TestÖchsner 20 Yachtline - Gute Reise!

Ralf Marquard

 · 20.02.2020

Test: Öchsner 20 Yachtline - Gute Reise!Foto: Öchsner Boote
Öchsner 20 Yachtline | ne

Mit der nur knapp sechs Meter langen 20 Yachtline stellt Öchsner ein kompaktes Kajütboot vor, auf dem trotzdem zwei Personen Urlaub machen können

Bevor man sich für den Kauf eines neuen Bootes entscheidet, stellt sich immer erst die Frage: "Wie lang soll mein Boot überhaupt sein, und was möchte ich damit machen?" Wer es trailern will, muss sich außerdem mit dem Bootsgewicht plus Trailer auseinandersetzen. Ohne aufwendiges Bremssystem ist hier das Maß aller Dinge 3,5 t. Für den normalen Mittelklasse-Pkw ist das allerdings zu viel, denn hier liegen die möglichen Anhängelasten zwischen etwa 1500 und 2000 kg. Genau in diese Kategorie passt unser Testboot, die Öchsner 20 Yachtline.

Laut Hersteller kommt man mit kleinster Motorisierung, wenig Ausrüstung und Trailer auf ein Gesamtgewicht ab 1400 kg. Diese Zuglast schafft sogar noch die automobile Kompaktklasse wie der VW Golf.

Die Kabine mit Doppelkoje und separatem Toilettenraum stehen im Fokus der Ausstattung, denn sie bieten den Komfort, den man zum Übernachten mit zwei erwachsenen Personen zu schätzen weiß. Außerdem bringen sie die wirkliche Freiheit auf dem Wasser mit sich: Längere Touren oder Übernachtungen in Ankerbuchten sind kein Problem mehr. Die nötige Liegefläche (etwa 1,78 x 1,95 m) ergibt sich nach dem schnellen Umbau einer fest gepolsterten Sitzbank. Die Polsterbezüge sind aus typisch glattem Kunstleder, das keine Feuchtigkeit nach unten entweichen lässt. Optional empfiehlt die Werft dünne atmungsaktive Spezialauflagen, die man gegen Aufpreis bekommt.

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Foto: Sven Küffner

In den Kabinenbereich gelangt man über einen Niedergang mit Schiebetür (mit Arretierung) und Stufe. An Steuerbord befindet sich der bereits erwähnte Toilettenraum und gegenüber steht ein Schränkchen mit Spüle zum Händewaschen, Zähneputzen oder, um auch mal das Geschirr abzuspülen. In den Stauraum unter der Spüle passt ein Kompressorkühlschrank; ansonsten wäre ein Kühlbox möglich, beide kosten jeweils Aufpreis. Gelüftet wird der Unterdeckbereich mit zwei Bullaugen und Fluchtluk. Im Cockpit sitzt die Fahrgemeinschaft auf einer U-Bank, die sich selbstverständlich zur Sonnenliege wandeln lässt.

Eine besonders pfiffige Idee: Das vordere Polster der Doppelkoje passt genau in die Mitte der Cockpitsitzecke – das spart Stauraum.

Wer nach dem heißen Sonnenbad eine Abkühlung benötigt, krabbelt direkt von der Sonnenliege über den Heckdurchgang auf die geteilte Badeplattform und steigt über die passend dimensionierte Leiter mit Griffbügeln an der Oberseite ins Wasser. Andersherum geht es ebenso gut, was auch für das Ausklappen der Leiter gilt. Also Pluspunkte nicht nur für den Komfort, sondern auch im Bereich Sicherheit.

In diese Rubrik gehört außerdem das Steckshot am Heckdurchgang, mit dem man besonders für kleine Kinder den Weg zur Badeplattform versperrt. Um auf das Vordeck zu gelangen, gibt es schmale Seitendecks von etwa 0,10 m Breite. Mit der Reling und den Handläufen kann man halbwegs nach vorn klettern, bei Seegang jedoch kein besonders komfortabler Weg.

"Das muss man auch nicht", so Sven Küffner, kaufmännischer Leiter bei Boote Öchsner. "Man öffnet einfach das Fluchtluk von innen, steckt den Oberkörper und Arme durch und belegt die Klampen oder bedient von dort sogar den Anker", erklärt er mir.

Haltemöglichkeiten sind im selbstlenzenden Cockpit in ausreichender Anzahl vorhanden. Gleiches gilt für Feuerlöscher, elektrische Bilgenpumpe und einer losen Handlenzpumpe.

