Peter Laessig
· 17.12.2012
Mission erfüllt: Mit der Bavaria Sport 39 setzt das erste Modell der neuen Serie des deutschen Motorboothersteller aus Giebelstadt Maßstäbe.
Mit oder ohne Dach? Das ist neben anderen Merkmalen der gravierendste Unterschied bei den Sport-39-Varianten. Unter Deck gibt es zwei separate Kabinen, einen Salon mit Pantry und eine Nasszelle mit WC. Dass die Werft weder bei den Stehhöhen noch beim Raumangebot geizt, ist inzwischen „ungeschriebenes Komfort-Gesetz“. Eleganz und feine Details, von denen es jede Menge gibt – wie beispielsweise ein erhöhter Beifahrersitz –, runden das positive Bild ab. Die Qualität stimmt, und es ist gut, dass eine Werft wie Bavaria, die ihre Boote am Fließband baut, immer noch etwas verbessern kann. Was also die Qualität unseres Testbootes angeht, ist man in der Oberliga angekommen.
Bei der Verarbeitung unter Deck stimmen Spaltmaße und Linien, nichts stört das Auge. „Mehr als gut“, lautet daher der Kommentar im Testbogen, auch wenn man die vier obligatorischen Kreisausschnitte im Motorraumdeckel nicht behandelt hat, vereinzelt ein Schlauch auf nicht verrundeter Schnittkante aufliegt oder vergessen wurde, die wenigen Schraubenenden der Verdeckknöpfe im Motorraum zu kappen. An den technischen und elektrischen Installationen gibt es nichts auszusetzen.
Die Motorenauswahl ist üppig: Entweder zwei MerCruiser-V8-Benzin- oder vier Volvo-Penta-Diesel-Doppelpakete mit Doppelpropeller-Z-Antrieben. Die Motorleistungen reichen von zweimal 260 bis 430 PS. Wir fahren die stärkste Diesel-Variante mit zwei D6-370 von Volvo Penta. Besonders beim Manövrieren garantieren zwei Motoren wendiges Verhalten. Ein Antrieb im Vorwärtsgang, der andere rückwärts geschaltet heißt fast auf der Stelle drehen, und beide im Vorwärtsgang ergeben Kurvendurchmesser von 1 ¼ Bootslängen. Das aufpreispflichtige Bugstrahlruder braucht man dann nur bei starkem Seitenwind oder störender Querströmung.
Während langsamer Passagen lassen wir die D6-370 nicht höher drehen als 1000/min, damit die vom Boot erzeugten Wellen bei 7 kn Fahrt keine uferbedrohende Höhe annehmen. Den Geradeauslauf bestimmen auf Knopfdruck exakt synchron laufende Motoren; im Boot umhergehende Personen nehmen dabei weder auf Kurs noch auf Krängung Einfluss.
Das Testboot beginnt ab et-wa 2000/min oder 13 kn dem dynamischen Auftrieb zu gehorchen und ist ab 2500/min oder bei einem Tempo von 23 kn sauber im Gleiten. In dieser Übergangsphase ist die Sicht kurz unterbrochen. Schon um 2600/min fährt das Testboot in Gleitfahrt wirtschaftlich, wo eine Tankfüllung (720 l) für einen theoretischen Aktionsradius von 170 sm plus 15 % Reserve reicht. In langsamer Fahrt (7 kn) sind theoretisch mehr als 500 sm und bei Vollgas etwas über 150 sm am Stück fahrbar, plus Reserven. Da stimmen bei allen Drehzahlen, sogar bei Vollgas, die von uns geforderten Mindestreichweiten. Wem das nicht genügt, der ordert den aufpreispflichtigen 950-l-Tank.
Die mit Höchstgeschwindigkeit gefahrenen Extremmanöver verlaufen allesamt mehr als zufriedenstellend. In den immer enger werdenden Kurven neigt sich die Sport 39 verhal-ten zum Kurvenmittelpunkt, bremst sich an engster Stelle bis auf schnelle Verdrängerfahrt von allein ab und beschleunigt wieder problemlos nach dem Herauslenken.
Die 180°-Kurven werden in einem Rutsch mit ein- bis zweimaligem Schaukeln, jedoch ohne Einhaken, absolviert. Dabei ventilieren die Propeller, das bedeutet Gas weg und neu anfahren. Auf dem imaginären Slalomkurs bringt man die Sport 39 ungefährlich über die Längsachse zum Schwingen, beim Verreißen des Ruders folgt das Testboot ohne Murren dem hart eingeschlagenen Kurs. Bei all den Manövern haben wir maximal knapp 1 g Fliehkräfte gemessen, also haltbar für die Mitfahrer.
Mit einem „Ausreichend“ bewerten wir die Schalldruckwerte, bei Vollgas wird die 85-dB/A-Grenze um ein Dezibel überschritten. Unser Testrevier war die türkische Ägäis, wo die 39 bei Windstärke 4 alles, was ihr vor den Bug kam, sicher und trocken meisterte. Der Fahrer sitzt auf unserem Testboot sicher und bequem im aufpreispflichtigen Luxus-Schalensitz; die Steuerungsanlage erweist sich als hakelig, was ein „Ausreichend“ gibt. Dass beide Scheibenwischer im Ernstfall nur einen senkrechten Sehschlitz freiwischen, wird von der Werft nachgebessert. Die Beifahrer sitzen gegenüber auf einer erhöhten und nach Steuerbord offenen Doppelbank.
Hinter dem Fahrer ist die Cockpitpantry eingebaut, gegenüber sitzen die Gäste auf einer U-Bank am Tisch. Die Sonnenliege mit Stauraum darunter ist zugleich der Motorraumdeckel, der sich auf Knopfdruck öffnet. Steht er offen, kann man über eine Leiter (Extra) hinuntersteigen; hier ist alles übersichtlich und ordentlich verbaut.
Magnetventile regeln den Dieselfluss, Kraftstoffvorfilter ohne Wasseralarmsensoren halten den Sprit sauber. Dass man Sicherheit extra kaufen muss, wie die Wasseralarmsensoren oder die Leiter in den Motorraum, missfällt. Dafür sind Handlenzpumpen und eine Feuerlöschanlage Standard. Die Batterien, die über Relais ein- und ausgeschaltet werden, stehen gut verpackt im Motorraum. Die Sicherungen findet man im Elektro-paneel über der Pantry.
Generell ist die Sport 39 soweit fahrfertig ausgestattet. So zählen Kompass, Log und Lot genauso zur Serienausstattung wie die attestierten Navigationslampen oder die sechs Belegklampen. Bavaria bietet darüber hinaus Sonderzubehör an, das in praktischen Paketen versteckt ist, wie dem „Basispaket Comfort“, den Funktionspaketen Anker und Navigation und in Einzelposten. Insgesamt ist unser Testboot mit Sonder-zubehör in Höhe von über 67 000 Euro ausgestattet.
Fazit: Die Sport 39 ist ein rundum gelungenes und sicheres Boot. Familien oder Skipper, die gern Freunde mitnehmen, werden ihre Freude haben