TestCranchi Endurance 27 - Bella Figura

Dieter Wanke

 · 29.11.2017

Test: Cranchi Endurance 27 - Bella FiguraFoto: Dieter Wanke/Werft

Die Endurance 27 ist ein transportabler Tageskreuzer, der mit sportlichem Fahrverhalten und einer guten Verarbeitung glänzt

Cranchi gehört zu den italienischen Traditionsmarken. In dem Familienbetrieb, der in San Giovanni di Bellagio am Lago di Como gegründet wurde, werden seit 1870 Boote gebaut – damals noch Arbeits- und Fischerboote aus Holz.

Rund 30 Kilometer nördlich davon, in Piantedo, befindet sich auch heute noch das Hauptwerk. Ein weiterer der insgesamt vier Standorte fertigt im fünf Kilometer entfernten Rogolo. Kleinere Boote werden in San Giorgio di Nogaro bei Udine gebaut. Hier sitzt seit 10 Jahren auch das firmeneigene Testzentrum "Italo Monzino" mit unmittelbarem Zugang zur Adria. Importeur mit eigenem Händlernetz ist seit Anfang des Jahres 2017 die von Meik Lessig in Hannover gegründete Enjoy Yachting GmbH.

Beste Laufeigenschaften
Foto: Dieter Wanke/Werft
Momentan sind bei Cranchi in acht Produktlinien 18 Modelle im Programm. Die Palette beginnt mit der Panama 24. Flaggschiff ist ein 60-Füßer. Die Endurance 27 ist das Einstiegsmodell bei den Innenbordern. Sie gehört zur "Sport Linie" und wurde 2014 vorgestellt.

Mit einem Leergewicht von 2,2 t und einer Breite von 2,50 m, ist das Boot gut trailerbar und darf mit bis zu sechs Personen an Bord auch außerhalb von Küstengewässern gefahren werden. Dem Einsatz im Urlaub steht also nichts entgegen. Dass der Hersteller qualitätsorientiert ist, lässt sich am Testboot erkennen.

An der Verarbeitung vom Laminat, Polster- oder Schreinerarbeiten und der Installation gibt es nichts auszusetzen. Geglättete Kanten, solide Scharniere oder Kunststoffkappen auf Muttern, die Schrauben abdecken, sprechen für ein hohes Qualitätsbewusstsein der Werft.

Rundgang

Von der Badeplattform – grundsätzlich mit massivem Teak belegt – gelangt man über eine Trittstufe zur Sonnenliege im Heck. Größere Zeitgenossen haben auf dem 1,67 x 1,25 m großen Polster Überhang. Darunter gibt es Stauraum und Zugang zum hinteren Bereich des Motorraums.

Der Weg ins Cockpit führt über die Rückenlehne der Sitzgruppe. Für den Cockpittisch mit massiver Teakplatte, der abgesenkt mit Polsterauflagen in eine Sonnenliege verwandelt werden kann, werden 1000 € Aufpreis berechnet. Der Boden aus Teak und die vorn unter dem Fahrersitz zum Vorschein kommende Wetbar mit Spüle und 42-Liter-Einbaukühlschrank gehören zur Serienausstattung.

Die Gangborde zum Vorschiff sind beidseitig neben der Steuerkonsole. Solide Edelstahl-Haltegriffe, die gleichzeitig die rahmenlose Acryl-Windschutzscheibe fixieren, und eine Reling, sichern den Weg nach vorn.

Die auf dem Vordeck montierten Liegepolster messen 1,78 x 1,90 m und werden im Paket mit dem Bimini für 2440 € angeboten. Ein Einsatz für das Luk lässt das Lüften der Kabine oder den Notausstieg auch bei montierten Polstern zu. Die unverzichtbare Ankerinstallation mit elektrischer Winde, 30-m-Kette und 10-Kilo-Anker schlägt mit weiteren 2800 € zu Buche.

Innenleben

Die Kabine mit 1,83 m Stehhöhe wird über eine Schiebetür und zwei Stufen erreicht. Im Bug wartet eine 1,80 x 2,02 m große Liegefläche. An Steuerbord gehört ein 1,65 m hoher Toilettenraum mit elektrischem WC zum Standard. Ein Waschbecken sucht man hier allerdings vergeblich. Zur Lüftung lässt sich ein Luk öffnen.

Foto: Dieter Wanke/Werft
Die Schalter für die Elektrik samt Sicherungen sind gut zugänglich direkt am Niedergang hinter der Toilette untergebracht. An Backbord gibt es ein Einbaumöbel, auf das eine Mikrowelle gestellt werden kann. Darunter befindet sich der insgesamt etwas spärlich bemessene Stauraum und ein Feuerlöscher.

Hinter den Treppenstufen des Niedergangs versteckt sich eine weitere Unterflur-Liegefläche, die mit 1,79 x 1,04 m bestenfalls einem Erwachsenen oder bis zu zwei kleineren Kindern zum Übernachten dienen kann. Mit nur 59 cm Höhe ist der Raum nach oben begrenzt.

Antrieb und Fahrleistungen

Beim Motor gibt es keine Wahl, denn es ist nur ein Volvo Penta V6‐280‐CE/DPS mit 209 kW (280 PS) verfügbar, der seine Kraft mittels Z-Antrieb und gegenläufigen Doppelpropellern (Duoprop) ins Wasser bringt. Der 4,3-Liter-Benziner verfügt über Katalysatoren und eine Bodenseezulassung.

In besonderen Fällen können auch Selbstzünder angefragt werden. Am Steuerstand lassen sich die Betriebsdaten über analoge Instrumente gut ablesen. Weitere Informationen liefert das Display im Drehzahlmesser und die Motorüberwachungsanzeige des EVC-Systems, einige nur mit zusätzlichen Sensoren.

Foto: Dieter Wanke/Werft

Alle Schalter, die Trimmung und der Bedienhebel des optionalen Bugstrahlruders sind gut zugänglich. Der Kompass ist bestens ablesbar. Eine Fußstütze am Steuerstand sorgt für entspanntes Sitzen. Wenn der Gashebel auf Vollausschlag ist, wird nach sechs Sekunden bei knapp 14 kn und 3200 U/min die Gleitfahrt erreicht.

Bis zur Endgeschwindigkeit von 35,8 kn messen wir 18 Sekunden. Die Drehzahl mit der höchsten Effizienz liegt bei 3500 U/min mit knapp 18 Knoten und einem Verbrauch laut Hersteller von 28 Litern pro Stunde.

Eine gute Marschfahrt ermitteln wir außerdem bei 4000 Touren, wobei dann mit rund 23 kn Fahrt stündlich 36 l Benzin aus dem 270-Liter-Tank gesaugt werden. Unter Berücksichtigung einer 15-%-Reserve sind in beiden Fällen Distanzen von knapp 150 sm realisierbar.

In Sachen Fahrspaß macht die Motorisierung einen spritzigen Eindruck. Der Rumpf läuft weich durch die Heckwellen der Bodenseefähren. Trimmen ist kaum erforderlich. Auch bei engen Kurven mit hoher Geschwindigkeit, oder dem plötzlichen Verreißen des Ruders bleibt das Boot gutmütig und stets beherrschbar.

Bei engsten Kurven mit maximaler Neigung ziehen die Propeller irgendwann Luft. Auch das Manövrieren bei Langsamfahrt gelingt gut. Geradeaus geht es mit sehr leichtem Gieren. Beim Umsteuern achteraus mit Standgas dauert es etwa fünf Sekunden, bis die Gegenbewegung erfolgt.

Montage, Installation und Sicherheit

So positiv wie der gesamte Qualitätseindruck kann auch die Montage aller Komponenten bewertet werden. Außer der elektrischen Bilgenpumpe ist eine mechanische Version montiert. Hauptschalter für die Batterien und die Überbrückung für Notfälle sind direkt an der Sitzgruppe im Heck.

Foto: Dieter Wanke/Werft

Die Benzinzufuhr kann hier auch unterbrochen werden. Außerdem gibt es einen Feuer-Port, um die automatische Löschanlage mit 1-Kilo-Löscher zu unterstützen. Den Mechanikern, die am Motor der Endurance 27 arbeiten müssen, gilt allerdings unser Mitgefühl, denn das Aggregat ist kaum zugänglich, was auch eine Abwertung bei der Servicefreundlichkeit zur Folge hat.

Fazit

Die Cranchi Endurance 27 ist ein gut trailerbarer Wochenend- und Urlaubskreuzer mit guten Fahreigenschaften und harmonierender Motorisierung. Das Qualitätsniveau ist hoch und das Preisniveau für die gebotene Leistung angemessen. Beim Grundpreis von 96 711 Euro fehlt einiges. Der Listenpreis vom Testboot lag bei 125 289 Euro.

Foto: BOOTE