TestBavaria Sport 300 - Bewährtes im neuen Look

Peter Laessig

 · 26.07.2016

Test: Bavaria Sport 300 - Bewährtes im neuen LookFoto: Morten Strauch
Bavaria Sport 300 | 00

Ihren Rumpf kennen wir von der Vorgängerin. Neu ist bei der Sport 300 dagegen die Decksaufteilung. Wie schlug sich unser Testboot auf der Ostsee?

Spätestens seit der Vorstellung der Bavaria 360 Coupé in Heft 03/2015 weiß man, dass bei Bavaria ein neuer Wind weht, zumindest was das Aussehen angeht. Davon sind auch die kleineren Modelle nicht „verschont geblieben“ wie Bavarias Einsteigerboot Bavaria Sport 29, das nun unter den Stift gekommen ist und zur Sport 300 wurde. Es gibt sie mit Kunststoffgeräteträger, dann heißt sie Sport 300 Open und ohne Bügel schlicht Sport 300 S.

Die Veränderung macht sich in erster Linie an Deck bemerkbar, wo die Heck-Sonnenliege, zugleich Motorraumdeckel mit Stauraum, darin komplett wegfällt. Stattdessen wanderte die U-förmige Sitzgruppe nach achtern und macht vorn einer Beifahrer-Sitzbank Platz.

Der Möbelausbau vermittelt eine hohe Wertigkeit und schafft beim Betrachter den Eindruck von Oberklasse-Niveau.

Und ganz weg ist die Heck-Sonnenliege auch nicht. Sie entsteht, wenn man die Sitzgruppe samt Cockpittisch zur Liege umbaut. Parallel zur Änderung des Designs hat man auch die Qualität nicht aus den Augen verloren

Was das Handwerkliche angeht, fallen die Kunststoffverarbeitung außen und innen einwandfrei aus, man hat es sogar geschafft, an der einen und anderen Kunststoffschnittkante Hand anzulegen. Der Möbelausbau vermittelt eine hohe Wertigkeit und schafft beim Betrachter den Eindruck von Oberklasse-Niveau. So sind beispielsweise die Schapp-Abdeckungen im Salon fein lackiert und werden von Stahllitzen gegen zu weites Öffnen gehalten - wenn sie halten.

Bei den technischen und elektrischen Installationen sagen wir im sichtbaren Bereich „top" und wo man sonst nicht hinsieht „hm"

So entdecken wir in der Unterflurkabine hinter abnehmbaren Decken- und Wandabdeckungen Kabelbündel, die auf unbehandelten Kunststoffschnittkanten scheuern, und offene Kupferlitzen, wie beispielsweise an den Anschlüssen der Trenndiode im Motorraum, sind zukünftige „Problembereiter" – wie auch die Versorgungsschläuche der Toilette im Bad. Sie scheuern auf scharfen Schnittkanten.

Auch die Kraftstoffleitungen zu den Motoren hat man schon besser verlegt gesehen, und was eine Sicherung des Landanschlusses ganz hinten oben im Motorraum macht, kann uns niemand erklären – heißt bei technischen und elektrischen Installationen Abwertung. Im optischen Bereich gibt es keine Schwächen.

Qualität und Fahreigenschaften sind okay. Auf der Ostsee müssen wir uns den Wasser- und Witterungsverhältnissen anpassen.

Erste Fahrten plus Fotos machen wir auf der Ostsee, die eigentlichen Testmessungen später auf dem Main, technischer Probleme wegen.

Soll und Haben

Mit zwei Motoren und Antrieben dreht man fast auf der Stelle, wenn ein Getriebe auf „Voraus" und das andere auf „Rückwärts" geschaltet ist. Den Geradeauslauf bestimmen auf Knopfdruck synchron laufende Motoren, und längere Rückwärtsfahrten begünstigt das Bugstrahlruder (Extra).

Test Bavaria Sport 300
Foto: Morten Strauch

Das An- und Ablegen klappt gut. Während langsamer Passagen fahren wir 6 kn schnell, damit die vom Boot erzeug- ten Wellen nicht stören. Ein glatter Wasserabriss signalisiert ab etwa 11 kn, dass das Testboot zu gleiten beginnt. Die Voraussicht ist bis zum Erreichen der vollen Gleitfahrt nur kurzfristig weg.

Wenigstens 21 kn Fahrt sind notwendig, damit man noch in Gleitfahrt bleibt. Maximal dürfen beide Motoren 5000 U/min drehen, wir haben einen Tick weniger gemessen, und dabei haben sich maximal 43 kn im GPS eingeloggt.

Dass wir an der Drehzahlobergrenze „kratzten", spricht angesichts des geringen Beladungszustandes des Testbootes dennoch für passende Propeller. Nach Auswertung unserer Messwerte gleitet das Testboot zwischen 24–29 kn oder 3200–3600 U/min am wirtschaftlichsten.

Eine Tankfüllung reicht dann für einen theoretischen Aktionsradius von 169 sm plus 15 % Reserve

In langsamer Fahrt kommt man etwa 179 sm und bei Vollgas etwa 121 sm weit, bevor es an die Reserven geht. Damit erfüllt das Testboot in der 30-Fuß-Klasse nicht unsere Forderung von Mindestreichweiten.

