TestAxopar 22

Johannes Erdmann

 · 20.04.2022

Test: Axopar 22Foto: Aaron Schreiber

Drei kleine Racker: Sie ist sportlich, familientauglich und zudem auch überaus seetüchtig. Das Einstiegsmodell der finnischen Werft hat nicht ohne Grund den Titel „Powerboat of the Year“ bekommen. Wir fuhren drei Varianten der 22

Aus eins mach zwei“ war das Motto der finnischen Werft Axopar, als es darum ging, das beliebte, aber optisch nicht mehr ganz in das neue Erscheinungsbild der Axopar-Flotte passende 24er-Modell neu zu definieren. Statt einer Neuauflage des alten Boots mit zwei halb offenen Kojen schuf die Werft lieber gleich zwei Modelle: eine Axopar 25 mit einer sehr ge­räumigen Schlupfkabine (Test in BOOTE 2/22) und ein offenes Modell 22, das in der T-Top-Version jüngst zum „European Powerboat of the Year“ gewählt wurde. Die Jury der größten Motorbootmagazine war sich dabei ohne viele Diskussionen schnell einig, denn die Axopar 22 besitzt Qualitäten wie kaum ein Boot in dieser Größe.

Die Fahreigenschaften standen bei der Entwicklung, wie eigentlich bei allen Axopar, besonders im Fokus des Design­teams. Zudem sollte die Axopar 22 eine Mittelkonsole besitzen, die von beiden Seiten passierbar ist, viel Platz für sieben Personen auf Vor- und Achterdeck und einen vollwertigen und abgeschlossenen Toilettenraum. Ein völliges Novum auf einem derart kleinen Boot ohne Kabine.

Das feste Dach der Axopar 22 T-Top ist in Wirklichkeit ein auf Aluminium-streben montierter GFK-Ring, der mit einer Persenning bespannt wurdeFoto: Aaron Schreiber
Das feste Dach der Axopar 22 T-Top ist in Wirklichkeit ein auf Aluminium-streben montierter GFK-Ring, der mit einer Persenning bespannt wurde

Ein besonderes Merkmal von Axopar ist die grenzenlose Variabilität in Sachen Ausstattung und Ausrüstung. So kann auch bei der Bestellung einer Axopar 22 aus einem Portfolio ein Boot geschaffen werden, das völlig für die eigenen Vorlieben konfiguriert ist. Allein für die Heckpartie gibt es drei Optionen: eine einzelne Sitzbank, ein U-Sofa, das zur Liegefläche umfunktioniert werden kann, oder eine praktische und ins Deck eingeformte Multi-Storage-Box, die zugleich als bequeme Liegefläche dient.

Drei Varianten haben wir an der Mosel verglichen: die prämierte T-Top-Version, die Version Spyder mit Bimini und die Variante X-Jobe Revolve (grün), die mit einem kompletten Set an Wasserspielzeug wie Knee- und Wakeboards geliefert wird.


Das Boot

  • Werft:Axopar Boats/Finnland
  • Typ:22
  • CE-Kategorie: C/7 Personen
  • Rumpf und Deck: Kunststoff
  • Länge über alles: 7,20 m
  • Breite: 2,23 m
  • Gewicht (ohne Außenborder): 1250 kg
  • Tiefgang: 0,80 m
  • Durchfahrtshöhe (T-Top): 2,30 m
  • Kraftstofftank: 230 l
  • Wassertank: 42 l
  • Fäkalientank: 25 l
  • Kojen: 2+2
  • Stehhöhe: unter T-Top 1,85 m
  • Cockpitgröße: 2,75 m x 1,74 m
  • Sonnenliege: Multistorage 1,50 x 1,00 m; U-Sofa 1,90 m x 1,40 m
  • Freibord: 0,68 m
  • Seitenhöhe Cockpit innen: 1,08 m
  • max. Motorisierung: 1 x Außenbordmotor, 149 kW (200 PS)
  • Testmotorisierung: 1 x Mercury Verado F200, 149 kW (200 PS)
  • Preis (Standardboot mit Testm.):
  1. Spyder mit Bimini:72.101 Euro
  2. T-Top: 75.349 Euro
  3. Spyder X-Jobe Revolve: 79.920 Euro

Der scharf geschnittene Zwei-Stufen-Rumpf ist bei allen Booten derselbe, die Modelle unterscheiden sich lediglich durch das T-Top und das Ausstattungs­paket der X-Jobe Revolve, das etwa an Deck eine Antirutschbeschichtung der Jobe-SUP-Boards besitzt und damit besonders sportlich und jung wirkt.

