TestÖchsner Yachtline 30 - Trailerbares 30-Fuß-Boot

Ralf Marquard

 · 30.10.2017

Test: Öchsner Yachtline 30 - Trailerbares 30-Fuß-BootFoto: Felix Kästle
Test Öchsner SR30 Yachtline | ne

Öchsner SR30 Yachtline: Ein Kajütboot, das auf Trailerbarkeit und Reisekomfort getrimmt ist. Wir fuhren das erste Serienmodell auf dem Bodensee

Dieser Test erschien in BOOTE-Ausgabe 12/16. Aktuelle Tests lesen Sie im gedruckten Magazin oder in der Digitalen Ausgabe.

Wer sein Boot noch einfach auf einem normal gebremsten Trai­ler transportieren möchte, kommt an den technischen Daten von 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht (Trailer samt Boot) und einer Breite von 2,55 m (darüber benötigt man eine Sondergenehmigung) nicht vorbei.

Die Krux ist nur, dass sich mit zunehmender Bootslänge das Gewicht erhöht und die Seitenstabilität bei gleich bleibender Breite abnimmt.
Öchsner SR30 Yachtline: Vollgasfahrt
Foto: Felix Kästle

Letzteres löst Konstrukteur Dieter Öchsner bei seiner SR30 Yachtline mit dem sogenannten Wide-Beam-Rumpf, bei dem das untere Rumpfteil breiter ausfällt als bei einem herkömmlichen V-Rumpf. Nachteil dieser Konstruktion: Das Boot muss aus zwei Rumpfhälften hergestellt werden, was natürlich aufwendiger und damit auch teurer ist.

Das Gewichtsproblem – es handelt sich immerhin um ein 30-Fuß-Boot – bekommt die Werft mit der GFK-Waben­struktur in den Griff. Dabei werden zwischen der Außen- und Innenschale Waben eingearbeitet, die der Konstruktion Stabilität geben, gleichzeitig aber das Gewicht kaum erhöhen.

Die Angaben im Prospekt und das tatsächliche Gewicht weichen häufig erheblich voneinander ab.

Von unserem Testboot liegt uns ein Wiegeprotokoll vor, auf dem ein Gewicht von 3440 kg samt Trailer vermerkt ist. Mitgewogen wurden das Ausstattungspaket "First Edition", ein zweiter Kühlschrank, Anker, Ketten und zwei Elektrowinschen sowie ungefähr 50 l Benzin.

Sollte der Kunde immer noch miss­trauisch sein, verspricht die Firma Öchsner, beim Übergabetermin zusammen zur öffentlichen Waage zu fahren, um das tatsächliche Gewicht zu ermitteln. Eines sollte sich der Straßenkapitän jedoch klar­machen: Wasser- und Fäkalientank müssen leer sein, und zu viel Ausrüstung, Lebensmittel und Klamotten dürfen sich ebenfalls nicht an Bord befinden.

Fahren und Manövrieren

Bei der Motorisierung stehen sowohl Diesel- wie auch Benzin-Innenborder aus dem Hause Volvo Penta zur Wahl. Wir fahren mit der kräftigsten Ausführung, einem V6-280-CE-G (Katalysatormodell) mit Duoprop-Antrieb. Der bringt das Boot zügig von Verdränger- in Gleitfahrt (1900 U/min bis 3200 U/min).

Die Voraussicht bleibt dabei passabel erhalten, und um den Powertrim braucht man sich nicht zu kümmern, da der Volvo einen Trimm­assis­tenten besitzt, der automatisch den optimalen Trimmwinkel einstellt. Die Trimmklappen benötigten man nur bei Schräg­­lage.

Mit der Automatik erreichen wir eine Spitzengeschwindigkeit von fast 35 kn und eine rechnerische Reichweite von 114 sm plus 15 % Reserve. Wirtschaftlich gleitet die Yachtline zwischen etwa 20 und 24 kn; dann verbraucht der V6-Benziner 1,44 l/sm, und es ergibt sich eine respektable Reichweite von fast 180 sm.

Schnelle Kurven absolviert der Rumpf ohne Haken oder Schaukeln souverän; in Steuerbordkreisen neigt der Duoprop zwar zum Luftschnappen, was sich mit einem kurzen Gaswegnehmen jedoch schnell wieder beheben lässt. Auf Slalomkursen und beim Verreißen der Lenkung gibt es ebenfalls keine unangenehmen Überraschungen.

Gleiches gilt beim Überfahren der Dampferwellen auf dem Bodensee, hier setzt der Rumpf mit etwa 25 kn weich und trocken ein. Auf langsamen Kursen giert die SR30 Yachtline (der Bug schwenkt selbstständig hin und her); hier gilt: am besten pendeln lassen und nur wenig ausgleichen, damit man nicht wieder gleich zu weit zur anderen Seite steuert. Im Hafen überzeugen enge Wendekreise, und das Bugstrahlruder ermöglicht ein schnelles Schwenken der Nase, was sich besonders bei Wind von Vorteil zeigt.

