger auf der Suche nach dem ersten, werftneuen Boot ist, der kommt womöglich gar nicht auf die Idee, sich im Baumarkt oder beim Bootsausrüster umzuschauen. Bei einem Vergleich der BOOTE-Redaktion haben wir neben der zusammengebauten Pegazus 450 von Bauhaus auch ein weiteres Konsolenboot - die OceanBay MM-450 - des mittlerweile insolvent gegangenen Zubehörhändlers A.W. Niemeyer getestet. Das Modell (RaJo MM 450 open) ist bei dem Händler RaJo Boote baugleich erhältlich.
Sowohl Bauhaus als auch Händler haben Konsolenboote im Programm, die mit überschaubarer Größe, aber sportlicher Motorisierung vor allem eins machen: eine Menge Spaß! Grund, sie zu testen.
Der Spaß fängt schon bei der Anschaffung an, denn sowohl die OceanBay MM-450/RaJo MM 450 open als auch die Pegazus 450 sind mehr als erschwinglich: Ersteres Modell ist für 10995 Euro beim Händler erhältlich. Zu der Ausstattung gehören standardgemäß Kunstlederpolster, eine Edelstahlbadeleiter, Klampen und Reling. Das Bauhaus-Boot kostet in der Basisversion 4499 Euro (Stand Oktober 2023), mit optionalem Steuerstand 1929 Euro mehr. Ein reizvoller Start für Leute mit schmalerem Budget, denn alle weiteren Ausbaustufen (Backskisten, Reling, Polster, Persenning, Biminitop etc.) sind später nachrüstbar. Den modularen Aufbau haben wir im Rahmen einer achtteiligen Serie bei boote TV auf YouTube begleitet.
Auch bei der Motorwahl hat der Neueigner bei beiden Booten viele Optionen, angefangen bei führerscheinfreien 15 PS bis hin zu sportlich-dynamischen 60 PS (Bauhaus), die das volle Potenzial des jeweiligen Boots entfalten. Die Boote sind etwa gleich lang, die OceanBay/RaJo MM 450 mit dem selbstlenzenden Cockpit liegt jedoch weit höher im Wasser und wirkt durch 24 Zentimeter mehr Breite auch deutlich voluminöser.
Beide Boote überzeugen durch gute Fertigungsqualität. Auch schwer einsichtige Stellen sind vorbildlich mit Topcoat ausgespritzt. Bei der Pegazus sind sogar die gesägten GFK-Teile penibel geschliffen und gerundet. Die Installation der Steuerung und Elektrik der Pegazus geht auf die Kappe der BOOTE-Crew und kann deshalb nicht bewertet werden. Die OceanBay/RaJo wurde in der Werft komplettiert, und es gibt wenig auszusetzen. Höchstens in der Anordnung mancher Elemente: Das Schaltpaneel ist genau in Kniehöhe montiert, und man betätigt beim Fahren unweigerlich die Kippschalter. Beim Bauhaus-Boot sind Steuerrad und Schaltung griffiger.
Wer, wie wir, jeweils die Maximalmotorisierung wählt, wird in Sachen Fahrvergnügen nicht enttäuscht. Dank eines Leistungsgewichts von zwölf (Pegazus) und elf (OceanBay/RaJo) Kilogramm pro PS (bei Testbeladung) beschleunigen beide Boote binnen fünf bzw. sieben (OceanBay/RaJo) Sekunden aus dem Stand in Gleitfahrt. Dieselbe Zeitspanne später liegt die Höchstgeschwindigkeit von 30 Knoten an. Bei der OceanBay sollte dann allerdings spätestens nach 30 Seemeilen (plus 15 Prozent Reserve) Vollgasfahrt eine Tankstelle in Sicht kommen. Die Pegazus schafft es mit einer Tankfüllung ganze elf Seemeilen weiter. Die größte Reichweite haben beide Boote jedoch bei einer Drehzahl von 4000 (Pegazus) und 4500 U/min. Die Pegazus schafft es dann bei einer Fahrt von 17,5 Knoten 51 Seemeilen weit, die OceanBay/RaJo mit zehn zusätzlichen PS und etwas schnellerer Fahrt von 21,7 Knoten immerhin 49 Seemeilen. Wegen des höheren Gewichts der OceanBay/RaJo verfügen beide Boote über eine ähnliche Fahrleistung, sind jedoch im Fahrverhalten völlig unterschiedlich. Das liegt zum einen an der flacheren Rumpfform der Pegazus, zum anderen an der Sitzposition des Fahrers. Auf beiden Booten sitzt er zwar ganz im Heck – doch während er auf der Pegazus in der hintersten rechten Ecke des Cockpits neben dem Motor hockt und den Schwerpunkt sehr weit nach hinten bringt, hat der Fahrer bei der OceanBay/RaJo den Motor und die ganze Badeplattform einen guten Meter hinter sich. Eine Distanz, die in Sachen Schwimmlage bei einem nur 4,5 Meter langen Boot eine Menge ausmacht. Außerdem wird der Motor dort mit 79,3 gegenüber 85 dB bei Volllast als deutlich weniger störend empfunden.
