TestSea Ray 320 SD - Schön kreativ

Peter Laessig

 · 29.06.2018

Test: Sea Ray 320 SD - Schön kreativFoto: Morten Strauch

Sea Ray Sundancer 320: Die Werft begibt sich auf neues Terrain und folgt dabei europäischem Geschmack

Sea Ray zählt zu den Big Playern und hat vom 19 Fuß langen Bowrider bis zur 20-Meter-Flybridge-Yacht so ziemlich alles im Angebot, was einen Wassersportler begeistern kann, darunter auch unser Testboot aus der Sport-Cruiser-Serie. Die US-Werft produziert beiderseits des Großen Teichs, das Testboot entspringt in Polen seiner Form.

Das kommt der gesamten Verarbeitung zugute; hier hinterlässt unsere 320 durch die Bank einen mehr als ordentlichen Eindruck. Die Motorisierung erfolgt stets im Doppelpack, dabei stehen unterschiedlich starke Benzin- und TDI-Dieselmotoren mit Z-Antrieben zur Wahl.

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Foto: Morten Strauch
Der Clou bei unserem Testboot ist das Vorschiff. Üblicherweise kommt lediglich eine Polsterauflage als Sonnenliege zum Einsatz, die durch eine klappbare Mittelscheibe zu erreichen ist.

Komplett anders auf dem Testboot. Hier hat die Werft – erstmals bei einem Sportboot – das Vorschiff zur Lounge mit drei bequemen Diwans umfunktioniert und verwandelt so einen "simplen" Daycruiser in ein edles Boot mit einem Wohlfühlambiente, wie man es nur von den "Großen" kennt. Hinzu kommt, dass dieser Bereich bequem zugänglich ist, was neue Nutzungsmöglichkeiten auch während der Fahrt eröffnet.

Tanz auf dem Wasser

Mit zwei Motoren plus optionalem Bug­strahlruder gibt es in langsamer Fahrt vorwärts und rückwärts keine Probleme mit An- oder Ablegemanövern im Hafen. Vollkreise durchmessen mit beiden Getrieben im Vorwärtsgang knapp zwei Bootslängen und entgegengesetzt eingekuppelt eine.

Damit die vom Boot erzeugten Wellen nicht stören, begrenzen wir beide Motoren auf 1200 U/min und das Tempo auf knapp 6 kn. Gefühlt geht unser Testboot ab 3500 U/min in Gleitfahrt über, tatsächlich beginnt es aber schon ab 2630 U/min mit dem Gleitvorgang. Sitzt man hinter dem Ruder, ist der Übergang von Verdränger- in Gleitfahrt mit einer Sichtbehinderung verbunden, im Stehen nicht.

Trotz geringer Beladung, fast leerer Tanks und mit nur drei Personen an Bord drehen beide V8-Motoren im unteren Bereich des Drehzahlbands. Die 24-Zoll-Edelstahlpro­peller scheinen uns deshalb zu steil gewählt, was zwar knapp 40 kn Höchstgeschwindigkeit, aber nur 5000 U/min Maximaldrehzahl ermöglicht; der Hersteller erlaubt 400 U/min mehr.

Foto: Hersteller

Zwar gleitet das Boot bereits bei 12 kn (2850 U/min), doch man muss Gas geben, um mit einem Tempo von rund 27 kn (4000 U/min) in schneller Gleitfahrt wirtschaftlich unterwegs zu sein. Eine Tankfüllung reicht dann theoretisch für eine Wegstrecke von 162 sm plus 15 % Reserve.

Bei Vollgas sollte man sich nach etwa 115 sm und in lang­samer Fahrt nach rund 195 sm nach einer Tankstelle umsehen, um die Reserven zu erhalten. Damit erfüllt das Testboot nur in langsamer Fahrt knapp unsere Mindestreichweitenforderung, was zur Abwertung führt.

