Keser Hollandia 1100 C

Ralf Marquard

 · 01.08.2012

Keser Hollandia 1100 CFoto: Morten Strauch
Keser Hollandia 1100 C | C

Keser Hollandia 1100 C: die Charterversion von einem individuell zu gestaltenden Kasko. Gefahren haben wir die Hollandia auf der Havel.

Teat Hollandia 1100
Foto: Morten Strauch

Bootsbau und Charterbetrieb in einem – ein Konzept, das bei Bootscenter Keser in Berlin den Erfolg bringt. Schon seit über 30 Jahren stellt Keser seine Eigenmarke Hollandia her. Die Stahlyachten zwischen 9,50 und 12,00 m lässt der Familienbetrieb Keser in den Niederladen produzieren. Wir fuhren mit der exakt 11,00 m langen Hollandia 1100 C. Das „C“ steht hier für den Hinweis, dass es sich um die Charterversion handelt. Trägt das Boot dagegen die Endung „S“, hat man es mit der Eigner-Version zu tun. Die größten Unterschiede zu unserer Charter-Testversion sind folgende: nur ein Nassbereich, ein zweiter Fahrstand im Salon und die Pantry weiter vorn. „Sonderwünsche können problemlos berücksichtigt werden“, so der Juniorchef Mike Keser. „Der Kunde kann den Ausbau der Kaskos individuell mit uns planen und abstimmen.“

Unser Testboot ist auf die optimale Nutzung mit mehreren Personen ausgelegt. Das heißt achtern eine Kabine mit Doppelkoje, eigener Dusche und WC sowie eine Bugkabine mit Doppelkoje und weiteren Nassbereichen. In der Mitte liegt der Salon mit Pantry und wandelbarer Sitz-Liege-Kombination. Gefahren wird nur vom Cockpit aus. Dies erledigt der Skipper von einer passend gepolsterten 1 ½-Personen-Sitzbank. Da die Bank freistehend ausgeführt ist, lässt sich für (fast) jede Fahrergröße eine passable Sitzposition finden, von der man Steuerrad und Schaltung (hakelte bei uns auf Voraus) gut im Griff hat. Nachteil bei Seegang: Die Bank verschiebt sich schnell und bietet nur wenig Halt. In dieser Situation stellt man sich am besten hin und gleicht den Wellengang mit Beinen und Körper aus.

Damit man nicht nur im Sitzen, sondern auch im Stehen gute Sicht nach vorn hat, installiert die Werft große Folienfenster ins Cabrioverdeck. Im unteren Bereich schützt eine im soliden Alurahmen gehalterte, klappbare und dreigeteilte Windschutzscheibe (Sicherheitsglas) die Fahrgemeinschaft. Drei Doppelarmscheibenwischer sorgen bei Regen und Spritzwasser für den nötigen Durchblick. Defroster und Scheibenwaschanlage: Fehlanzeige.

Die Instrumente lassen sich in allen Fahrerpositionen ordentlich ablesen. Kippschalter mit Symbolen und Kontrolllampen befinden sich weit vorn auf der Instrumententafel. Im Sitzen muss man sich weit vorbeugen, um sie zu bedienen. Griffgünstiger ist das Volkswagen-Marine-Paneel mit dem Starterschlüssel, der den Fünfzylinder-TDI-Motor mit 120 PS zum Leben erweckt. Lässt man ihn mit 1000/min drehen, läuft die Hollandia 3,7 kn und verbraucht 0,54 l/sm; eine Tankladung abzüglich 15 % Reserve reicht dann für 1466 sm.

Marschfahrt liegt bei knapp 7 kn (2200/min), und die Reichweite errechnet sich mit 1,17 l/sm auf respektable
363 sm. Ab 3000/min legt die Heckwelle kräftig zu. Wer den Hebel ganz nach vorn schiebt, kommt mit 8,6 kn voran, der Verbrauch liegt dann bei üppigen 2,89 l/sm, und die Reichweite schrumpft auf 147 sm. Die Lautstärke bleibt im Volllastbereich mit 73 dB/A im „humanen Bereich“. Bei 2000/min tritt bei unserer Test-Hollandia jedoch ein nerviges Pfeifen auf.