Lenkung, Bug­strahlruder und Schaltung lassen sich gut handhaben; das trifft auch auf das "Glass Cockpit" von Volvo Penta zu. Mit dem Touchscreen kann man die Motordaten genauso abrufen wie alle Navigationsfunktionen. Besonderer Le­cker­bissen: Die Einheit ist mit mobilen End­geräten koppelbar.

Bei aller Elektronik hat die Werft vorbildlicherweise nicht den analogen Kompass vergessen, der auch bei Stromausfall den richtigen Weg zeigt.

Seinen Sitzplatz findet der Fahrer auf einer gut gepolsterten Bank; der Abstand zwischen dieser und dem Lenkrad fällt für die Fahrt im Stehen ausreichend groß aus. Die ungetönte Windschutzscheibe besteht aus Plexiglas. Nachteil: Ein Scheibenwischer würde das Material schnell zerkratzen, weshalb auch keiner installiert wurde. Wer jedoch schon einmal bei Regen ohne Scheibenwischer unterwegs war, weiß, was es heißt, nur durch eine mit Tropfen übersäte Scheibe zu schauen.

Motor, Tank, Elektrik

Über eine Klappe (mit zwei Gasdruckdämpfern) im Cockpit erreicht man den Motorraum, den Einstieg erleichtern zwei Nirobügel. Seitliche Lüftungsöffnungen mit Wasserkästen sorgen für ausreichend Frischluft, und eine 3-kg-Feuerlöschan­lage garantiert im Brandfall den nötigen Löscherfolg.

Der Techniker hat ausreichend Platz zum Hantieren, und bei der Tankanlage stehen separater Spritfilter und Absperrhahn auf der Haben-Liste. Einen ebenso guten Eindruck hinterlassen die elektrische Anlage und die gesamten Installationen. Bis auf wenige Ausnahmen gilt das auch für die Verarbeitung. An Details wie dem dicken Handlauf/Bügel, der noch einige Dellen und grobe Stellen aufweist, sieht man jedoch, dass es sich um das erste Boot dieser Art handelt.

Wohnen und Ausrüstung

Geschlafen wird auf Doppelkojen im Bug und in der Unterflurkabine. Letztere bietet sich besonders für Kinder an; als weitere Liegemöglichkeit lässt sich noch die Sitzfläche der Salonbank nutzen. Allen fehlt jedoch eine wirksame Matratzenunterlüftung.

Gegenüber der Salon­sitz­ecke ordnet der Konstrukteur die Pantry mit Spüle, Kühlschrank, Ein-Flammen-Kocher sowie Schrank mit Haltern für zehn Gedecke und die passende Arbeitsfläche an. Auch in der Nasszelle nebenan ist alles vorhanden. Die Stehhöhe von 1,62 m schränkt jedoch die Bewegungsfreiheit ein, was besonders fürs Duschen gilt. Dieses lässt sich zwar nicht so diskret, aber bequemer an der Heckdusche auf der Badeplattform erledigen.

Ein Besonderheit auf der Plattform ist die "Chill & Go"-Einheit. Diese Stufeneinrichtung steht je nach Klappstellung entweder als Gangway, Wassersitz oder Badeleiter zur Verfügung. Eine normale Badeleiter ist ebenfalls vorhanden; auf sie muss man zurückgeifen, wenn man auf der "Chill & Go"-Konstruk­tion ein Beiboot unterbringt, das sich ganz unproblematisch mit einer Winde hochziehen lässt.

Aber Achtung: Das Beiboot mit Außenborder ist nicht mitgewogen und muss somit im Zug­fahrzeug transportiert werden. Das Freiluftver­gnügen findet auf der wandelbaren Sitzecke im Cockpit und auf dem Vordeck (mit Sonnenpolster) statt, das man über den Mitteldurchgang aus­reichend sicher erreicht.

Abschließend noch ein paar Worte zum Preis: Für die "First Edi­tion"-Version liegt er bei 133 229 Euro (mit 240-PS-Benziner); wer mehr als 10 000 Euro sparen will, hat die Option auf einen Spezialdeal (das Boot dient dann als Werbeträger). Welche Bedingungen daran geknüpft sind, kann man sich beispielsweise auf der diesjährigen Boat & Fun Berlin erklären lassen, wo die Öchsner SR30 Yachtline in natura zu sehen ist.

Fazit
Die Öchsner SR30 Yachtline eignet sich für Skipper, die den Land­trans­port gern selbst übernehmen. Ihre Dimensionen passen für vierköpfige Familien oder Paare, die hin und wieder Freunde mit­nehmen möch­-
ten. Für den Komfort an Bord des Reiseboots hat sich der Konstrukteur viele praktische Lösungen wie die "Chill & Go"-Einrichtung ausgedacht.

Datenblatt: Öchsner SR 30 Yachtline