Tender 31

Ralf Marquard

 · 02.09.2012

Tender 31Foto: Morten Strauch
Test Tender 31 | 31

Die Tender 31 hat ein ganz außergewöhnliches Aussehen und kommt aus einer innovativen Werft in Dresden.

Die neue Tender 31 | 31Foto: Morten Strauch
Die neue Tender 31 | 31

Normale Boote zu bauen ist nicht die Berufung von Jörg Schaaf, Geschäftsführer der gleichnamigen Werft. „Wir machen Leidenschaft“, so seine Aussage. Und in der Tat, was man mit der Tender 31 zu sehen bekommt, ist nichts Alltägliches. Ein Backdecker mit geradem Design und futuristischem Aussehen.

Test Tender 31 | 31Foto: Morten Strauch
Test Tender 31 | 31

Konzipiert ist das Boot für Reviere außerhalb von Küstengewässern (CE-Kategorie B). Es ist weniger ein Kajütboot für längere Urlaubsreisen als vielmehr eines für schöne Ausflüge, auf dem man am Wochenende auch mal die eine oder andere Nacht an Bord verbringt.

Test Tender 31
Foto: Morten Strauch

Eine weitere Besonderheit: Man kann das Boot noch mit dem 3,5-t-Trailer transportieren, was bei 9,50 m Länge eher selten ist. Möglich machen das die Breitenbegrenzung von 2,55 m und ein Gewicht von nur 2800 kg. Für Letzteres ist das Baumaterial verantwortlich. Die Tender 31 lässt der Werftchef in den Niederlanden aus Aluminium fertigen. Heraus kommt ein gut verarbeiteter und lackierter Kasko. Innenausbauten führten die Konstrukteure zum größten Teil passend aus. Nicht gefallen haben uns am Testboot einige Spaltmaße und Silikonnähte sowie schiefe Flexiteak-Nähte auf dem Decksbelag.

Als Motorisierung empfiehlt die Werft Single- und Doppelanlagen. Wir fuhren mit einem MerCruiser 377 MAG. Der V-8-Benziner bringt seine320 PS über einen Z-Antrieb mit Doppelpropeller ins Wasser. Dass alles gut aufeinander abgestimmt ist, zeigt die maximale Volllastdrehzahl von 5000/min, die damit exakt in der Mitte des empfohlenen Volllastbereiches liegt.

Als Geschwindigkeit erreichen wir knapp 34 kn. Dass ein Benziner in dieser Situation nicht besonders sparsam fährt, ist kein Geheimnis: 92 l/h oder anders gesagt 2,73 l/sm, was mit dem 400-l-Tank abzüglich Reserve eine Reichweite von 125 sm ergibt. Wirtschaftliche Gleitfahrt macht unsere Testgespann bei 3500/min (21,4 kn) mit einem Spritverbrauch von gut 2,00 l/sm – es errechnet sich eine passende Fahrstrecke von fast 170 sm.

Wer in der Beschleunigungsphase von Verdränger- in Gleitfahrt das typische Buganheben und -senken erwartet, wird enttäuscht. Die Nase hebt sich zwar an, senkt sich jedoch kaum mehr ab. Für die Voraussicht heißt das: Im Sitzen stört teilweise der Bug, im Stehen ist die Sicht gut. Gute, kursstabile Gleitfahrt beginnt bei etwa 3000/min; getrimmt wird der Z-Antrieb dabei nach Gefühl. Die Heckwelle fällt erst recht kräftig aus, bei zunehmender Geschwindigkeit wird sie immer „wasserskifreundlicher“.

Mit Fahrtrimm zieht der Propeller in engen Kurven etwas Luft, doch der Doppelpropeller bleibt so weit kraftschlüssig, dass man nicht neu anfahren muss. Trimm down: Ohne jegliches Luftschnappen geht’s mit ordentlicher Schräglage herum. Die Steuerung lässt sich dabei ausreichend leichtgängig drehen. Auf Slalomkursen und beim Verreißen der Lenkung schwingt oder legt sich das Boot kräftig auf die Seite. Ein Verhalten, das sich durch die Rumpfform und deren Längen-Breiten-Verhältnis erklärt. Letzteres liegt bei der Tender im Bereich von Powerboats. Im Rauwasser – hier Kabbelwasser des Hamburger Hafens – schneidet der Rumpf weich und trocken die Wellen und zeigt sich außerdem leise und kursstabil.

Wer sich in langsamer Fahrt und im ruhigen Wasser mit 4 kn bis 6,5 kn fortbewegt, muss den Kurs ab und zu etwas ausgleichen. Bemerkbar macht sich dann der Wind (gut 3 Beaufort), der mit dem hohen Bug eine große Angriffsfläche findet. Gleiches spürt der Fahrer, wenn er anlegen möchte und der Wind direkt von der Seite kommt. In dieser Situation ist das Bugstrahlruder ein wichtiges Hilfsmittel.

Ohne Wind dreht die Tender 31 mit gut 2 Bootslängen und rückwärts eingekuppelt mit etwa 1 1/2 und lässt sich beim Umsteuern etwa 5 s Zeit, bevor der Bug umschwenkt. Zu viel Gas in Rückwärtsfahrt bringt nasse Füße: Ab etwa 1900/min schwappt Wasser auf die Gänge links und rechts neben die Sonnenliege.

