TestElling E6 - Lust auf Hochsee?

Ralf Marquard

 · 19.06.2017

Test: Elling E6 - Lust auf Hochsee?Foto: Phillip Gätz

Die Elling E6: Sie besitzt alles, was man für die große fahrt benötigt... Auf der Hanseboot in natura zu sehen, haben wir sie vorab schon einmal getestet...

Elling-Boote sind schon etwas Besonderes, ihr Erfinder Anton van den Bos konzipiert sie bewusst für die Fahrt auf See. Damit sind nicht nur Küstenregionen gemeint, sondern Fahrten wie beispielsweise über den Ärmelkanal oder sogar die weite Reise über den Atlantik.

Damit die neueste Entwicklung, die Elling E6, damit locker zurechtkommt, lässt der Werftchef den Rumpf aus Kevlar fertigen – ein Material, das auch für die Herstellung von schusssicheren Westen verwendet wird. Wenn man an Bord kommt, hat man generell das Gefühl, dass alles solide, sauber und sicher gebaut wird.

Dazu tragen beispielsweise die auf Hochglanz lackierten Oberflächen bei. Van den Bos:

„Um immer ein optimales Ergebnis zu erzielen, lackieren wir jeden Gelcoat über."

Das gleiche Bild zeigt sich unter Deck bei den Möbeln und Verkleidungen sowie den (fast) vollständig gestrichenen Rumpfinnenseiten. Sorgfalt ebenfalls im Motorraum. Dort liegen die Leitungen, Rohre und Schläuche sauber gebündelt oder in Schutzrohren.

Die Elektroanlage ist übersichtlich verdrahtet, und die Kraftstoffanlage – mit zweifach verschraubten Schlauchanschlüssen sowie doppelt ausgeführter Spritfilteranlage mit Ablasshahn und Manometer (zur Kontrolle von Filtern und Leitungen) und einem Tagestank, um den Haupttank vor Bakterien und Co. zu schützen – bietet einen guten Standard.

Aber nicht nur die Installationen machen einen positiven Eindruck, sondern das gesamte Antriebs­konzept ist wohldurchdacht. Der Haupt­antrieb besteht aus einem elektronisch gesteuerten Volvo Penta D13 mit 900 PS, und als Hilfsmotor wurde ein Volvo Penta D2 mit 75 PS installiert.

Das Wichtigste bei Letzterem ist die mechanische Funk­tionsweise und Ansteuerung. Auf sie hat der Werftchef besonderen Wert gelegt – denn wenn beispielsweise ein Blitzschlag die Elektronik der Hauptmaschine lahm­ legt, tuckert der mechanische D2 immer noch weiter.

Darüber hinaus verfügt der Hilfsdiesel über einen eigenen 200­l­ Tank, damit selbst bei einer eventuellen Diesel­pest in den Haupttanks sauberer Sprit für die Notfallfahrt zur Verfügung steht. Mit dem Hilfsdiesel erreichten wir immerhin noch eine Höchstgeschwindigkeit von ungefähr 7 kn. Ein Notsteuerungssystem ist ebenfalls vorhanden.

Schiebt man den Hebel des Hauptmotors ganz nach vorn, fahren wir auf der Nordsee (zwischen IJmuiden und Scheve­ningen) gut 20 kn. Der Geräuschpegel bleibt mit 67 dB(A) am Fahrstand im komfortablen Bereich. Klar muss sein, dass man so nicht gerade sparsam unter­wegs ist.

Gut 7 l/sm laufen durch die Sprit­leitung, und nur dank des riesigen, 5000 l Diesel fassenden Tankssystems kommt man 602 sm (plus 15% Reserve) weit. Als Langstreckengeschwindigkeit gibt die Werft etwa 9 kn an; dann liegt der Ver­brauch bei rund 2 l/sm, und es ergeben sich 2225 sm plus Reserve – eine Reichwei­te, die Anton van den Bos demnächst mit einem Törn über den Atlantik selbst „überprüfen" will.

Damit die Fahrt dabei möglichst ruhig verläuft, hat sich der Eigner unseres Test­boots einen Seakeeper einbauen lassen. Am Testtag (2 bis 3 Windstärken) be­kamen wir es nur mit einer mäßigen Dü­nung zu tun. Nach dem Abschalten des Stabilisierungssystems waren etwas stär­kere Schaukelbewegungen zu spüren.

Das Gleiche gilt bei schneller Kurvenfahrt, bei der sich das Boot leicht auf die Kur­venaußenseite legt und anschließend in die eigene Welle einschwingt.

Gute Kursstabilität zeigt die Elling so­ wohl bei langsamer Fahrt als auch mit er­höhten Geschwindigkeiten. Wer es sich ganz einfach machen möchte, schaltet den Autopiloten ein und muss nur noch Aus­schau halten. Das funktioniert bei schnel­ler Fahrt fast genauso gut wie bei Ver­drängerfahrt, da sich der Bug nur mäßig anhebt.

Der Blick nach achtern ist auf­ grund der geschlossenen unteren Rück­ wand nur ausreichend. Auch längere Törns sollen für den Skip­per nicht zu ungemütlich werden, deshalb steht auf unserem Testboot eine Art Pilo­tensitz, der sich in alle Richtungen verstel­ len lässt und eine super Polsterung sowie ordentlich Seitenhalt bietet.

Gleichen Komfort genießt der Kopilot direkt neben dem Fahrer. Auf die Touchscreenmonitore hat der Fahrer genauso guten Blick wie durch die Frontscheiben aus Isolierglas, die bei Regen und Spritzwasser von drei soliden Doppelarmwischern mit Wasch­anlage sauber gehalten werden.

Damit man sich an Bord sicher bewegen kann, installiert die Werft solide Handläufe und Reling und versieht die Trittflächen mit rutschfestem Flexiteak. Lenz­ und Feuer­ löschanlage? Vorbildlich!

Das Leben an Deck findet auf einer Sitz­kombination mit Bank und freistehenden Stühlen und Tisch statt; eine gemütliche Sitzbank und Sonnenliege gibt es noch auf dem Vordeck. Unter Deck bieten drei Ka­binen Schlafmöglichkeiten für sechs Per­sonen, wobei für das Eignerpärchen die Achterkabine vorgesehen ist.

Die VIP­ Gäste schlafen in der Bugkabine und die Kinder in der Mittelkabine (hier gibt es Etagenbetten). Drei Nasszellen und die großzügige Pantry mit Sitzecke im unte­ren Bereich sowie die gemütliche Sitzecke im Salon runden das wohnliche Bild ab.

Bild NaN
Foto: Phillip Gätz