Ralf Marquard
· 02.06.2015
Parker 750 Cabin Cruiser und Daycruiser: Gleicher Rumpf, unterschiedliche Decksaufbauten. Wir vergleichen die beiden in Polen gebauten Sportboote.
Es ist zwar nicht neu, ein Unterwasserteil zu benutzen und dort verschiedene Aufbauten drauf zu setzten, aber einfach geschickt. Denn so hat die Werft weniger Entwicklungsaufwand, vereinfacht Arbeitsabläufe und spart damit nicht zuletzt Geld.
Nach diesem Prinzip werden unsere Testboote Parker 750 DC und CC gebaut. Das Kürzel "DC" steht für den Decksaufbau Daycruiser: ein Kajütboot mit Doppelkoje, WC-Raum (Extra) und riesigem Cockpit, in dem man Sitzgruppe und kleine Kocheinheit findet. Letzte ist vor dem Beifahrerplatz angeordnet und der 1-Flammen-Kocher lässt sich aus dem Handschuhfach herausziehen. Ein kleines Spülbecken ist darüber platziert und unter der Beifahrersitzbank befindet sich eine Kühlfach-Schublade. Zum Zubereiten von einfachen Snacks, Kaffee und Dosengerichten ist die Einheit völlig ausreichend. Auf der gut gepolsterten L-Bank lässt es sich bequem entspannen. Mit Hilfe einer Klapplehne kann der Beifahrersitz ruckzuck in die Sitzecke integriert werden. Wer dann noch den Tisch zusammenklappt, absenkt und mit dem Zusatzpolster belegt, hat eine super Sonnenliege. Über einen Heckausgang kommt man sicher auf die Badeplattform. Ins oder aus dem Wasser klettert man mit Hilfe einer langen Klapp-Zieh-Leiter, die sich vom Wasser einfach bedienen lässt.
Zwei Heckdurchgänge zu der geteilten Badeplattform (mit Leiter) findet man auf der "CC" (Cabin Cruiser). Hier fällt das Cockpit jedoch spürbar kleiner und mit den beiden Klappbänken auch nicht so komfortabel aus wie bei der DC.
Dafür besitzt sie ein sogenanntes Pilothouse, das Fahrer und Crew vor Wind und Wetter schützt. Für den Open-Air-Kontakt sorgen eine Dachluke, zu öffnende Seitenfenster und die große Hecktür. Außer dem Fahrstand befindet sich im Pilot-house noch eine Sitzgruppe, die für zwei Personen bequem ausfällt. Für vier wird es eng, da ist es schon bequemer, wenn sich zwei auf die Sitzbank an Steuerbord direkt am Eingang setzen.
Die Sache hat nur einen Haken: Gleichzeitig Kaffee kochen geht nicht, denn die Pantry versteckt sich – eigentlich ja pfiffig gemacht – unter der Bank. Aus der Sitzecke lässt sich eine Koje bauen, die mit 0,95 x 1,75 m für das erwachsene Pärchen zu klein ausfällt, für zwei Kinder oder einen Erwachsenen reichts dagegen. Mehr Platz zum Schlafen gibt es im Bug: Diese Doppelkoje hat Abmessungen, die für zwei reichen. Die Unterlüftung sucht man hier aber genauso vergeblich wie bei der DC-Schwester. Auch wenn es (nur) um etwa 6 cm geht, so ist dieses Mehrmaß bei der Sitzhöhe deutlich spürbar. Die CC hat mit 0,78 x 0,72 m einfach mehr Komfort in der Bugkabine zu bieten. Dafür genießen die DC-Gäste über zwei Oberlichter im Kabinendach mehr Tageslicht. Die Notluken auf den Vorschiffen fallen identisch aus.
Gleiches gilt für die Motorisierung: Unser Testduo fährt mit baugleichen 200 PS Mercury-Außenbordern (Verado). Unter-schiedliche Bootsgewichte erfordern in der Regel angepasste Propellerabmessungen. Für unsere Testkandidaten heißt das: Vierblatt und 17" Steigung für die schwerere CC-Ausführung und Dreiblatt mit 19" beim Daycruiser. Letzterer passt jedoch nicht, denn die maximalen 5600 U/min bei Vollgas sind einfach zu wenig für den Motor. Der Hersteller empfiehlt bei Volllast 5800 U/min bis 6400 U/min.
