Sessa Key Largo 34

Peter Laessig

 · 28.06.2013

Sessa Key Largo 34Foto: Sessa
Sessa Key Largo 34 IB | IB

Spritztour mit der neuen Sessa Key Largo 34 Inboard. Die italienische Alleskönnerin bietet zusätzlich eine Bug-Kabine mit insgesamt 4 Kojen.

Sessa Key Largo 34 IB | IBFoto: Sessa
Sessa Key Largo 34 IB | IB
Sessa Key Largo 34
Foto: Werft Sessa

Sessa bietet zurzeit eine Palette zwanzig verschiedener Modelle aus der "Yacht und Cruiser Line" sowie der "Key Largo und Fishing Line" mit Längen von knapp sechs bis etwas über 21 Meter. Wir fahren ein Boot aus der Key Largo Line. Diese Modelle können mit ein bis drei Außenbordmotoren (oder mit Ein- baumotoren mit Z-Antrieben) bestückt werden. Das Kürzel für die Innenborder-Boote lautet "IB", das können entweder Diesel- oder, wie beim Testboot, Benzin- motoren sein; "KL" steht für Key Largo. Unsere Testkandidatin zählt, wie die anderen Key-Largo-Vertreterinnen bei Sessa, zu den Allroundern. Es sind rundum offene Boote mit Centerkonsole. Bis auf die kleinste KL beherbergen alle Modelle unter dem erhöhten Sonnenvordeck einen Kabinenteil, der sich, wie auf dem Testboot, bis unters Cockpit fortsetzen kann, und dessen Eingang neben dem Steuerstand liegt. Vor Letzterem befindet sich stets eine durchgehende Liegefläche, hinter dem Steuerstand hat man, je nach Modell, Pantry, Tisch, Sitzbank und Hecksonnenliege untergebracht. Die 34 IB eignet sich für alle Wassersportarten; bis zu vier Personen können übernachten. Aufgrund ihrer technischen Daten ist die Key Largo 34 IB nur mit Lkw und Sondergenehmigung (Breite) zu transportieren.

Was die Verarbeitung unseres Testbootes angeht, sind alle Wertungen von gut bis mangelhaft vorhanden, wobei sich Letzte- res auf die von uns geforderte und nicht vorhandene Handlenzpumpe bezieht. Ein paar Ausrutscher (also Note "Ausreichend") leistet es sich neben anderem unter dem Armaturenträger: Offene Kupferlitzen sind in einer Einzelklemme gebündelt. Des Weiteren kritisieren wir auf scharfen Kanten scheuernde Kabel und Schläuche, die man vor der Toilette in der Unterflurkabine zu sehen bekommt, wenn man dort die mit Klipsen versehene Verkleidung entfernt. Dass die eine und andere Kunststoffschnittkante unbehandelt blieb, mindert dennoch nicht den sonst guten Eindruck: außen hochglänzendes Gelcoat und innen versiegelte Laminatflächen. An den Arbeiten von Tischlern und Sattlern gibt es nichts auszusetzen.

Fahren und Manövrieren

Zwei Motoren sind ein Garant für wendiges Verhalten in langsamer Fahrt. Ein Antrieb in den Vorwärts- und den anderen in den Rückwärtsgang geschaltet, bedeutet, fast auf der Stelle zu drehen. Behält man beide Getriebe in Vorausstellung, durchmisst ein Vollkreis etwa 1 ¼ Bootslängen. Auch längere Rückwärtsfahrten gelingen ohne großen Aufwand. Sollten Seitenwind oder Querströmung Manöver in langsamer Fahrt stören, kann man sich mit dem Bugstrahlruder (Extra) behelfen.Die langsamen Passagen durchfahren wir mit Drehzahlen von 600–1200/min, um die vom Boot erzeugten Wellen auf niedrigem Niveau zu halten. Wechselt währenddessen jemand seinen Platz, hat das weder auf Kurs noch auf die Krängung Einfluss, das Testboot behält den eingeschlagenen Kurs bei.

