Jeanneau NC 9

Peter Laessig

 · 22.03.2013

Jeanneau NC 9Foto: Morten Strauch
Jeanneau NC 9

Eile mit Weile: Mit der Jeanneau NC 9 folgt das zweite Boot der französischen Werft im neuen Design der berühmten, größeren Schwester NC 11.

Jeanneau NC 9Foto: Morten Strauch
Jeanneau NC 9
Jeanneau NC9
Foto: Morten Strauch

Jeanneau, eine der Großen in der europäischen Werftszene, hat mit dem NC-Konzept schon einmal abgeräumt, als sie 2011 mit der NC 11 "Powerboat of the Year" wurde. Die kleinere NC 9 folgt der gleichen Idee des "Appartements auf dem Wasser". Eine Nummer kleiner fällt auch die Motorisierung aus, statt zwei Motoren gibt es nur einen. Die NC 9 wil kein Renner sein, sondern ein Boot für angenehme Fahrten auf Binnen- und außerhalb von Küstengewässern.

In der gesamten Verarbeitung ist von gut bis mangelhaft alles dabei: hochglänzendes Gelcoat außen, glatte Innenschale samt versiegeltem Laminat, aber auch allenthalben nicht behandelte Kunststoffschnittkanten. Man blickt auf eine ordentlich verbaute Technik und Elektrik, wo jedoch Schläuche und Kabel auf scharfkantigen Ecken scheuern. Wichtige Teile, wie die 12-V-Sicherungen und Relais, sind kaum erreichbar eingebaut. Gut hat uns hingegen der gesamte Innenausbau gefallen. Ein Motor und ein Antrieb brauchen das optionale Bugstrahlruder beim Manövrieren, insbesondere dann, wenn man rückwärts fährt und den Kurs ändern muss.

Auch bei Seitenwind oder Querströmung benötigt man den kleinen Schubs am Bug. Langsam voraus fährt das Testboot "linientreu". Kurs und Krängung ändern sich nicht, wenn Personen den Platz wechseln. Damit die vom Boot erzeugten Wellen auf akzeptablem Niveau bleiben, fahren wir die langsamen Passagen mit knapp
7 kn und lassen dabei den Motor 1400/min drehen. Mit zunehmender Fahrt geht die NC 9, ohne sich viel zu vertrimmen, ab 14 kn (2600/min) in Gleitfahrt über.

Die Höchstgeschwindigkeit messen wir mit 28 kn, während der Motor 150/min mehr dreht als vom Hersteller erlaubt. Dies liegt an der geringen Beladung unseres Testbootes. Wir haben die NC 9 bis zu einem Tempo von 20 kn (3000/min) mit ganz beigetrimmtem Antrieb gefahren und sind dann von Trimmposition -5 auf 0 hochgegangen. Jedes Trimmen davor oder mehr Trimmen danach wirkte sich negativ auf die Geschwindigkeit aus.

Ab einem Tempo von 20 kn fährt man in schneller Gleitfahrt im wirtschaftlichen Bereich, wo eine Tankfüllung für etwa 137 sm und bei Vollgas für 135 sm am Stück reicht – plus Reserven. Damit verfehlt das Testboot in Gleitfahrt unsere Minimalforderung von wenigstens 150 sm zuzüglich Reserve knapp. Besser sieht es beim Schalldruck aus, wo wir im geschlossenen Salon bei Vollgas maximal 82 dB/A gemessen haben.

Positiv werten wir ebenfalls alle mit Höchstgeschwindigkeit gefahrenen Extremmanöver. In den immer enger verlaufenden Kurven neigt sich das Testboot zum Kurvenmittelpunkt und zieht unbeirrt seine Bahn. Dass dabei die Seitensicht eingeschränkt wird, liegt am Kabinendach, das sich ins Sichtfeld bewegt. Die 180°-Wenden gleichen fast normalen Kurvenfahrten und bewirken am Fahrstand eine gut haltbare Fliehkraft von
0,8 g. Beim Verreißen des Ruders folgt das Boot dem eingeschlagenen Kurs, und bei der Fahrt über die Slalombahn bringt man die NC 9 ungefährlich zum Pendeln über die Längsachse.

Wissen muss man, dass die DPH-C-Z-Antriebe von Volvo Penta im Einschlagwinkel begrenzt sind und bei der NC 9 in voller Fahrt Kurvendurchmesser unter knapp drei Bootslängen nicht zulassen. – Rauwassser bot der Main uns nicht. Beim Überfahren der eigenen Wellen hinterlässt der Rumpf positive Eindrücke. Der Fahrer sitzt auf einem nach Steuerbord offenen Sitz vor einem gestaffelten Armaturenträger.