Dementsprechend liegt die wirtschaftliche Drehzahl mit 3500 U/min auch sehr niedrig, was besonders im Vergleich zur CC-Version auffällt, denn sie erreicht erst bei etwa 5000 U/min ihre Marschfahrt. Mit 23 kn verbraucht der Motor auf der CC 1,60 l/sm und die Tankladung reicht für passende 122 sm. Die DC kommt bei 19,5 kn mit 178 sm noch deutlich weiter, dieser Wert ist jedoch aufgrund des falschen Propellers mit Vorsicht zu genießen.
Die unterschiedlichen Abstimmungen und Gewichte spiegeln sich ebenfalls in der Beschleunigungsphase wider, so benötigt die CC für alles etwa 300–500 U/min mehr. Den Powertrimm darf man laut den Anzeigen bei der Cabin Cruiser auch etwas mehr anheben. Das Kabbelwasser des Rheins auf der Höhe von Köln reiten beide Rümpfe mit gut 20 kn weich, trocken und sicher ab.
Wer im ruhigen Wasser schnelle Kurven zieht, sollte diese mit Antrieb down nicht zu eng fahren, da die Boote anfangen zu schaukeln. Hierbei zeigt sich die DC einen Tick "zahmer" als die CC. Fährt man gleiche Aktion getrimmt, ziehen die Propeller Luft (bei der DC etwas später), die Rümpfe bremsen sich ab, die Propeller werden kurz wieder kraftschlüssig und das Spiel beginnt von vorn. Die Steuerungen mit Sportlenkrädern überzeugen in dieser Situation, wie auch bei Slalomkurven, durch Exaktheit und Leichtgängigkeit.
Eine gute Ruderanlage ist selbstverständlich auch fürs Manövrieren im Hafen wichtig. Beide überzeugen in diesem Punkt mit angemessenen Wendekreisen (1¼–1 ½) und direktem Umsteuerverhalten. Wer zu schnell rückwärts fährt, riskiert bei der CC ab 3000 U/min nasse Füße durch Wasser, das über den Heckeingang reinschwappt.
Bei langsamer Vorausfahrt hat der sitzende DC-Fahrer den Fensterrahmen im Blickfeld, was sich mit zunehmender Geschwindigkeit naturgemäß durch den anhebenden Bug verbessert. Ganz ungetrübte Sicht hat der CC-Pilot, der wie sein Kollege in Verdrängerfahrt nur ab und zu den Geradeauskurs korrigieren muss.
Beide Fahrer finden verstellbare Sportsitze mit komfortablen Polstern und gutem Seitenhalt. Auf der DC spiegelt sich die Sonne teilweise in der Instrumententafel aus poliertem Edelstahl. Minus für beide: Kompasse suchten wir vergeblich. Plotter und Co stehen auf der Zubehörliste und lassen sich gut in die Fahrstände integrieren.
Unterschiedlich der Weg aufs Vordeck: Beim Pilothaus geht man über ein ausreichend breites Seitendeck, das man über eine Stufe erreicht. Das weit nach außen und hinten gezogene Kajütdach schränkt dabei die Bewegungsfreiheit ein.
Den Aufstieg bei dem Schwesterboot erleichtern drei Stufen am Mitteldurchgang in der Windschutzscheibe. Auf dem Vordeck hat man oberhalb des Scheibenrahmens Handläufe, an denen man sich bis zur Reling hangelt, um dort neuen Halt zu finden. Besonderes Lob verdienen die serienmäßigen elektrischen und manuellen Lenzpumpen. Mit einem 2-kg-Feuerlöscher ist der BOOTE-Standard für Außenborderboote ebenso erfüllt.
Sicherungen und Hauptschalter sitzen an gut zugänglichen Orten. In der Standardversion installiert Parker eine 108-Ah-Batterie. Spätestens wenn eine Ankerwinsch oder Bugstrahlruder an Bord kommt, muss auch eine zweite Batterie gegen Aufpreis her. Leitungen und Schläuche verlegten die Techniker fachmännisch. Das gilt auch zum größten Teil für die Bootsverarbeitung. Hier gab es bei unseren Testbooten jedoch den ein oder anderen Kritikpunkt, wie beispielsweise schon lockere Seitenverkleidung oder scharfkantige Seitenscheiben. Punkte, die auch Händler und Werft erkannt haben und bei zukünftigen Booten verbessern wollen.
Die Parker 750 CC und DC sind grundsolide Modelle, die bis auf den fehlenden Kompass eine gute Sicherheitsausrüstung aufweisen. Die DC sieht eine Nummer sportlicher aus und bietet mit dem Cockpit ein großes Open-Air-Vergnügen. Geschützter dagegen die Fahrgemeinschaft auf dem Pilothouse, die sich besser für Schlechtwetterfahrten eignet. Mit den 200 PS-Motoren ist das Testduo ansprechend unterwegs