Aufgrund der leichten Hecklastigkeit bei Alleinfahrt muss auf der Pegazus beim „Ampelstart“ der Motor stets ans Heck getrimmt werden, weil sich ansonsten der Bug enorm aufbäumt und dem Fahrer die Sicht nimmt. Erst in guter Gleitfahrt ab etwa 20 Knoten kann er auf den Fahrtrimm angehoben werden. Bei der OceanBay/RaJo wird die Sicht mit oder ohne Trimm nicht beeinträchtigt. Ist gute Gleitfahrt ab etwa 3500 U/min erreicht, dann kann das Rad losgelassen werden, denn das Boot fährt mit ein wenig Trimm wunderbar kursstabil. Gedrosselt auf schnelle Verdrängerfahrt zwischen 1300 und 2500 U/min, wird das Fahrvergnügen durch starkes Vibrieren der Plexiglasscheibe gedämpft.
In rauem Wasser mutiert die Pegazus bei schnellen Wellendurchfahrten (ab etwa 24 Knoten) zum „Flugboot“ und macht damit ihrem Namen (dem des geflügelten Pferds in der griechischen Mythologie) alle Ehre. Beim danach folgenden harten Einsetzen des Rumpfs bringen auch die fünf cm starken Sitzpolster der Wirbelsäule nur wenig Linderung. Die OceanBay/RaJo MM 450 durchfährt die Wellen hingegen deutlich kontrollierter und angenehmer. Ihre Gutmütigkeit beweist sie ebenfalls bei rasanten Manövern. Selbst im Fahrtrimm gelingen enge Wenden bis 4200 U/min, ohne dass der Propeller Luft zieht, den Slalom schafft sie bis 5000 U/min. Mit Trimm unten gelingen alle Manöver anstandslos.
Die Pegazus durchfährt die Manöver deutlich sportlicher mit mehr Krängung und kommt nur bei sehr eng in Vollgas gefahrenen Steuerbord-Kurven an ihre Grenzen. Ansonsten ist das Handling des Boots als nahezu perfekt zu bezeichnen. Hafenmanöver gelingen mit beiden Booten dank sehr direkter Steuerung und engen Wendekreisen spielend.
Die größte Zielgruppe der offenen Konsolenboote sind junge Familien, die kurze Tagestouren unternehmen. Deshalb ist das Thema Sicherheit wichtig. Nicht nur die, die durch die CE-Plakette ohnehin zertifiziert ist, sondern vor allem auch die gefühlte Sicherheit. Beide Boote bieten dank hoher Seitenwände, effektiver Antirutschstruktur auf dem Cockpitboden und ausreichend Haltegriffen ein Gefühl von Geborgenheit. Auf geschützten Binnengewässern sind sie gleichermaßen voll familientauglich. Der Fahrspaß ist auf der Pegazus ein wenig größer. Bei rauem Wasser kann es auf dem Boot allerdings auch mal ein wenig ruppig zugehen, und bei falschem Trimm oder Beladung hebt sich die Nase höher, als es ein Anfänger erwarten würde, und das erfordert schnelle Reaktionen. Dann fühlt sich das Fahren an Bord der OceanBay/RaJo MM 450 sowohl für den Einsteiger als auch für junge Familien vermutlich sicherer an, weil das Boot zwar ähnlich schnell, aber etwas gutmütiger ist.
Dieser Artikel ist Teil des Bastelboot-Specials. Alle Inhalte: