Ralf Marquard
· 20.05.2019
Boarncruiser Elegance 1300 Express Edition: Mit kräftigen Motoren, V-Rumpf und Alubauweise wird ihr die Halbgleiterfahrt beigebracht
Verdränger haben den Nachteil, dass sie kaum schneller als die theoretische Rumpfgeschwindigkeit fahren, was besonders auf schnellfließenden Flüssen gegen die Strömung, die Reise zum Geduldsspiel macht.
Bei Verdrängern gilt die Regel, je länger die Wasserlinie, desto höher die theoretische Rumpfgeschwindigkeit.
Für unser Testboot, die Boarncruiser 1300 Elegance Express Edition, ergibt sich eine Rumpfgeschwindigkeit von knapp 9 kn. Dann liegt die langsame Marschgeschwindigkeit bei etwa 7 kn, in der man mit einer Tankfüllung plus Reserve weit (etwa das Doppelte) über die von uns geforderten 370 sm kommt.
Unsere Expressversion hat jedoch den Vorteil, noch ordentlich an Geschwindigkeit zuzulegen. Das erreicht De Boarnstream mit zwei kräftigen Motoren (2 x 220 PS) und einem Aufbau aus Aluminium, der das Boot leichter macht.
Solch ein Halbgleiter hat aber nicht nur auf schnellfließenden Gewässern große Vorteile, sondern auch auf See, wenn man beispielsweise bei einer nahenden Schlechtwetterfront noch vorher den ruhigen Hafen erreichen möchte.
Mit unserer vollausgerüsteten Test-Boarncruiser betrug die Höchstgeschwindigkeit knapp 16 kn.
Klar ist, in dieser Fahrstufe läuft reichlich Diesel durch die Spritleitungen. In Zahlen rund 6 l/sm, was dann eine Reichweite von 145 sm ergibt. Etwa 5 l/sm spritzen die Düsen bei 12,3 kn und 4 l/sm bei 10,4 kn in die Brennkammern der beiden Volvo-Penta-Dieselmotoren.
Wer im Turbogang schnelle Kurven fährt, erlebt keine unangenehmen Überraschungen. Die Boarncruiser zieht zielsicher ihre Kreisel und schwingt locker in die eigene Welle ein.
Genauso locker geht es auf dem Slalomkurs und beim Verreißen des Ruders zu. Ach ja, geradeaus fahren kann sie natürlich auch, es spielt dabei keine Rolle, ob man schnell oder langsam unterwegs ist. Selbst im Kabbelwasser bleibt sie ihrer Linie treu. Hierbei spritzt je nach Fahrtrichtung teilweise Wasser auf die Frontscheibe, was die beiden Doppelarm-Scheibenwischer (mit Waschdüsen) problemlos wegschaffen.
Dass sich mit zunehmender Geschwindigkeit der Bug anhebt, liegt in der Natur der Sache bei diesem Bootstyp. Mit Trimmklappen kann man gegensteuern, doch die beste Sicht in schneller Fahrt hat der Skipper im Stehen. Sitzend muss er einen langen Hals machen. Es gibt in diesem Punkt jedoch eine Vielzahl von Lösungen, "denn den Fahrersitz kann sich jeder Eigner so gestalten wie er möchte", so Eric Huis in ’t Veld von De Boarnstream.
Ruder und Schaltbox erreicht der Fahrer genauso gut wie die Bedieneinheit für Bug- und Heckstrahlruder. Damit lässt sich der Liegeplatz in der Box und an der Steganlage sicher und exakt ansteuern. Die waagerecht installierten Drehzahlmesser und die Volvo-Anzeige liest man im Stehen am besten ab. Die restlichen Instrumente und der Kartenplotter sind in allen Fahrerpositionen gut zu sehen.
Guten Einblick in den Motorraum gibt eine große Luke im Cockpitboden, sicher hinab geht es über eine Leiter. Dort unten findet der Servicemann in der Mitte einen Generator und an den Seiten die beiden Diesel. Um Wartungs- und Reparaturarbeiten durchzuführen, bietet der Raum genügend Platz, Leitungen und Schläuche verlegten die Werft-Techniker sauber und fest.