Mit zunehmender Fahrt beginnt es mit ganz beigetrimmten Antrieben ab etwa 2200/min (knapp 12 kn) zu gleiten. Dank geringer Vertrimmung beim Übergang von Verdränger- in Gleitfahrt bleibt die gute Voraussicht erhalten. Ab 3000/min (18 kn) geht das Testboot vollends in Gleitfahrt über und beschleunigt auf dem Mittelmeergewässer vor Varazze bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 39 kn. Dass dabei die Motoren nicht höher als 4900/min drehen – erlaubt sind maximal 5200/min –, zeugt von etwas überdimensionierten Duoprop-Propellern, da das Boot mit drei Personen und einem vollen Kraftstofftank nicht wirklich beladen ist. Die KL 34 IB benötigt nur wenig Power-Trimm. In unserem Fall reicht es, die Antriebe von –7 bis –4 zu trimmen, mehr führt nur zum permanenten Wippen des Bootes, das sich aber nicht aufschaukelt.

Nach Auswertung unserer Messwerte errechnet sich für die Reichweite mit einer Tankfüllung Normalbenzin in langsamer Fahrt ein Aktionsradius von theoretisch 366 sm plus 15 % Reserve. In schneller Gleitfahrt ist man mit dem Testboot bei einem Tempo von 23 kn unterwegs, wenn beide Motoren 3500/min drehen. Dann kommt man mit einer Tankfüllung etwa 235 sm weit, und mit beiden Gashebeln auf dem Tisch ist nach knapp 200 sm der Besuch einer Bunkerstation angesagt, sollen in beiden Fällen die Reserven erhalten bleiben. Damit erfüllt das Testboot sogar bei Vollgas unsere Forderung von wenigstens 150 sm Aktionsradius plus Reserve. Das ist gut.

Nichts auszusetzen gibt es auch an der Schalldämmung des Motorraums, da der Schalldruck nur bei Vollgas an der 85- dB/A-Komfortgrenze kratzt. Weniger gut erweist sich eine entnommene Materialprobe, die beim Brenntest nicht von selbst verlöscht. Das ist mangelhaft.Bei den mit 75 % Höchstgeschwindigkeit gefahrenen Extremmanövern kommen die "Key-Largo-Gene" zum Vorschein, die wir bislang in der Modellreihe kennengelernt haben: Das Boot braucht wenig Trimm und verhält sich bei engen und schnell gefahrenen Kurven etwas hektisch. Unser Testboot macht da keine Ausnahme und bremst sich mit ganz beigetrimmten Antrieben bei den immer enger verlaufenden Kurven mit seitlich leichtem Schaukeln von allein bis auf untere Gleitgeschwindigkeit ab, die wir mit 13 kn gemessen haben.

Behält man dagegen die Z-Antriebe in optimaler Trimmung bei, wird das mit zunehmend heftigerem Schaukeln beantwortet; an engster Stelle ventilieren die Propeller und zwingen zu erneutem Anfahren. Das Gute dabei ist, dass der Rumpf nicht einhakt. Das sieht bei den 180°-Wenden etwas anders aus, in denen das Boot über Steuerbord mit zunehmender Geschwindigkeit schaukelt und der Rumpf leicht bis stark einhakt, wenn das Testboot innerhalb zwei bis drei Bootslängen durchmessenden Kurven die Wende absolviert.

Am Fahrstand haben wir dabei Fliehkräfte von 2 g und vor der Cockpitsitzbank 1 g gemessen. Dank ausgeprägter Schalensitze sind diese für Fahrer und Co gut erträglich und für Fondpassagiere haltbar. Über Backbord verläuft alles gedämpfter und ruhiger. Hier messen wir sowohl am Fahrstand als auch an der Cockpitsitzbank haltbare Fliehkräfte von 1 g, während unser Testboot innerhalb zwei Bootslängen durchmessender Kurve um die Ecke fegt. Auf der imaginären Slalomstrecke bringt man die KL 34 IB über die Längsachse ungefährlich zum Pendeln, und beim Verreißen des Ruders folgt sie klaglos dem eingeschlagenen Kurs.

