Bavaria 420 Virtess Coupé

Peter Laessig

 · 12.02.2014

Bavaria 420 Virtess CoupéFoto: Bavaria Yachtbau
Bavaria 420 Virtess Coupé

Bavaria Virtess 420 Coupé: Die Schwester der erfolgreichen Virtess Fly drängt aufs Parkett. Ihr Clou ist eine Sonnenliege auf dem Dach.

Bavaria 420 Virtess CoupéFoto: Bavaria Yachtbau
Bavaria 420 Virtess Coupé
Test Bavaria 420 Virtess Coupè
Foto: Werft

Kaum hatte die Virtess 420 Flybridge jede Menge Auszeichnungen eingeheimst, wie den wichtigen European Powerboat Award 2012/13, stand schon das Schwesterschiff als Coupé in Giebelstadt zum Ausbau bereit. Anstatt der Flybridge besitzt die 420 Coupé ein Hardtop samt großem Schiebedach. Der Clou auf dem Boot ist jedoch, dass man die filigrane Sambatreppe der Fly beibehalten hat und so aufs Dach zu einer bequemen Sonnenliege für zwei gelangt.

Test Bavaria 420 Virtess CoupèFoto: Werft
Test Bavaria 420 Virtess Coupè

Da die 420 Flybridge und 420 Coupé mit dem gleichen Rumpf gebaut werden, kann Letzterer unverändert sowohl mit IPS- als auch mit Z-Antrieben bestückt werden. Dass man des Weiteren unter drei Holzoptionen, zwei Sidepaneel-Farben, vier Fußbodenmaterialien und zwölf Polstervarianten wählen kann, spricht für Flexibilität. Nachdem wir Ende Oktober 2012 die Flybridge im Oslofjord fuhren, haben wir sechs Monate später die 420 Coupé im Ägäischen Meer getestet.

Salonglastür und Schiebedach

Erster Eindruck: Auch bei ihr stimmen die Proportionen. Das komplett offene Cockpit passt perfekt. Dank des leicht zu handhabenden Mechanismus lässt sich auch hier die zweiteilige Sitzbank samt Tisch beliebig verschieben. Sind die dreiteilige Salonglastür und das Schiebedach geöffnet, hat man das Gefühl, in einer Open zu sitzen, wo Boot und Meer dank der abgesetzten Badeplattform scheinbar miteinander verschmelzen – zumal Cockpit und Salon eine Ebene bilden. Betritt man das Boot durch die verschiebbare Salonglastür, fällt der Blick auf ein Sideboard mit anschließender Pantry und gegenüberliegender L-Sitzbank mit elektrisch in der Höhe verstellbarem Tisch plus zwei Hockern, die zu Stühlen aufgeklappt werden können. Vor der Sitzgruppe erhebt sich der Fahrstand.

Hinsichtlich der Qualität wurde auf der Coupé abgearbeitet, was wir seinerzeit bei der Fly kritisiert haben. Nur eines scheint noch nicht ganz gelungen, auch wenn es den CE-Regeln entspricht: die unserer Meinung nach nicht ausreichende Drainage des Cockpitbodens. Weiterhin scheinen uns die Handläufe am Dach zu kurz und zu hoch montiert. Was das Innenleben des Deckshauses angeht, haben wir bei der Vorgängerin Besseres gesehen: Verliefen auf der Fly die Kanten der Deckenpaneele nahezu perfekt, blicken wir hier auf wellige Linien. Aber: Wo wir im Motorraum der Fly noch Kritikpunkte notierten, sieht die gesamte elektrische und technische Installation der Coupé so aus, wie man es von Bavaria gewohnt ist. Auch an den Holz- und Polsterarbeiten gibt es nichts auszusetzen.

Bad mit Dusch und WC für den Eigner

Über drei Stufen geht es hinunter in den Wohnbereich, in dem der Eigner in der Bugkabine logiert und dort über ein eigenes Bad mit Dusche und WC verfügt. Seitlich vom Niedergang, unter den eine Waschmaschine passt, gelangt man in die Unterflur-Gästekabinen. Beide sind vom Grundriss etwa gleich bemessen und verfügen über je zwei vollwertige Kojen. Während deren Maße gleich groß ausfallen, unterscheiden sich die Stehhöhen: An Steuerbord steht man bequemer als an Backbord, wo man sich auch mal bücken muss, um auf die innere Koje zu gelangen. Zwischen Bug- und Backbordkabine ist das Tagesbad mit Dusche und WC untergebracht. Beide Bäder fallen räumlich mehr als ordentlich aus, in den Kabinen kommt keine Beklemmung auf. Dass in Schränken, unter Kojen, in Schapps und unter dem Fußboden reichlich Stauraum liegt, ist Bavaria-Standard.

