Speed und Style: Carbon-Spezialisten aus dem Allgäu liefern mit der Say 42 einen Hingucker für Wochenendtouren
Still ruht der See. Vor Bodman am Bodensee kräuselt sich heute, mitten im Hochsommer, keine Welle. Der Rauwassertest mit der brandneuen SAY 42 muss deshalb ausfallen, aber immerhin können wir die "atemberaubende Beschleunigung", die uns SAY-CEO Karl Wagner versprochen hat, ausprobieren. Der Österreicher kaufte SAY Carbon Yachts, eine kleine, feine Adresse im Allgäu, vor einigen Jahren und krempelt die Marke sukzessive um. Wagner gilt als einer der versiertesten Carbon-Experten Europas, war früher unter anderem Zulieferer der Formel 1 und setzt bei SAY ausschließlich auf den leichten Werkstoff. "Das geringe Gewicht hat nur Vorteile", sagt er. "Wir benötigen weniger Leistung, um auf hohe Geschwindigkeiten zu kommen, und verbrauchen dabei noch weniger Kraftstoff."
Das stylische Design des knapp 13 Meter langen und vier Meter breiten Weekenders bestellte Wagner passend zum Leistungsvermögen bei einem Automotive-Spezialisten. KET, nicht abgekürzt: Karosserie Entwicklung Thurner, aus München zeichnete ein sehr sportliches Boot, bei dem vor allem die exponierte Liegefläche im Heck, die breite Badeplattform und das große Skylight im Bug auffallen. Die Baunummer eins, die wir über eine elektrisch ausfahrbare Gangway betreten, hat noch minimale kosmetische Mängel – die Corona-Pandemie hat auch die Lieferketten von SAY beeinträchtigt.
Noch mehr Informationen? Den Check der Say 42 mit technischen Daten und weiteren Bildern finden Sie in BOOTE-Ausgabe 12/2020 seit dem 18.10.2020 am Kiosk oder online im Delius Klasing-Shop.
Im Motorenraum unter der "Liegewiese" arbeiten bei dieser SAY zwei je 430 PS starke Benziner von Volvo Penta (V8-430 DPS 6,2 l), optional können auch etwas stärkere 7,4-l-Maschinen von Ilmor geliefert werden. Diese sind 483 PS stark und sollen das Boot über die magische Grenze von 50 Knoten bringen. 800 Liter Kraftstoff kann die SAY 42 für ihre schnellen Törns bunkern; bei über 40 Knoten sind diese mit den Volvo-Maschinen nach gut drei Stunden aufgebraucht, bei 30 Knoten reichen sie für 235 Seemeilen und bei 20 Knoten für 255 Seemeilen – eine 15-prozentige Reserve schon eingerechnet.
Bevor wir ablegen, inspizieren wir kurz noch die Ausstattung des 4,3-Tonners. Hinter dem Sunpad im Heck können sechs Gäste einen Tisch samt integrierten Glas- und Flaschenhaltern nutzen, für ausreichend Nachschub sorgt ein Kühlschrank. Alternativ kann der Tisch abgesenkt und eine zweite, stärker geschützte Liegefläche geschaffen werden. Schnell benötigte Utensilien wie Jacken, Taschen oder Schuhe nehmen die Stauräume im Schanzkleid auf; achtern sichern zwei gespannte Netze das Durchrutschen von Taschen, Hunden oder auch Kindern ab. Die Kabine, die über eine Carbon-Tür (natürlich!) betreten wird, zeigt ausreichend Stehhöhe (1,90 m), genügend Platz zum Übernachten – idealerweise für zwei Personen – und ein veritables Bad samt Dusche.
Am engen Liegeplatz muss für das Manöver nun einer aufs Vorschiff. Der Zugang erfolgt über Stufen an Steuerbord im Steuerstand; das spart Zeit und Strecke. Das Vordeck bietet rund um das Skylight, das die Kabine erhellt, breite Teakflächen bis zum Anker, der auf Knopfdruck aus seinem Kasten hoch und nach vorn fährt, bevor er sich samt 30 Meter langer Kette absenkt.
Wir drücken jetzt jedoch erst einmal die Hebel gen Armaturenbrett und bemerken die Vorteile des Leichtbaus. Die Garmin-Schirme zeigen bereits nach etwa 30 Sekunden über 40 Knoten an; bis auf 46 Knoten bringt es die SAY 42 am heutigen Tag. Eine Optimierung der Propeller soll noch für den einen oder anderen Knoten sorgen; für die 50 Knoten sei aber ein Einbau der etwas stärkeren Ilmor-Motoren nötig, so die Werft. In engen Kurven zieht die SAY 42 selbst bei Höchstgeschwindigkeit sicher ihre Runden; auch beim schnellen Umsteuern fährt sie praktisch wie auf Schienen. Die Sitze des Steuerstands – wie der Mast ebenfalls aus Carbon gefertigt – lassen sich dabei sowohl in der Höhe verstellen als auch im Abstand zum Lenkrad. Selbst bei starker Sonneneinstrahlung zeigen die Bildschirme zuverlässig alle Informationen an. Als großes Plus wird sich bei Seegang der Einbau eines Seakeeper-Stabilisators erweisen; wünschen würden wir uns in solchen Situationen einige Extra-Handläufe – auch auf Kosten des Stylings.
Mit einem Preis von knapp 700 000 Euro ist die SAY 42 nicht gerade ein Schnäppchen, nach Ibiza wurden aber schon zwei Einheiten verkauft, an den Gardasee eine weitere. Schreiten die Verkaufserfolge weiter voran, möchte SAY die Werft erweitern.