Bei der Rumpfgestaltung hat sich die Werft mächtig ins Zeug gelegt. Der Rumpf besitzt einen besonders breiten Beam, läuft also an den Bordwänden zur Wasserlinie hin nicht nach innen zusammen, sondern ist noch mal leicht nach außen gewölbt, was Auftrieb und dadurch eine verbesserte Schwimmstabilität schafft. Außerdem sieht die Rumpfform dadurch besonders geschwungen und elegant aus. Einziger Wermutstropfen: Eine Scheuerleiste ist nicht vorgesehen und auch nicht als Extra zu bestellen.

In der Basisversion kostet die Axopar 22 Spyder ohne Motor ab Werft lediglich 35.800 Euro, was für ein derart hochwertig gebautes und in der Verarbeitung vorbildliches Boot ein wirklich guter Preis ist. Die Serienausstattung ist dabei schon sehr vollständig, es sind sogar ein Lederlenkrad, die Positionsbeleuchtung, eine manuelle Bilgepumpe und selbst die Hafenab­deckung für den Fahrstand im Basispreis enthalten. Mit der kleinsten Motorisierung, einem 115-PS-Mercury und der Bereitstellung in Traben-Trarbach an der Mosel ist das Boot dann ab 61.600 Euro zu bekommen.

Die Motorisierung unserer Testboote wurde jedoch etwas stärker gewählt, alle drei Boote sind mit einem Mercury F200 Verado ausgestattet (Aufpreis etwa 7700 Euro), der zugleich die größtmögliche Motorisierung darstellt. Mit dem V6 ist die Axopar 22 überaus spritzig unterwegs und ein echtes Spaßpaket. Da die Geschwindigkeitsmessungen bei den drei Modellen kaum Unterschiede zutage brachten, haben wir darauf verzichtet, hier drei Tabellen anzuführen. Das Gewicht der Boote und die Motorisierung sind schließlich fast identisch. Um genau zu wissen, was die als Trailerboote konzipierten Axopar 22 wiegen, wurden die Boote nach dem Test auf die Waage gefahren. Mit leeren Tanks und 2500-kg-OhlmeierTrailer ergab sich ein Zuggewicht von 2310 Kilogramm, was eigentlich für den geplanten Einsatz als Trailerboot etwas schwer ist, denn so wird zum Trailern dann schon ein kleinerer SUV (etwa VW Tiguan, Skoda Kodiaq) nötig. Mit dem kleineren 115-PS-Motor wird das Boot nur 50 Kilogramm leichter.

Als offene und schlanke Variante mit aufgesetztem Bimini lässt sich die Axopar 22 bequem trailern und passt selbst in flachste WinterlagerräumeFoto: Aaron Schreiber
Als offene und schlanke Variante mit aufgesetztem Bimini lässt sich die Axopar 22 bequem trailern und passt selbst in flachste Winterlagerräume

Die Stärken der Axopar 22 liegen auf der Hand: Sie ist multifunktional und eignet sich sowohl für den Finnen, der bei schlechtem Wetter auf seine Insel will, wie für den Mallorquiner, der zum Baden rausfährt. Letzterer wird die besonders großen Badeplattformen zu beiden Seiten des Motors zu schätzen lernen, auf denen man einen Augenblick verweilen möchte.

Besonderen Schutz bei kaltem Wetter und überkommender Gischt bietet der hochgezogene Rumpf mit tiefer Cockpitwanne, in der man sich sehr geborgen fühlt. Ebenso der breite Steuerstand, an dem Fahrer und Beifahrer geschützt hinter der breiten Windschutzscheibe sitzen, die sich zudem durch zwei Sternschrauben stufenlos in der Höhe verstellen lässt. Und rund um das Cockpit befinden sich viele Haltemöglichkeiten.

Der vollwertige Toilettenraum, der in den vorderen Teil des Steuerstands so integriert ist, dass man ihn erst auf den zweiten Blick entdeckt, ist serienmäßig. Das WC selbst, samt Fäkalientank (25 Liter), kostet 2023 Euro Aufpreis, ein Waschbecken samt Wassertank und Pumpe noch mal 738 Euro. Dort tut es aber in den meisten Fällen sicher auch ein Porta-Potti, denn im Zweifel ist man nicht wählerisch, wenn man einen abgeschlossenen Toilettenraum vorfindet und nicht irgendwo auf einer Koje ein Polster beiseiteschieben muss.