Wer in schneller Fahrt enge Kurven dreht, muss sich nur auf eine leichte Seitenlage des Bootes auf die Kurveninnenseite und auf ein lockeres Einschaukeln in der eigenen Welle einstellen. Die Wendekreise in langsamer Fahrt liegen zwischen 1 ½ und 2 Bootslängen. Umsteuern von Steuerbord nach Backbord ist nur mit kurzem Abfangen möglich, in die andere Richtung funktioniert es dagegen direkt. Auf unserem Testboot installierte der Hersteller Bug- und Heckstrahlruder (beides Extra), mit denen auch ungeübte Skipper das Boot ohne Panik anlegen.

Die Wellen unseres Testreviers zeigten sich nur niedrig, was eine objektive Aussage über das Rauwasserverhalten des Rumpfes nicht zulässt.

Leicht zu prüfen war dagegen der Motorraum, er lässt sich über zwei Klappen (mit Aufstellern, wie bei der Automotorhaube) im Salonboden einfach erreichen. Im Motorraum hat der Techniker gut Platz, um Service- und Reparaturarbeiten durchzuführen. Leitungen und Schläuche verlegten die Bootsbauer zum größten Teil ordentlich in Kabelkanälen. Für den Anschluss der Dieselschläuche verwendeten sie nur eine Schraubschelle. Die Spritreinigung übernimmt eine Vetus-Filterpatrone mit Ablassschraube, jedoch ohne elektrischen Alarm. Fülldeckel von Kraftstoff-, Frischwasser und Fäkalientank kennzeichnet die Werft vorschriftsmäßig.

Die Batterien stehen in Kunststoffkästen mit Deckel und Halteriemen. Die dazugehörigen Hauptschalter sitzen griffgünstig unter der Salonbank. Automaten findet man an einem Schalterpaneel am Niedergang zum Salon.
In Letzterem steht ein gut ausgerüsteter Pantryblock und eine Sitzecke, die, zusammen mit zwei freistehenden Hockern, sechs Personen ausreichend Platz bietet.

Die Sitzbank lässt sich zur Koje wandeln, die Hauptschlafplätze befinden sich jedoch in der Bug- und Heckkabine. Beide bieten weiche Polster, die zum Liegen passend ausfallen, jedoch nicht unterlüftet sind. Für die Kabinenlüftung sorgen Bullaugen und Fluchtluks, gute Frischluftzufuhr gewährleisten in den ausreichend großen Nasszellen ebenfalls Bullaugen. Wie auf einer Charterversion üblich, findet man gute Staumöglichkeiten auf dem gesamten Boot.

Das Cockpit rüstet die Keser-Crew mit freistehendem Mobiliar aus, es ist damit in der Gestaltung frei wählbar. Anders die fest installierte Badeplattform mit Klappbadeleiter, deren Verlängerung als Abstieg zur Badeplattform fungiert. Die Plattform versieht die Werft genauso mit rutschfesten Strukturen wie das gesamte Cockpit, Seiten- und Vordeck. Handläufe und Reling tun ein Übriges für die Bewegungssicherheit.

Zur serienmäßigen Sicherheitsausrüstung gehören drei elektrische Bilgenpumpen, die wichtige Handlenzpumpe, die auch bei Stromausfall funktioniert, fehlt jedoch. Für die Brandbekämpfung spendiert die Werft passend zwei 2-kg-Feuerlöscher.

Wer die Zubehörliste studiert, findet dort wichtige und praktische Dinge, wie Ladegerät 12 V/30A, Heizung, Ruderstandsanzeige, Navigationsinstrumente, Cabrioverdeck und Heckdusche. Serienmäßig gibt es Anker mit Kette und Winsch, 230-V-Landanschluss, Festmacher (Poller und Klampen). Die Befestigungspunkte von Letzteren sind ordentlich verschweißt und poliert. Auch die Schweißnähte des Rumpfes fallen solide aus. Der Lack zeigt keine Schwachstellen, bei den Holzeinbauten wünscht man sich an den nicht gleich sichtbaren Stellen teilweise mehr Sorgfalt.

Fazit: Die Hollandia ist ein solider Verdränger, der sich nach Kundenwunsch flexibel gestalten lässt. In der Charterversion hat sie eine praktische Aufteilung und lässt sich mit dem Volkswagen-Marine-Motor und den beiden Strahlrudern gut manövrieren und fahren.

Datenblatt: Hollandia 1100

Werft: Hollandia

Typbezeichnung: Hollandia 1100

CE-Kategorie: B - Außerhalb von Küstengewässern

Länge: 11,00 m

Breite: 3,70 m

Verdrängung: 10,00 t

Preis: 206.500,00 €