Ralf Marquard
· 05.08.2013
Boat to go: Die Sea Ray 190 Sport ist ein typisches Trailerboot mit viel Sportsgeist. Wir fuhren das kleinste Modell von Sea Ray auf dem Main.
Man nehme einen 19-Fuß-Rumpf und einen 223-PS-Benzinmotor mit Z-Antrieb, außerdem eine gemütliche Cockpitausstattung und einen übersichtlichen Fahrstand, lässt den Bug dann offen für zwei Sitzbänke, und fertig ist der sportliche Bowrider ...
Ganz so einfach geht es wohl doch nicht, schließlich hat Sea Ray jahrzehntelange Erfahrung mit Rümpfen und Decksaufbauten. Nachdem Kundenwünsche und neueste Techniken sowie Ausrüstung ins Konzept eingeflossen waren, entwickelten die Konstrukteure unser Testboot, die Sea Ray 190 Sport, Nachfolgerin der 185 Sport. Gedacht ist Sea Rays Einstiegsmodell für küstennahe Gebiete, was die Binnenreviere mit einschließt.
Besonders viel Spaß haben Badelustige, Sonnenhungrige, Wakeboarder, Wasserskiläufer und Kinder (auch große ...), die sich auf Bob oder Tube hinterherziehen lassen. Für die coole Wakeboard-Unterbringung und Leinenführung steht ein sogenannter Tower auf der Zubehörliste. Für den "normalen"Wasserskibetrieb spendiert Sea Ray einen Haken über der Badeplattform. Als weiteres Merkmal muss der Spurt stimmen, sprich der Übergang von Verdränger- in Gleitfahrt muss zügig ablaufen.
Beste Voraussetzung dafür gewährleistet der installierte V-6-Benziner von Mercury mit 223 PS. Mit nur kurzem Anheben des Bugs kommt die Sea Ray zwischen 1500/min und 2300/min ruck, zuck ins Gleiten, was zusammen mit der mäßig flachen Heckwelle eine gute Voraussetzung zum Wasserskilaufen und Tubefahren ist. Spritverbrauch in dieser Situation: Wie bei Vollgas werden hier aufgrund des wiederholten Beschleunigens und "Schwerlastfahrens" über 50 l/h herauskommen. Exakt 60,5 l/h sind es bei Vollgas (4700/ min) auf dem Main, den wir dann mit rasanten 47,7 kn (was fast 90 km/h entspricht) überspringen.
Umgerechnet ergibt das 1,27 l/sm, was mit dem (fast) 100-l-Tank eine Reichweite von respektablen 66 sm plus 15 % Reserve ermöglicht. Wer wirtschaftlich vom Hafen zum Ankerplatz oder zur Wasserskistrecke gleiten möchte, lässt den Motor um 3000/min (28 kn) drehen, und die Tankladung reicht für beachtliche 91 sm. Trifft man dabei auf spitze Wellen von Berufsschiffen und Reisedampfern, muss die Geschwindigkeit auf kleine Gleitfahrt (gut 20 kn) reduziert werden, und der 190-Sport-Rumpf setzt weich und trocken ein.
In schnellen Kurven gehört der Power-Trimm ganz auf "down", um dem Propeller keine Möglichkeit zum Luftschnappen zu geben (und dann neu anfahren zu müssen). Dann heißt die Devise "gut festhalten", nicht weil der Rumpf bockt, sondern weil er so eng herumfegt, dass kräftige Fliehkräfte auftreten. Nicht verwunderlich bei über 40 kn. Trotz dieser Geschwindigkeit und Fahrtrimm (etwa ¼) hat der Skipper das Boot beim Verreißen der Lenkung und auf Slalomkursen gut im Griff. Wer Trimm und Drehzahl voll ausreizt, der spürt, dass der Rumpf nur noch wenig Kontakt zum Wasser hat und ein sensibles Lenkhändchen nottut.
Apropos Steuerrad: Es lässt sich bei allen Manövern leicht drehen. Was selbstverständlich auch für langsame Manöver im Hafen gilt, hier überzeugen Wendekreise von nicht mehr als 1 ½ Bootslängen. Wer in Rückwärtsfahrt umsteuert, muss die Drehbewegung am besten erst kurz mit "voraus" abfangen.
Auf langsamen Kursen heißt es, Geduld zu bewahren, den gierenden Rumpf einfach pendeln zu lassen und die Geradeausfahrt nur gering zu korrigieren. Dies erledigt der Fahrer an einem hochwertigen Sportlenkrad, das man ebenso uneingeschränkt bedient wie die Einhebelschaltung. Man sitzt dabei auf einem gut gepolsterten Sportsitz (Verstellung: drehen, vor und zurück) mit hochklappbarer Sitzfläche für die Fahrt im Stehen oder stützt halb sitzend den Allerwertesten auf der Oberseite ab.
In dieser Haltung hat der Fahrer gleichzeitig die beste Sicht, denn sitzend hat er (1,80 m groß) die Oberseite des stabilen Scheibenrahmens im Blick. In der leicht getönten Scheibe spiegeln sich die Instrumenten-Chromringe, und für Regenfahrten gibt’s keinen Scheibenwischer. Motorinstrumente und Geschwindigkeitsanzeige lassen sich, bis auf mäßige Spiegelungen, passabel ablesen. Elektrische Verbraucher schaltet man problemlos über Kippschalter mit Kontrolllampen, Symbolen und englischer Beschriftung.
Die dazugehörigen Schmelzsicherungen sitzen gut platziert unter dem Fahrstand. Hauptschalter? Nur das Sonnenliegen-Polster backbords anheben, und man sieht ihn vor sich. Klappt der Techniker auch das mittlere Polster hoch, ist der gesamte Motorraum zugänglich. Für größere Servicearbeiten empfiehlt es sich, die Seitenplatten abzuschrauben. Der Motorraum zeichnet sich durch eine sorgfältige Installation und Feuerlöschanlage aus. "Amerikanisch" sind das Federventil in der Benzinansaugleitung, teilweise nur eine Schraubschelle an den Spritschlauchanschlüssen, die Filterpatrone direkt am Motor und der Kunststofftank.
Auf allen Trittflächen befinden sich Antislipstrukturen. Um nach dem Baden wieder sicher an Bord zu klettern, gibt es eine 3-Stufen-Leiter serienmäßig, die sich auch vom Wasser aus einfach ausziehen lässt. Handlenzpumpe, Persenning, in Deutschland zugelassene Navigationsbeleuchtung und Kompass kosten Aufpreis.
Fazit: Die Sea Ray 190 ist ein sportliches Trailerboot, für die ganze Familie. Wer es nicht so spritzig möchte und sparen will, wählt die etwa 5400 Euro günstigere Version mit 137 PS.
Werft: Sea Ray
Typbezeichnung: Sea Ray 190 Sport
CE-Kategorie: C - Küstennahe Gewässer
Material von Rumpf und Deck: Kunststoff
Länge: 5,99 m
Breite: 2,21 m
Verdrängung: 1,18 t
Preis: 31.700,00 €