Wir fahren das Testboot diesmal mit zwei Volvo Penta D6-400 mit Z-Antrieben und optionaler Joystick-Steuerung. Letztere lässt das Boot in alle Richtungen problemlos manövrieren. Aber auch nur mit den Schalthebeln allein plus Bugstrahlruder (Extra) gibt es keine Schwierigkeit. Laufen beide Motoren auf Knopfdruck synchron, ist der Geradeauslauf garantiert. Die langsamen Passagen fahren wir mit 6 bis 7 kn, um die vom Boot erzeugten Wellen auf akzeptabler Höhe zu halten. Ab 12 kn oder 2000/min bildet sich am Heck ein glatter Wasserabriss, ab 2400/min oder 18 kn geht die Bavaria dann in Gleitfahrt über. Die Vertrimmung fällt beim Übergang gering aus, was der guten Voraussicht dient. Die Motoren drehen bei Vollgas 90/min mehr, als der Hersteller erlaubt, was aber angesichts der geringen Beladung in Ordnung ist.

Nach spätestens 275 Seemeilen an die Bunkerstation

Die Höchstgeschwindigkeit beträgt knapp 35 kn; wirtschaftlich ist man in schneller Gleitfahrt bei einem Tempo von 25 kn unterwegs, wenn beide Motoren 2800/min drehen. Der Dieseltank fasst 1200 l, die in langsamer Fahrt für etwa 830 sm bei 6 kn oder knapp 750 sm bei 7 kn Fahrt plus 15 % Reserve reichen. In schneller, ökonomischer Gleitfahrt beträgt die theoretische Reichweite knapp 275 sm und bei Vollgas 225 sm, bis man sich nach einer Bunkerstation umschauen muss. Damit erfüllt das Testboot unsere Forderung von 270 sm Mindestreichweite in schneller Gleitfahrt. Lob und Kritik bekommt der Schalldruck: Während im Salon bei geschlossener Tür unser Testgerät bei Vollgas nicht mehr als 79 dB/A anzeigt, wird die 85-dB/A-Komfortgrenze im Cockpit ab 3000/min überschritten. Das will die Werft durch weitere Dämmung verbessern.

Kabbelwasser mach keine Probleme

Das Thema "Extremmanöver" ist schnell abgehakt, da nichts passiert, wenn man das Boot bei Höchstgeschwindigkeit "traktiert". Lediglich auf der Slalomstrecke bringt man es ungefährlich über die Längsachse zum Pendeln. Bei Kurvenfahrten reduziert sich am Fahrstand die Seitensicht nach Backbord, da das transparente Salonschiebedach ins Blickfeld schwingt und bei ungünstigem Sonnenstand die Reflexionen darin stören. Steht es hingegen offen, gibt es keine Beeinträchtigung.

Rau- und Kabbelwasser durchpflügt die Virtess 420 Coupé klaglos; gelangt Gischt auf die Scheibe, wird sie von zwei Scheibenwischern ohne Mühe entfernt. – Am Fahrstand gibt es fast nichts auszusetzen. Fahrer und Beifahrer sitzen auf einer gemeinsamen, nicht verstellbaren Bank, die zur Bootsmitte keinen Seitenhalt bietet. Vermisst haben wir auf der 420 Coupé den serienmäßig montierten Analog-Kompass (ob seine Montage vergessen oder er zur Revision ausgebaut wurde, ließ sich vor Ort nicht klären). Dank Defrosterdüsen hinter der Windschutzscheibe (Standard) eignet sich die Bavaria Virtess 420 Coupé auch für nördliche Fahrgebiete oder zur Verlängerung der Saison im Frühjahr und Herbst.

In der Virtess herscht die Elektronik

Der Motorraum unter dem Cockpitboden fällt geräumig aus, da bei der Version mit Z-Antrieb vor den Motoren reichlich Platz bleibt. Den Dieselfluss regulieren Magnetventile, und Alarmsensoren (Ex-tra) in den Kraftstoffvorfiltern warnen bei Wasser im Diesel. Feuerlöschanlage, elektrische und Handlenzpumpen gehören zur Serie. – In der Virtess 420 Coupé "herrscht die Elektronik". Ein Multi-touchscreen informiert am Fahrstand über alle Zustände im Boot. Die Motoren betätigt man "keyless", also ohne Zündschlüssel, und die Batteriehauptschalter mittels Relais. Bavaria bietet die Virtess 420 Coupé fahrfertig an und offeriert neben der Standardversion noch die Ausstattungspakete "Basis", "Advanced" plus Einzeloptionen.
Fazit: Das Boot ist wie die Fly-Version gespickt mit praktischen Ideen und innovativen Lösungen. Die Virtess 420 Coupé wird ihren Weg machen, wenn man es schafft, hier und dort den Feinschliff zu optimieren.

Datenblatt: Bavaria 420 Virtess Coupè

Werft: Bavaria GmbH

Typbezeichnung: Bavaria 420 Virtess Coupè

CE-Kategorie: B - Außerhalb von Küstengewässern

Material von Rumpf und Deck: Kunststoff

Länge: 12,39 m

Breite: 4,21 m

Verdrängung: 11,00 t

Preis: 385.917,00 €