Nun zum Fahren: Als Motorisierung empfiehlt die Werft Außenborder zwischen 60 und 100 PS. Wir fuhren mit dem kleinsten Motor, denn damit wollte man uns zeigen, dass gar nicht so viel Leistung nötig ist, um ins Gleiten zu kommen. Hierfür hat sich das Öchsner-Team etwas Besonderes einfallen lassen. Ruckzuck war die halbe Belegschaft an Bord und wir fuhren mit sechs Personen. Dass die Beschleunigungsphase nun nicht gerade turbomäßig ausfallen kann, muss jedem klar sein, doch trotz der vier Personen hinten sowie Fahrer und Beifahrer, schafft der Motor es, die 20 Yachtline ohne Trimmhilfe in Gleitfahrt zu bringen.

Die weiteren Messfahrten haben wir allerdings nur zu zweit absolviert. Die wirtschaftlichste Gleitfahrt liegt bei einer recht hohen Drehzahl, was mit der geringen Motorleistung zu erklären ist. Dank des großen Tanks kommt man jedoch selbst mit Vollgas (22,6 kn) noch spürbar weiter als die von uns empfohlenen 100 sm für diese Art von Bootstyp. Der Powertrimm steht dann auf etwa 1/4. Bei schnellen Kurven gehört er ganz an den Spiegel getrimmt, damit der Propeller möglichst spät Luft zieht. Aber auch mit Trimm down zieht er irgendwann Luft und man muss neu anfahren. Die Wende auf dem Main ist jedoch ohne Luftschnappen möglich.

Auf Slalomkursen und beim Verreißen der Lenkung hat der Skipper alles fest im Griff.

Besonders positiv fiel dabei die Lenkung mit ihrer Leichtgängigkeit auf. Normal ausfallende Wendekreise und das direkte Umsteuerverhalten garantieren sicheres Anlegen. Bei langsamer Fahrt kommt ebenfalls keine Hektik auf, da das Ruder nur ab und zu leicht korrigiert werden muss. Gute Seitenstabilität garantiert der breite Wide-Beam-Rumpf.

Die Schaltung lässt sich leichtgängig und exakt bedienen. Es fällt jedoch auf, dass bei Vollgas der Schalthebel dicht am Steuerrad steht und die rechte Lenkhand behindert – besonders im Sitzen stört das. Ihren Platz finden Fahrer und Beifahrer auf fest gepolsterten Sportsitzen, die sich drehen und somit in die Sitzecke integrieren lassen.

Geschützt wird die Fahrgemeinschaft von einer Plexiglasscheibe in einem stabilen Alurahmen. Einen Scheibenwischer gibt es nicht, dafür hat die Scheibe laut Werft eine Nanobeschichtung, die das Regenwasser gut abperlen lässt. Ob das wirklich stimmt, konnten wir nicht testen, da es nicht geregnet hat.

Die Motorinstrumente hat der Skipper gut im Blick, gleiches gilt auch für den Kartenplotter, der jedoch wie alle Navigationsinstrumente auf der Zubehörliste steht. Um sich möglichst vollständig auszurüsten, bietet die Firma Öchsner eine Reihe von Zubehörpaketen an. Einige empfehlen wir dabei dringend, denn ansonsten hat man für die Sicherheit und den Komfort wichtiges Zubehör nicht mit an Bord, wie beispielsweise Lenzpumpen, elektrisches Signalhorn, die in ganz Deutschland zugelassene Navigationsbeleuchtung oder die Persenning.

Über die Verarbeitung bei der Öchsner 20 Yachtline muss man sich keine großen Gedanken machen, denn alles ist sorgfältig ausgeführt. Das beginnt bei den sauber versiegelten Schnittkanten, erstreckt sich über ordentliche Durchgangsschrauben an Klampen und Handläufen, bis hin zu den erstklassig vernähten Polstern. Mit gleicher Sorgfalt wurde bei den Installationen gearbeitet. Hierzu gehören beispielsweise übersichtlich und fest verlegte Leitungen, zwei Schellen an den Spritschlauchanschlüssen, Benzinhahn, Filterpatrone, Wahlschalter, fest verzurrte Batterien und ein Schalterpaneel mit Sicherungen.

FAZIT

Die Öchsner 20 Yachtline ist ein gut trailerbares Kajütboot, auf dem zwei Personen prima reisen. Der Ausflug mit Freunden ist ebenfalls gut möglich. Die 60 PS sind in Ordnung, doch wer häufiger schneller fahren will, sollte in einen größeren Motor investieren.

Diesen Test lesen Sie in der März-Ausgabe 2019 von BOOTE.