TestJeanneau Merry Fisher 695 - Glücklicher Fang

Peter Laessig

 · 29.01.2017

Test: Jeanneau Merry Fisher 695 - Glücklicher FangFoto: Dieter Wanke
Jeanneau Merry Fisher 695

Einfach, gediegen und wirksam umgesetzt: Die Jeanneau Merry Fisher 695 ist ein Kajütboot nicht nur für Angler

Jeanneau Merry Fisher 695
Foto: Dieter Wanke

Die französische Werft Jeanneau baut momentan sieben Boote von sechs bis neun Meter Länge mit unterschiedlichem Kabinenaufbau in der Baureihe Merry Fisher. Sie stammen urspünglich aus der Sportfischerei, und als Antrieb sind ausschließlich ein oder zwei Außenbordmotoren vorgesehen.

Wir fahren eine Merry Fisher 695, ein klassisch aussehendes Kajütboot mit bis zu vier Schlafplätzen und einer separaten "Nasszelle", die man mitbestellen kann.

Die maximale Motorisierung beträgt 175 PS. Wer damit über Land will, braucht je nach Aus­stattung einen Trailer ab 1700 kg Zu­ladung plus das passende Fahrzeug ab 2,5 t Zuglast.

Hinsichtlich der Verarbeitung macht das Boot außen und innen einen grund­soliden Eindruck. Hätte das Testboot nicht so viele Ecken und Kanten, an denen Kabel und Schläuche scheuern und man sich stoßen kann, fiele die Note dafür auch besser aus. Ansonsten passt alles.

Ein Motor und ein Kajütboot, da ist ein Bugstrahlruder wie im Testboot ein hilfreiches Extrazubehör; bei Seitenwind und Querströmung hilft es beim An- und Ab­legen, auch wenn unser Testboot in langsamer Fahrt vor- und rückwärts dahin fährt, wo es hinsoll, und ein Drehkreisdurchmesser weniger als 2 ½ Bootslängen beträgt.

Sobald der Motor wenigstens 1500 U/min dreht, muss man den Kurs nur selten korrigieren, und vom Boot erzeugte Wellen stören kaum.

Ab 11 kn Fahrt oder 3000 U/min beginnt das Testboot zu gleiten; mit 21 kn (4000 U/min) ist man
in schneller Gleit­fahrt wirtschaftlich unterwegs und kommt 120 sm weit plus 15 % Reserve.

Gut: Bei Vollgas bleibt der Motor 100 U/min un­ter dem erlaubten Dreh­zahlmaximum und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von etwas mehr als 33 kn. Die Voraussicht bleibt beim Übergang von Verdränger- in Gleitfahrt stets optimal, auch wenn man den Motor nicht ganz beigetrimmt hat.

Das Thema Extremmanöver fällt kurz aus, da der Propeller schnell zum Ventilieren neigt, wenn die Kurvendurchmesser in Gleitfahrt weniger als zwei Bootslängen betragen.

Und bleibt dabei der Trimm in optimaler Fahrstellung, schnappt der Propeller früher nach Luft und verlangt, neu anzufahren. Bei einem Kurvendurchmesser von mehr als drei Bootslängen geht es normal herum.

Bei den 180°-Wenden geht es in einem Rutsch herum, ohne dass der Rumpf einhakt oder schaukelt. Während des Slalomtests pendelt das Testboot leicht, aber ungefährlich über die Längsachse, und beim Verreißen des Ruders folgt es sicher dem eingeschlagenen Kurs. Damit können die Fahreigenschaften auch im Extremfall als insgesamt sicher und problemlos bewertet werden.

Beim Queren von Wellen der Berufsschifffahrt auf dem Main machen sich diese in schneller Fahrt akustisch bemerkbar, und wenn man Kabbelwasser überfährt, fühlt sich das an, als rattere man mit dem Auto über Kopfsteinpflaster.


Sportlichkeit ist angesagt, um auf den Fahrer-Schalensitz zu gelangen. Einmal oben, vermeiden wir es, ihn vorzuschieben und im vorderen Bereich zu sitzen. Er ist auf ein Brett montiert, das zurückgeklappt die Arbeitsfläche der darunter angeordneten Pantry freigibt; der Haltemechanismus besteht nur aus einem kleinen, nicht vertrauenswürdigen Riegel.

Dieser hat schon bei anderen Tests bewiesen, dass er nicht hält. Dafür ist die Sicht nach allen Seiten gegeben, sofern man sich nicht am hellen Untergrund stört, der sich in den Scheiben spiegelt. Beifahrer müssen den vorderen Teil der Dinette umbauen, um im Sitzen nach vorn schauen zu können.

Das Armaturenbrett ist mit zwei Yamaha-Instrumenten und Kompass in Bootsmitte vor der Scheibe nicht wirklich ausgefüllt, sodass noch ausreichend Platz für einen kleinen Kartenplotter vorhanden ist.

Der Außenborder ist am Heck fest verbolzt, Kabel und Schläuche stecken in Leerrohren. Wie leichtgängig die hydraulische Steuerung arbeitet, hängt von Geschwindigkeit und Trimmstellung ab. Der Kunststoff-Kraftstofftank steckt unter dem Cockpitboden und ist gegenüber dem Bodenstaufach abgeschottet.

Darin gelangt man an den Kraftstoffvorfilter mit Wasserabscheider und Batterie. Die Hauptschalter sind gut sichtbar am Kabineneingang und eine Handlenzpumpe in der Cockpitrückwand unterhalb des Ausgangs eingebaut.
Über asymmetrische Seitendecks – das an Backbord ist schmaler – geht es nach vorn auf das Vordeck zum Sonnen oder zum Ankerkasten.

Passend montierte Haltegriffe, Handläufe und Reling sichern den Weg. Dass die in Deutschland zugelassenen Navigationslampen nicht zur Serie zählen, führt zur Abwertung. Bei einem Kajütboot ist ein Verdeck kein Muss, wäre aber eine sinnvolle Ausstattung.


Unser Testboot ist mit einem separaten Toilettenraum ausgestattet, der die Liegefläche vorn beschränkt. Für vier Erwachsene kann es zum Schlafen eng werden, auch wenn man die Dinette zur Koje hinzunimmt.

Der Pantryblock fällt mit Stauraum, Waschbecken und Platz für den wegnehmbaren Gaskocher minimalistisch aus. Platz für den Kühlschrank ist gegenüber in der Dinette.
Das selbstlenzende Cockpit kann mit Sitzgelegenheiten und Cockpittisch zur Liege umgewandelt werden, wenn man diese Zusatzfunktion bestellt hat. Der Heckeingang befindet sich an Steuerbord und führt achtern über die Badeplattform mit Leiter.

Datenblatt: Jeanneau Merry Fisher 695

Werft: Jeanneau

Typbezeichnung: Jeanneau Merry Fisher 695

CE-Kategorie: C - Küstennahe Gewässer

Material von Rumpf und Deck: Kunststoff

Länge: 6,55 m

Breite: 2,54 m

Verdrängung: 1,40 t

Preis: 46.050,00 €