Betrachtet man die Maße, fährt die Sport 300 S mit dem gleichen Rumpf wie die Sport 28 und Sport 29. Von daher erwarten wir bei den normalen und extremen Manövern ähnliche Reaktionen wie bei den früher getesteten Booten, wo wir die Sport 28 mit einem V8-Benziner und die Sport 29 mit zwei Dieselmotoren gefahren sind. Dem ist so bis auf die 180°-Wenden, die wir bei 4200 U/min mit Tempo 34 kn absolvieren und den Slalomtest bei Vollgas.

Bei den Wenden geht es mit ganz beigetrimmten Antrieben in einem Rutsch mit einer akzeptablen Schaukelbewegung, ohne dass der Rumpf einhakt. Mit optimal getrimmten Antrieben sind es zwei heftigere Schaukelbewegungen plus der Tatsache, dass der Fahrersitz den Fliehkräften (2,0 g) nicht standhält und sich losreißt. Die 180°-Wende über Steuerbord haben wir uns daraufhin verkniffen.

Beim Slalomtest können wir das Testboot dank bissiger Bravo-III-Z-Antriebe mit V8-Power regelrecht über die Längsachse „werfen" – Kommentar:

Holla, das macht Laune, keine Probleme und bleibt sicher! Normale Kurvenfahrten verlaufen ausnahmslos im grünen Bereich.

Wellen und Rauwasser auf der Ostsee parieren wir mit angepasster Fahrweise, und gegen Wind und Wellen kommt auch mal Spritzwasser über. Das ist aber angesichts des mehr auf Raum ausgelegten Rumpfes normal. Als zu klein empfinden wir das Wischerfeld vor dem Fahrer, und ab 4000 U/min übersteigt der Schalldruck die 85-dB/A-Grenze. Am Fahrstand gibt es bis auf die Reflexionen in der Scheibe nichts zu beanstanden.

Technik, Sprit und Strom

Eine Einsteighilfe in den Motorraum haben wir weder im Boot noch in der Zubehörliste gesehen. Einmal unten, stehen Kontrollen und Service nichts entgegen. Magnetventile regeln den Spritfluss; dessen Reinigung überlässt man dem Motorhersteller. Die Batterien sind fest gehaltert und werden per Relais am Fahrtstand aktiviert. Sicherungen findet man entweder am Fahrstand oder hinter der Wandabdeckung in der Unterflurkabine.

Sicherheit

Positiv werten wir Handlenzpumpe und Feuerlöschanlage im Motorraum, aber blutige Finger kann man sich wegen überstehender Madenschrauben zwischen den Sitzpolstern an den Haltern der Rücken- lehnen holen. Weiteres Manko: Handläufe sind im Cockpit hinten nicht vorhanden.

Wohnen, Cockpit und Ausrüstung

Bei unveränderten Rumpfmaßen hat sich unter Deck bis auf mehr und weniger Zentimeter hier und dort nicht viel geändert. Was Raumangebot und Wohnkomfort angeht, ist Bavaria schlicht führend.

Vorn wandelt man die Sitzgruppe mit Tisch zur Liege, und in der Unterflurkabine liegt man auf der Doppelkoje. Die Stehhöhen stimmen bis auf den Eingang zum Bad. Auch die Pantry lässt mit Kocher, Kühlschrank, reichlich Arbeitsfläche und praktisch aufgeteiltem Stauraum kaum Wünsche offen.

Wer vom Heck auf das Backbord-Seitendeck steigt, muss gelenkig sein, und wer dann den Flaggenstock als Halt benutzt, tut dies nur einmal ...

Körperbeherrschung braucht, wer auf dem Weg nach vorn der Einsteckleuchte ausweichen muss. Dieses Hindernis soll aber beseitigt und an einer günstigen Stelle platziert werden. Der "Königsweg" nach vorn zu Anker und Sonnenliege ist und bleibt das Steuerbordseitendeck. Dass die Reling über das Boot hinausragt, hinterlässt nicht nur an Schleusenwänden Eindruck. Ausstattungen beeinflussen Preise, der Standard kann sich sehen lassen.

Wer aber Bimini oder Camperverdeck haben will, muss zwangsläufig „Geräteträger" ankreuzen – und da auch die Plane extra kostet, werten wir das ab.

Unser Fazit

Die Sport 300 hat den bekannten Rumpf der Sport 28 beziehungsweise 29 mit neuem Gewand. Qualität und Fahreigenschaften stimmen soweit, nur hinter den Kulissen findet sich die eine oder andere Schwachstelle. Wie die 300 mit den neuen V6 fährt, wissen wir nicht, mit den alten V8 war sie im Grenzbereich etwas bockig – aber mit etwas sensiblem "Lenk- und Gashändchen" nicht unsicher.

Test Bavaria Sport 300
Foto: Morten Strauch

Datenblatt: Bavaria Sport 300

Werft: Bavaria GmbH

Typbezeichnung: Bavaria Sport 300

CE-Kategorie: B - Außerhalb von Küstengewässern

Material von Rumpf und Deck: Kunststoff

Länge: 9,31 m

Breite: 2,99 m

Verdrängung: 4,70 t

Preis: 117.691,00 €