"Gute Arbeit" steht ebenfalls für die Batteriebefestigung mit verschraubten Schalen und Ratschen-Halteriemen. Bis auf den fehlenden E-Alarm verdient auch die Kraftstoffanlage mit Doppelfiltern ein Lob. Weitere Pluspunkte gibt es für die Feuerlöschanlage im Motorraum.
WerftDe Boarnstream / NiederlandeTypBoarncruiser Elegance 1300 Express EditionCE-KategorieBRumpf und DeckStahl / AluminiumLänge über alles13,60 mBreite4,55 mVerdrängung17 tTiefgangca. 0,95 mDurchfahrtshöhe3,10 mKraftstofftank1000 lWassertank600 lFäkalientank240lKabinen3 + SalonKojen6Motorisierung2 x Einbaudiesel je 162–320 kW (220–435 PS) Testmotorisierung2 x Volvo Penta D3 220, 162 kW (220 PS)Preis (mit Standardausrüstung)617 372 €
Von der Technik zum Leben an Bord: Dafür hat die Elegance 1300 ordentlich was zu bieten: Beginnen wir achtern auf der Badeplattform. Eine Leiter, die man auch vom Wasser bedient, sitzt an Steuerbord. An der gleichen Seite etwas weiter vorn findet man die Heckdusche, um sich nach dem Bad gleich abduschen zu können. Die Plattform ist so groß, dass sich freistehende Stühle platzieren lassen oder, wie auf unserem Testboot mit Spezialhalterungen, das Beiboot fixiert wird.
Das Cockpit erreicht man von achtern bequem über eine halbhohe Tür an der Backbordseite. Hier lümmeln sich die Sonnenanbeter auf einer bequemen L-Sitzbank mit einem großen absenkbaren Holztisch davor. Auf dem Vordeck, welches man bequem über das breite Seitendeck mit solider Reling erreicht, kann man sich ebenfalls von der Sonne verwöhnen lassen.
Ein besonders großer Lebensraum entsteht, wenn man die breite Hecktür öffnet und das Cockpit mit dem Salon vereint.
Einziges Manko: Die Hecktür auf unserem Testboot hat total spitze Ecken. Dass es auch sicher und ohne Verletzungsgefahr geht, zeigen die abgerundeten Einbauten und Türgriffe.
Im Salon brachte der Konstrukteur eine Sitzecke und eine nach achtern offene Pantry unter. Eine Besonderheit beim Salontisch: Um den Durchgang zu verbreitern, kann man etwa ⅓ der Tischplatte runterklappen. Ein gutes Lebensgefühl geben hier auch der gute Rundumblick und das riesige Schiebedach.
Eine Etage tiefer befinden sich die beiden Nasszellen mit Dusche, Toilette und Waschbecken. Beide Räume sind gut aufgeteilt und ausgerüstet.
Der Eigner verfügt über ein Doppelbett mit einer Spezialmatratze, die wie die restlichen Kojenpolster auch Unterlüftung bietet. Mit zwei weiteren Unterflurkabinen zeigt sich die E 1300 Express besonders familienfreundlich, denn hier kann man noch locker vier Personen mit komplettem Reisegepäck unterbringen. Auf unserem Testboot wünschte sich der Eigner vier Einzelkojen, zwei Doppelkojen sind bei der Bestellung jedoch auch problemlos möglich.
Die Boarncruiser Elegance 1300 Express Edition ist ein Halbgleiter, mit dem sechs Personen komfortabel auf See- und Binnenrevieren reisen. Dabei kann man auch ruhig mal den Turbogang einlegen, was zwar mehr Sprit kostet, doch die Zeitersparnis bzw. die Mehrstrecke ist ja häufig auch viel wert.
Dieser Test ist urspünglich erschienen in Boote 02/2018