Ralf Marquard
· 03.05.2014
Rendezvous mit der Jeanneau Velasco 43: Die neue Flybridge-Yacht aus Frankreich präsentiert sich mit viel Raffinesse und Komfort auf der Ostsee.
Besucher der "boot 2013" in Düsseldorf konnten seinerzeit den Typ unseres Testbootes bereits in Augenschein nehmen: Dort stand es allerdings unter dem Namen "Voyage 42". Erst zur Mitte des Jahres 2013 wurde es auf "Velasco 43" umgetauft; Grund dafür ist die Vermarktung in den USA, die mit dem alten Namen nicht möglich gewesen wäre.
Unser Testrevier war die Ostsee vor Neustadt in Holstein, wo der Händler "unserer Jeanneau", Gründl Bootsimport, eine Zweigniederlassung hat. Die See zeigte sich am Testtag mit gut 3 Beaufort "entspannt" und baute nur mäßige Wellen auf, die das Boot weich und trocken durchfuhr.
Schlägt man in solcher Situation das Ruder ganz ein, zieht die Jeanneau Velasco ohne Mucken in Radien von etwa 3–4 Bootslängen sanft ihre Runden. Slalom-kurse und Verreißen der Lenkung verursachen aufgrund der kleinen Übersetzung kaum Reaktionen. Bis auf einen Druckpunkt im Lenkrad, der an der engsten Stelle der schnellen Kreisfahrt auftritt, zeigt sich die Steuerung durchweg leichtgängig.Für Hafenmanöver muss man sie nicht unbedingt nutzen, denn mit dem installierten Bug- und Heckstrahlruder sowie der Wendigkeit mit entgegengesetzt eingekuppelten Getrieben sind enge Manöver gut möglich. In langsamer Fahrt zwischen etwa 5 und 8 kn kommt auch bei den genannten Wellen keine Hektik auf, denn hier überzeugt die Velasco 43 ebenfalls durch gute Kursstabilität.
Wer von langsamer Fahrt in die schnelle Gangart wechseln will, kommt ohne Trimmklappen aus. Ab etwa 1400/min hebt sich der Bug zwar an, aber nicht so kräftig, dass er die Sicht für sitzende Fahrer einschränkt. Die Gleitfahrt beginnt um 2300/min, die Bootsnase senkt sich jedoch erst später um 2600/min wieder ab. Um den Bug von vornherein etwas tiefer zu drücken oder Seitenwind auszugleichen, lassen sich Trimmklappen ordern, unbedingt nötig sind sie, wie gesagt, jedoch nicht. Wirtschaftlich gleitet die Velasco mit ihren beiden Cummins-Dieseln (380 PS) um die 2500/min mit gut 21 kn. Als Reichweite errechnen sich bei einem Tankvolumen von 1200 l fast 300 sm. Ein Ergebnis, das die Forderung von 270 sm für den Bootstyp "schnelle Motoyacht" problemlos erfüllt – was mit 246 sm fast noch für Vollgas (28 kn) gilt.
Kinderleicht bedient werden die Motoren über elektronische SmartCraft-Schaltungen, die an beiden Fahrständen griffgünstig sitzen. Gleiches gilt für das Sport-lenkrad. Auf der Flybridge findet der Fahrer einen fest gepolsterten Sportsitz, der sich auf Schienen vor- und zurück- schieben lässt. So erreicht der Skipper immer eine Sitzstellung mit ordentlicher Kniefreiheit und hat einen guten Blick auf die Instrumente sowie sicheren Zugriff auf die Schalter. Als Windabweiser fungiert eine schräg nach vorn gerichtete, halb hohe Plexiglasscheibe.
Wird die Fahrt auf der Fly zu ungemütlich, verdrückt man sich an den Fahrstand im Salon, wo eine Doppelbank (ebenfalls gut gepolstert) steht. Von dort hat der Fahrer alles fest im Griff und gut Blick. Lenkt er das Boot stehend, beeinträchtigt in langsamer Fahrt die Dachoberkante die Sicht. Obwohl der Fahrstand weiß gestaltet ist, halten sich die Spiegelungen in der Windschutzscheibe aus Sicherheitsglas in Grenzen. Bei Regenwetter sorgen drei Zweiarmwischer mit Waschanlage für klaren Durchblick. Lob verdienen auch drei Defrosterdüsen vor der Windschutzscheibe.
Weitere Betriebssicherheit geben zwei Kraftstofffilter mit Schauglas, Ablasshahn und E-Alarm. Vorbildlich sind die fernschaltbaren Absperrhähne, die Feuerlöschanlage sowie die elektrische Bilgen- und die Handlenzpumpe. Rutschfeste Bodenstrukturen, tief liegende, breite Seitendecks, eine Seitentür beim Fahrer, reichlich Handläufe und die Reling auf Vordeck und Fly sorgen für Bewegungssicherheit. Auf die Flybridge geht’s über eine Leiter mit Handläufen und tiefen Stufen.
Wer die Motoren sucht, öffnet die Klappe (mit Gasdämpfer) im Cockpitboden und klettert in den mit selbstverlöschender Schallisolierung ausgekleideten Motorraum. Die Kopffreiheit von etwa 1,15 m gibt mäßigen Platz für Servicearbeiten. Um an die V-Getriebe zu gelangen, wählt man den Weg über den Salonbodenstauraum. Die Installationen sind übersichtlich und fest ausgeführt. Gleiches gilt für Batterien, die in Kunststoffkästen unter dem Salonstaukasten stehen.
Als Hauptschalter fungieren Leistungsrelais, die über Wippschalter gesteuert werden; ein "Booster-Schalter" für den Notstart sitzt am Fahrstand, Sicherungsmodule befinden sich im Staukasten unter dem Cockpitboden. Über den serienmäßigen 230-V-Landanschluss werden die Batterien mithilfe eines 40-A-Ladegerätes gespeist. Den Boiler erhitzen Motorkühlwasser oder ein 230-V-Heizstab.
Abnahmestellen für warmes Wasser sind Heckdusche, Pantry und zwei Nasszellen. Das eine Bad ist dem Eigner vorbehalten und bietet, wie die Tagestoilette, passende Ausrüstung und ein ansprechendes Raumangebot. Letzteres gilt ebenfalls für die beiden Kabinen mit praktisch verteiltem Stauraum. In der Eignerkabine steht ein Doppelbett (1,40 x 2,00 m) mit festen Polstern auf einem Lattenrost (Extra). In der Mittelkabine findet man ebenso ein passables Schlafzimmer. Weitere Übernachtungsmöglichkeiten hält der Salon mit wandelbarer Sitzecke und einer Liege (Notkoje) parat. Große Fenster verbreiten helles Ambiente und die Pantry auf gleicher Höhe Geselligkeit.
Über eine viergeteilte Schiebtür mit stabilen Arretierungsmöglichkeiten geht es ins Cockpit mit gut gepolsterter Heckbank. Eine Etage höher findet das "Dasein unter freiem Himmel" statt. Mit großer Sonnenliege, großzügiger Sitzecke und Wetbar ist die Fly super ausgerüstet. Badelustige starten von der riesigen Badeplattform mit Klappbadeleiter (unter Deckel) und Notstrickleiter ins nasse Vergnügen.
Fazit: ein durchdachtes und gelungenes Boot, das in der Standardversion ein hohes Maß an Sicherheitsausrüstung und Komfort bietet.