Je nach Auswahl der Heck-Option gibt es beim U-Sofa sogar die Möglichkeit, die Sitzfläche zur Sonnenliege umzufunktionieren. Für den Multifunktions-Staukasten ist ebenfalls ein Liegepolster erhältlich, wobei die Liegefläche dort mit 1,50 Meter Länge etwas knapper bemessen ist als beim umgebauten U-Sofa mit 1,90 Metern. Die Multifunktionsbox besitzt eine umsteckbare Rückenlehne, sodass die Fahrgäste wahlweise längs oder quer zur Fahrtrichtung sitzen können. Sie eignet sich zur Lagerung von Wasserspielzeug wie Wakeboard, Kneeboard, Wasserski und ähnlichen Boards, die im zusätzlich bestellbaren „X-Jobe Explora­tion-Package“ für 1428 Euro mit dabei sind. Allerdings ist zu bemängeln, dass innerhalb dieses für feuchtes Wasserspielzeug gedachten Kastens zudem die Batterie-Hauptschalter und ein paar Sicherungsautomaten unterbracht sind. Alle andere Elektrik und die Sicherungsautomaten der Verbraucher sind im Toilettenraum gut erreichbar.

Als offene und schlanke Variante mit aufgesetztem Bimini lässt sich die Axopar 22 bequem trailern und passt selbst in flachste WinterlagerräumeFoto: Julian Fietze
Als offene und schlanke Variante mit aufgesetztem Bimini lässt sich die Axopar 22 bequem trailern und passt selbst in flachste Winterlagerräume

Die Aktivierung der Verbraucher geschieht wie bei Axopar üblich über Tastschalter am Steuerstand. Auf dem riesigen Armaturenbrett wirkt selbst der große 12-Zoll-Plotter von Simrad verloren. Das Display ist sehr übersichtlich, es lassen sich alle Motorinformationen abrufen und anzeigen. Als Extras sind Trimmklappen, LED-Deckslichter und eine Soundanlage von Fusion erhältlich.

Mit dem 200-PS-Mercury ist die Axopar 22 sowohl in Verdränger- als auch in Gleitfahrt überaus kursstabil unterwegs. Sie giert oder eiert überhaupt nicht, sondern fährt wie auf Schienen. Beim Übergang zur Gleitfahrt (2100 bis 2300 U/min) nimmt das Boot die Nase etwas hoch, doch nicht so sehr, dass die Sicht dadurch behindert wird. Kleinste Gleitfahrt hält das Boot bei etwa 2600 U/min, doch besser läuft die Axopar 22 bei etwa 3000 U/min, wo auch ihr wirtschaftlichster Drehzahlbereich liegt. Mit einer Geschwindigkeit von fast 19 Knoten besitzt sie mit ihren 230 Litern im Tank eine Reichweite von 187 Seemeilen plus 15 Prozent Reserve. Der Verbrauch liegt also bei nur einem Liter pro Seemeile. Seinen Topspeed erreicht das Boot bei 5900 U/min und knapp 43 Knoten. Dann benötigt es 1,7 Liter/sm und besitzt immer noch eine Reichweite von 111 Seemeilen.

Bei den Testfahrten beeindruckt das Boot durch besonders präzise hydraulische Steuerung und Spurtreue. Egal, was wir mit dem Boot anstellen, es fährt jeden noch so ruppigen Schlenker oder hektische Ausweichmanöver mit Bravour. Selbst Vollgaskurven mit 40 Knoten sind möglich. Zu keiner Zeit besteht die Tendenz, hinten wegzurutschen oder gar auszubrechen. Dank des sehr ergonomisch angeordneten Cockpits besitzt der Fahrer auch eine besonders gute Kontrolle, man fühlt sich fast mit dem Boot verwachsen.

Fazit

Mit der Axopar 22 ist der Werft ein großer Wurf gelungen. Ein Boot, das sowohl im Kalten wie im Warmen seine vielen Stärken entfalten kann und Platz für bis zu sieben Leute bietet. Dazu überzeugt es mit seinen sehr guten Fahreigenschaften, geringem Spritverbrauch und seinen zahlreichen Ausstattungsoptionen, die es jedem Käufer möglich machen, „sein“ Boot zu bestellen.

Noch mehr Informationen? Den Test der Axopar 22 finden Sie mit weiteren Bildern, Messergebnissen und voller Bewertung in BOOTE-Ausgabe 05/2022 – seit dem 20.04.2022 am Kiosk oder online im Delius Klasing-Shop.