Der Fahrer findet seinen Platz an einer Offshore-Bank mit kurzer Sitzfläche (zum Hochklappen). Letztere hat feste Polster, die Lehne dagegen weiche. Seitenhalt bietet die Bank nicht und die Kniefreiheit fällt eingeschränkt aus. Besser ist die Fahrt im Stehen mit hochgeklappter Sitzfläche. Der Beifahrer nimmt auf der gleichen Bank Platz und hat wegen des Kabineneingangs vor sich mehr Beinfreiheit. Halt gibt ein Handlauf vor dem Beifahrer, der jedoch kantig ausfällt, was über längere Zeit die Hände einschneidet.

Geschützt wird die Fahrgemeinschaft von einer Kunststoffscheibe (Makrolon), die an den Außenseiten in Aluprofilen sitzt. Die Scheibe hat eine dunkle Tönung und der Fahrstand eine helle Farbe. Nachteil dieser Kombination sind Spiegelungen in der Scheibe. Wer einen Scheibenwischer möchte, muss einen Aufpreis zahlen und bekommt einen mit automatischer Waschanlage, die vor dem Wischen erst Sand und Salz von der Scheibe spült, damit der Wischer sie nicht zerkratzt.

Elektrische Verbraucher schaltet man an gut positionierten und beleuchteten Drucktastern. Als Instrument installiert die Werft ein SmartCraft Vessel View, das sich gut ablesen lässt und über Motorzustand, Tank, Verbrauch, Reichweite, Geschwindigkeit, Tiefe, Kurs und die Position informiert. Zum SmartCraft-System gehört weiterhin eine Schaltung, die sich kinderleicht und exakt bedienen lässt.

Motor, Tank, Elektrik

Den Motor erreicht man per Knopfdruck über einen elek-trischen Antrieb, der die Hecksonnenliege anhebt. Unpraktisch: Der Hauptschalter sitzt im Motorraum. Um ihn einzuschalten, muss man die Sonnenliegen per Hand lupfen, durchgreifen und die Hauptschalter drehen. Um die Motorgeräusche im Zaum zu halten, verklebt die Bootsmanufaktur Wände und Deckel mit einer selbstverlöschenden Schallisolierung. Bis 4000/min erfüllt sie ihre Aufgabe passabel. Bei Vollgas wird die 85-dB/A-Grenze um 3 dB/A überschritten.

Für genügend Frischluft sorgen zwei Öffnungen, die mit Gittern verkleidet sind. Servicearbeiten lassen sich an dem auf einem soliden Alu-Fundament stehenden Motor vernünftig durchführen. Leitungen und Schläuche verlegten die Techniker im Motorraum ordentlich, von achtern zum Fahrstand laufen sie in Schutzrohren (im Rumpf integriert), unter dem Fahrstand wünscht man sich dagegen mehr Sorgfalt.

Was liegt näher, als bei einem Boot aus Aluminium einen Tank aus gleichem Material zu fertigen? Fest verschweißt sitzt er unter dem Cockpitboden. Seine Schlauchleitungen verschraubte die Werft an der Einfüllleitung passend mit zwei Schellen, an der Zuleitung zum Motor jedoch nur mit einer Schraubschelle. Die Benzinreinigung übernimmt ein Spritfilter direkt am Motor. Für die Stromversorgung stehen zwei gut dimensionierte 110-Ah-Batterien in sehr soliden Kunststoffkästen. Ein Diodenverteiler trennt die beiden Akkus von-einander. Gut zugängliche Automaten und Schmelzsicherungen schützen die elektrische Anlage vor Überlastung.

Sicherheit

Hier fällt jedem Familienvater als Erstes die fehlende Reling/ Bordwand am Heck auf. Solch offene Lösung ist besonders für Kinder eine gefährliche Angelegenheit. Gleiche Kritik gilt dem Vordeck. Hier fehlt standardmäßig jegliche Art von Halt. Leinen lassen sich vom Fluchtluk aus annehmen und belegen. Gleiches gilt für den Anker. Wer das Vordeck sicherer gestalten möchte, bekommt für 2856 Euro eine Bugreling; festen Stand garantieren rutschfeste Böden auf dem kompletten Decksbereich. Weitere Pluspunkte: Lenzanlage mit zwei elektrischen und einer manuellen Pumpe sowie eine Feuerlöschanlage im Motorraum plus Feuerlöscher. Eine serienmäßige Dreistufen-Badeleiter, die sich vom Wasser aus prima bedienen lässt, erleichtert den Aufstieg ins Cockpit.

Wohnen, Cockpit und Ausrüstung

Im Cockpit befinden sich zwei zueinander gerichtete Doppelbänke und eine gut gepolsterte Sonnenliege. Weitere Sonnenpolster bekommt man für den Bugbereich. Staumöglichkeiten gibt’s an Deck nur unter der Fahrerbank. Wer unter Deck geht, wird überrascht: SitzSchlafbereich (mit Tisch), Pantry und Nasszelle zeigen modernes, freches Design, wie man es kaum auf Booten sieht. Einladend und freundlich wirkt das helle Licht durch die Panoramafenster aus Kunststoff. Einen Kompromiss musste der Designer bei der (geringen) Stehhöhe eingehen.

Weiteres besonderes Design: die sechs versenkbaren, soliden Klampen. Die Fender kommen an spezielle Lederhalter an Handläufen, die an der Seitenwand innen verlaufen. Eine Scheuerleiste fehlt; diese bringt die Bootsmanufaktur aus Dresden auf Wunsch an.

Datenblatt: Tender 31

Werft: Schaaf Bootsmanufaktur

Typbezeichnung: Tender 31

CE-Kategorie: B - Außerhalb von Küstengewässern

Material von Rumpf und Deck: Aluminium

Länge: 9,50 m

Breite: 2,55 m

Verdrängung: 2,80 t

Preis: 215.033,00 €