Johannes Erdmann
· 15.12.2020
Identische Rumpfschale, unterschiedliche Motoren – 100 PS gegen 175 PS. Es ist ein Wettrennen zweier ungleicher Geschwister
Schick sind sie beide. Ohne Frage. Mit dem geraden Steven, dem offenen Spiegel und dem stylishen Überrollbügel für das T-Top (bzw. Bimini) reiht sich die Saxdor irgendwo ein zwischen Axopar, der Nimbus T-Reihe und XO. Ein zweifellos skandinavisches Boot, von dem man nicht sagen kann, es sei zeitlos. Vielmehr passt es genau in die Zeit. Ein Boot für jedermann, ob Einsteiger oder Profi.
Das Modell Saxdor 200 Sport für den Einsteiger ist etwas günstiger zu bekommen: Mit dem 100-PS-Motor von Mercury (alternativ: 115 PS) und fahrfertiger, funktionaler Ausstattung ab 26560 Euro. Die für den erfahreneren Skipper gedachte Variante Saxdor 200 Pro Sport verfügt nicht nur über eine mondäne, elegantere Ausstattung mit Sportlenkrad, Trimmklappen und einem weichen Antirutschbelag auf dem Vordeck, sondern hat auch sportlichere Motoren zwischen 150 und 175 PS im Repertoire. Sie ist erhältlich ab 37128 Euro. Wir wollen die beiden Schwestern testen, die eine mit kleinster, die andere mit größter Motorisierung.
Noch mehr Informationen? Den Motoren-Vergleichstest der Saxdor 200 Sport / Pro Sport mit technischen Daten und weiteren Bildern finden Sie in BOOTE-Ausgabe 01/2020 am Kiosk oder online im Delius Klasing-Shop.
Egal in welcher Variante – die Saxdor macht schon am Steg einen guten Eindruck und wirkt fast wie ein geschrumpfter Megayacht-Tender. Zusätzlich haben beide Testboote als Alternative zur serienmäßigen Jockey-Sitzbank (drei Plätze) zwei Sitzreihen mit vier Plätzen (plus 2390 Euro). Außerdem sind als Extra je ein Wasser-
ski-Zugmast (870 Euro) und ein "Überrollbügel" mit Bimini (auf der 200 Sport 1914 Euro) bzw. mit Targadach (auf der 200 Pro Sport 2146 Euro) montiert.
Der Steuerstand ist auf beiden Modellen sehr aufgeräumt, die Oberfläche besteht aus zwei schwarzen Acrylglasplatten. In die obere ist mittig und bündig ein 9-Zoll-Plotter von Simrad eingelassen, der auf der 200 Sport als einziges Instrument Informationen über Motor und Fahrt gibt. Auf der Backbordseite des "Armaturenbretts" befindet sich ein Schaltpaneel mit acht hinterleuchteten Druckschaltern. Die Beschriftung ist von hinten weiß in die Plexiglasoberfläche eingraviert und wird bei Aktivierung auch weiß hinterleuchtet, was einen sehr hochwertigen und zugleich eleganten Eindruck macht.
Als besonderen Clou laufen die Windschutzscheiben auf Gleitschienen und lassen sich mithilfe zweier Rändelschrauben in der Höhe verstellen. Ist die Scheibe ganz hochgeschoben, kommt dahinter ein wasserfester Staukastendeckel zum Vorschein, hinter dem die sehr sauber verarbeitete Elektroinstallation verborgen ist. Auch die Sicherungsautomaten sind in eine durchsichtige Scheibe eingelassen. Schick bis ins Detail. Negativ fällt einzig auf, dass der Haltegriff über dem Steuerstand sehr dicht an der scharfkantigen Acrylglasplatte sitzt. Auch der Gashebel (mechanisch) der 200 Sport sitzt zu nah am Steuerpult, und es ist bei Vollgas umständlich, den Trimm zu bedienen. Bei der 200 Pro Sport ist dies – dank kompakterer, elektrischer Schaltung – besser umgesetzt.
Die Stauräume sind reichlich bemessen. Neben den beiden selbstlenzenden Kästen zu beiden Seiten des Motors sind auch unter den Sitzbänken zwei große Stauräume untergebracht. Eine große und wasserdichte Bodenluke direkt vor dem Motor ermöglicht den Zugang zur hinteren Bilge mit der Batterie und sonstigen Installationen. Den meisten Platz bietet jedoch der Stauraum unter dem Sonnendeck im Bug, über dem sich die gesamte Liegefläche (1,95 x 1,26 m) mithilfe von Gasdruckfedern anheben lässt. Hier verschwinden mühelos Persenning, Wakeboard und die Liegepolster. Beide Booten haben zudem das Camperverdeck (1137 Euro) als Extraausstattung an Bord. Ein Konzept, wie man es auf keinem anderen Boot findet, denn mithilfe dieses Zelts lässt sich der Stauraum kurzerhand in eine Schlupfkajüte verwandeln. Ob fürs Mittagsschläfchen oder sogar mal für ein Wochenende auf dem Boot – Campen auf dem Wasser.