Steuerung und Schaltung funktionieren präzise und leichtgängig. Die Sicht ist ungetrübt, zumal Defrosterdüsen und Scheibenwischer die Windschutzscheibe frei halten. Ein Teil der Sitzbank ist klappbar fürs Fahren im Stehen. Die Beifahrer sitzen auf der umgeklappten Dinette-Sitzbank, haben keinen Seitenhalt nach Backbord, aber vor sich eine Holzgriffleiste.

Motor, Tank, Elektrik

Die einzig mögliche Motorisierung ist ein 260 PS starker Dieselmotor von Volvo Penta mit Duo-Prop-Z-Antrieb. Er steht unter einer großen, leicht zu öffnenden Cockpitbodenklappe und ist für Service und Kontrolle von allen Seiten gut zugänglich. Der Motorraum mit integriertem Stauraum ist nach vorn erweitert und beinhaltet neben gut gehalterten Batterien den Kunststoffkraftstofftank. Der dazugehörige Kraftstoffhahn ist vom Bodenstauraum im Salon, wo auch 230-V-Sicherungen untergebracht sind, fernbedienbar.

Während die Hauptschalter sich perfekt zugänglich am Eingang der Kabine befinden, muss man sich zu den 12-V-Siche-rungen durch den Bodenstauraum im Salon durch eine Öffnung nach Steuerbord in den Technikraum quälen. Das ist beim ruhig liegenden Boot für normal gewachsene Personen kaum möglich, geschweige denn bei Wellengang.

Sicherheit

Das achtern offene Cockpit hat eine wirksame Drainage vor der Salonschiebetür. Weiteres Plus: zwei fernbedienbare Feuerlöscher im Motorraum. Die integrierte Antislipstruktur auf den begehbaren Kunststoffflächen erweist sich bei Feuchtigkeit nur als bedingt wirksam. Gut ist, dass der Motorraum im Ernstfall (neben elektrischen Pumpen) manuell gelenzt werden kann.

Wohnen und Ausrüstung

Zwei separate Kabinen und eine wandelbare Dinette bieten Platz für sechs Personen zum Schlafen. Als Eignerkabine dient die Bugkabine mit Doppelkoje, deren gerundete Form beeinträchtigt jedoch den Schlafkomfort, da die Matratze an den Seiten des Fussendes kürzer ausfällt. Darüber hinaus vermissen wir unter der Schlafstätte eine Unterlüftung. Zum Stauen oder um an das Bugstrahlruder zu gelangen, klappt man die Koje hoch, Außerdem stehen ein Schrank und Bodenstauraum bereit. Licht gelangt durch zwei seitliche Fenster und das Decken-Fluchtluk, das der Belüftung dient.

Die zweite Kabine steckt an Backbord unter dem Fahrstand, Fahrersitz und Salon. Im Eingangsbereich hinter der Tür ist Platz für eine Person zum Stehen; zum Schlafen muss man sich bücken und über die Matratze in die Koje krabbeln. Steh-, Kopfhöhen und Liegefläche sind beschränkt. Durch ein Längsfenster mit eingebautem Bullauge gelangen Licht und Luft herein. Zum Stauen bieten sich am Eingang ein Schrank und Stauräume unter der Matratze an.

Gegenüber der Außenkabine geht’s ins Bad mit WC und Dusche (mit einem Bullauge zum Lüften). Das Testboot war mit elektrischem WC und Fäkalientank bestückt – beides Extra. Der Salon glänzt an Steuerbord mit einer wandelbaren Dinette und gegenüber mit der ordentlich ausgestatteten Pantry, an der es nichts auszusetzen gibt. Am Tisch ist Platz für vier. Freiluftvergnügen: über das transparente und elektrisch bedienbare Schiebedach.

Das Cockpit dominiert eine in Längsrichtung verschiebbare Sitzbank mit Stauraum darin; zwei Türen gewähren Zugang zur Badeplattform mit Badeleiter, die auch vom Wasser aus gut handhabbar ist. Die Seitendecks fallen unterschiedlich breit aus, das Vordeck bietet Platz für eine Sonnenliege und einen selbstlenzenden Ankerkasten mit Bugbeschlag. Anker, Kette und Winsch stehen auf der Zubehörliste. Die Reling ist rundum stabil, und Handläufe am Salondach geben besten Halt.

Die Jeanneau NC 9 ist fahrfertig ausgestattet. Von RINA attestierte Navigationslampen und sechs passende Belegklampen zählen wie vieles mehr zum Standard. Ein Analogkompass gehört dazu, ein Echolot nicht. Darüber hinaus bieten die Ausstattungspakete "Premiere" und "Preference" alles Notwendige, um sich sein Boot zu gestalten.

Datenblatt: NC 9

Werft: Jeanneau

Typbezeichnung: NC 9

CE-Kategorie: B - Außerhalb von Küstengewässern

Material von Rumpf und Deck: Kunststoff

Länge: 9,43 m

Breite: 3,15 m

Verdrängung: 4,83 t

Preis: 148.036,00 €