Wenig gibt es zum Rauwasserverhalten zu sagen, da sich das Mittelmeer am Testtag von seiner ruhigen Seite zeigt. Beim Überfahren eigener Wellen macht der Rumpf einen guten Eindruck. Fazit: Während Marschfahrt bleibt das Testboot im grünen Bereich, und bei hohen Geschwindigkeiten und extrem gefahrenen Manövern kommt Hektik auf, die aber berechenbar bleibt. Noch gut.

Der Arbeitsplatz des Skippers ist übersichtlich gestaltet. Ein Kompass zählt zum Standard, das Echolot kostet extra, und ein Scheibenwischer ist für die Kunststoffscheibe nicht vorgesehen. Dafür aber ein griffiger Scheibenrahmen, der, wie das Gestänge vom Hardtop, für den Beifahrer zum Festhalten etwas zu weit weg ist. Dass der Co vor der Kabinentür sitzt und im Gegensatz zum Fahrer keine Fußstütze hat, ist gewöhnungsbedürftig.

Motor, Tank, Elektrik

Wir fahren die Key Largo 34 IB mit zwei je 320 PS starken 5,7 GXI V8 von Volvo Penta, mit denen das Boot passend bestückt erscheint. Die beiden Kraftpakete stehen gut zugänglich unter der auf Knopfdruck hochfahrbaren Hecksitzbank samt Sonnenliege. Die technischen und elektrischen Installationen hinterlassen einen guten Eindruck. Die Batterien stehen ordentlich gehaltert in separaten Kunststoffboxen; die dazugehörigen Batteriehauptschalter betätigt man Relais-gesteuert am Schaltpaneel in der Kabine, wo auch die Thermosicherungen untergebracht sind.

Sicherheit

Hier punktet der Rumpf mit seinen berechenbaren Fahreigenschaften. Die Höhe der Cockpitinnenwände passt, aber eine nur 0,31 m hohe Heckeingangstür ist zu niedrig. Fernabschaltbare Kraftstoffhähne und Vorfilter werten wir als gut, ohne Wasseralarmsensoren haben sie jedoch keinen Sinn. Vier elektrische Lenzpumpen sind hilfreich, bei leeren Batterien braucht man allerdings eine Handlenzpumpe, die wir ebenso vergeblich suchten wie den Notausschalter (Quickstop) für die Motoren. Gut ist die Feuerlöschanlage im Motorraum; wünschenswert sind mehr Haltegriffe.

Wohnen, Cockpit und Ausrüstung

Der Innenausbau und die Innenausstattung vermitteln einen Hauch von Luxus, die doppelschalige Bauweise, stoffbezogene Deckenpaneele, Lederapplikationen und Holzmöbel ein wohnliches Gefühl. Im Bug ist eine zur V-Koje wandelbare Sitzgruppe untergebracht; Matratzenunterlüftungen fehlen. Der Stauraum ist begrenzt: Es gibt ihn unter dem Bugsitzkissen und im kleinen Schrank, an Backbord am Eingang. Zwei Längsfenster mit zu öffnenden Bullaugen lassen Licht und Luft herein.

Hinter der Bugkabine befindet sich an Steuerbord das Bad mit Dusche und WC, das für kräftige Personen etwas eng ist. In die Unterflurkabine unter dem Cockpit geht’s in gebückter Haltung, darin ist Platz für zwei zum Liegen. Mittels Einlegepolster wird aus zwei Kojen eine durchgehende Fläche, zwei Bullaugen sorgen für Licht und Luft. Die Pantry steht hinter dem Fahrer- und Beifahrersitz im Cockpit, eine Spüle mit fließend Wasser (kalt/warm) ist Serie, Kühlschrank, Kocher und Icemaker nicht.

Hinter der Pantry gibt es einen Tisch und eine L-Sitzbank mit Stauraum darunter. Kompass sowie RINA-attestierte Navigationslampen zählen zur Serie. Gegen allzu viel Sonne schützt auf unserem Testboot ein aufpreispflichtiges Hardtop, an dessen Ende ein ausfahrbares Bimini angebracht ist. Eine Abdeckplane kostet extra. In der Badeplattform steckt die Badeleiter – ein Haltegriff ist vorhanden. Sechs Belegklampen, ein selbstlenzender Bugankerkasten mit Winsch, Kette und Anker sind Serie.