Das offene Heck der Saxdor verschafft dem Boot zwar eine sportliche Optik und macht Wakeboard-Fahrern das Anlegen ihrer Ausrüstung und den Absprung sehr angenehm – doch es wirkt nicht gerade familientauglich. Eine klappbare Reling als Extra wäre wünschenswert. Oberhalb des Heckspiegels sind zwei Lüftungsöffnungen, die durch den auf dem Fahrtwind entstehenden Unterdruck Benzindämpfe aus der Bilge ziehen. Im Fahrtest zeigt sich jedoch, dass diese Umsetzung auch einen Haken hat: Beim zu schnellem Aufstoppen passiert es schnell, dass die eigene Heckwelle in das offene Cockpit rollt und auch in die Lüftungsöffnungen gelangt und von dort in die Bilge. Füllt die sich, dann steht die Absaugöffnung für die Benzindämpfe unter Wasser und hat keine Funktion mehr.
Wir machen eine Probefahrt mit beiden Booten. Die Saxdor mit dem 100-PS-Motor lässt sich im Hafen gut manövrieren und erfreut in Rückwärtsfahrt mit ausgesprochen engen Wendekreisen. Schnelle Rückwärtsfahrt sollte – wie zu erwarten – mit dem offenen Heck vermieden werden. Ab etwa 1300 U/min und drei Knoten kann es schon passieren, dass Wasser ins Cockpit läuft. Schnelles Aufstoppen muss ebenfalls vorsichtig geschehen – ansonsten sollte man zumindest daran denken, rechtzeitig die Füße hochzuziehen, bevor die Heckwelle am Steuerstand ankommt.
In langsamer und schneller Verdrängerfahrt läuft das Boot gut auf Kurs. Von extremen Gewichtsverlagerungen lässt es sich nur wenig beeinflussen. Bei 3500 U/min geht die Saxdor in Gleitfahrt über, ohne den Bug sonderlich anzuheben, und läuft bei 4000 U/min mit 21 Knoten gut und ökonomisch. Ihre Höchstgeschwindigkeit von 31,9 Knoten erreicht die 200 Sport mit ein wenig Trimm bei 5500 U/min.
Beim engen Kreisen mit Trimm unten legt sich das Boot stark auf die Seite, und man sorgt sich unweigerlich, dass an der Seite Wasser ins Cockpit läuft. Doch das ist völlig unbegründet, alles bleibt trocken. In Fahrtrimm zieht die Schraube hingegen schnell Luft, und das Boot verliert an Fahrt. Mit mäßig Trimm und Fahrt jedoch gelingen auch die engen Kreise. Ähnlich verhält sich das Boot bei engen Wenden und im Slalom. Obwohl die Saxdor mit dem 100-PS-Motor (74 kW) noch eine Zulassung für den Bodensee erhält, wünscht man sich bei manchen Gelegenheiten dann doch ein paar PS mehr. Vor allem fällt das beim Sprung über die Heckwelle des Fotoboots auf. Sie verweilt mangels Speed ein wenig länger auf der Wellenkrone, um dann steil vornüber zu kippen und mit der Bugnase in das Wellental zu schlagen. Völlig ungefährlich – nur eben nass.
Die Saxdor 200 Pro Sport mit 175 PS hingegen springt elegant und kraftvoll zugleich über Wellenberg und Tal und kommt dahinter in glattem Wasser zum Landen. Das sonstige Fahrverhalten ist ähnlich dem ihrer Schwester: Kreisen, Wenden und Verreißen gelingt mit Trimm unten bis 30 Knoten ganz passabel, im Fahrtrimm zieht die Schraube schnell Luft. Je weiter der Antrieb unten ist, desto akkurater bleibt das Boot in der Spur. Der Slalom bis etwa 38 Knoten gelingt wunderbar. Bei höheren Geschwindigkeiten fällt jedoch auf, dass leichte Steuerbewegungen das Boot bereits am Heck in eine Schlingerbewegung versetzen. Bei Full Speed und 43,7 Knoten sollte der Fahrer deshalb vorsichtig sein und keine allzu hektischen Manöver fahren.
Fazit: Die Saxdor 200 Sport ist ein überaus gelungenes Boot, das dem Einsteiger mit einem etwas kleineren Motor genauso viel Freude bereitet wie dem erfahrenen Bootsfahrer, der ein handliches, unkompliziertes Trailerboot mit viel Kraft und guter Performance sucht. Die Entwickler haben mit viel Liebe zum Detail gearbeitet, und die 200 Sport bietet bereits in der Einstiegsversion Ausstattung und Finish, wie man sie bei vielen höherpreisigen Booten erwartet. Mit dem optionalen Zelt ist es sogar auf raffinierte Weise möglich, mal ein Wochenende an Bord zu verbringen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ausgezeichnet.