Besser sieht es beim Kapi­tel Extremmanöver aus, wo die 320 zwar deutliche Reaktionen zeigt, sich aber mit letztlich sicherem Verhalten bewährt. So muss man auf der imaginären Slalomstrecke mit starkem Pendeln über die Längs­achse rechnen. Ab Tempo 33 kn enden die 180°-Wenden mit einem kräftigen Schau­keln, und während der immer enger verlaufenden Kurven gilt es mit optimal getrimmten Antrieben unter 80 m Kurvendurchmesser die Fahrt herauszunehmen, weil die Sundancer dann lebhaft die Kurve rockt.

Mit Trim down, gewohnten Radien und normalem Tempo wird aus dem Rock ’n’ Roll ein ruhiger Kurvenwalzer. Das Kapitel Wellen und Rauwasser bleibt mangels solcher Bedingungen unbeantwortet.

Skipper und Co teilen sich eine in Längsrichtung verstellbare Sitzbank, deren klappbare Sitzflächenteil uns im Verhältnis zum Rest zu hart erscheint. Bei der Anbringung des Haltegriffes für den Bei­fah­rer links unterhalb der Sitzbank be­-steht – wie bei einigen anderen auch – Optimierungsbedarf.

Anstelle von SmartCraft-Instrumenten ist unser Testboot mit zwei Touchscreens ausgestattet, die bei entsprechender Programmierung die Motorenwerte abbilden können und Informationen über Kurs und Untergrund liefern. Ein Echolot gehört zur Standardausstattung, ein Analogkompass dagegen nicht. Im Übrigen kommt der Skipper am Fahrstand gut zurecht, und für Regen gibt es auch einen Wischer mit bescheidenem Wischfeld für den Fahrer.


Installationen und Sicherheit

Auf Knopfdruck öffnet sich der hintere Cockpitbereich samt Tisch und Sonnenliege-Heckbank. Zum Vorschein kommt ein überschaubarer, aber gut zugänglicher und wartungsfreundlicher Motorraum. Weder an den technischen noch den elektrischen Installationen haben wir etwas zu beanstanden.

Magnetventile regulieren den Spritfluss; um diesen sauber zu halten, vertraut man nur auf den Motorhersteller. Bord- und Motorstromkreise schaltet man mittels Relais vom E-Panel in der Kabine. Per Keyless Go, also ohne Zündschlüssel, aktiviert man dagegen die Motoren.

Thermosicherungen stecken entweder im Panel oder im Staukasten der Sitzbank hinter dem Fahrer. Vorbildlich: Im Motor-Tank-Raum soll ein automatischer Feuerlöscher im Notfall Schlimmstes verhindern, und mittels Handlenzpumpe samt langem Schlauch kann Wasser aus der Technik- oder Wohneinheit gelenzt werden.


Separee, Cockpit und Ausrüstung

Wie bei einem Daycruiser üblich verfügt der Wohntrakt vorn über eine zur Liege wandelbare V-Sitzbank, mittschiffs über ein separates Bad mit WC und achtern über zwei Einzelkojen unter dem Cockpit­bo­den, die bei Bedarf zu einer Fläche kombiniert werden können – vier Schlafplätze also.

Steh- und Sitzhöhen sind der Bauart geschuldet, fallen aber ak­zep­tabel aus. Unter Deck gibt es etwas Pantry-Equipment, an Deck im Cockpit noch etwas mehr.

Auf und unter Deck mangelt es nicht an Stauraum. Das Cockpit bietet reichlich Sitzgelegenheiten, Schatten spendet ein Hardtop mit manuellem Schiebedach. Achtern lässt sich die Rückenlehne zugunsten der Sonnenliege verschieben.

Auch das Lounge-Vordeck fällt nicht zu klein aus; für Sicherheit sorgt hier eine Reling, die zwar dem Sollmaß entspricht, aber gefühlt ein paar Zentimeter höher sein dürfte. Der Zugang nach vorn kann mittels Tür und Klappscheibe verschlossen werden. Passende Abdeckplanen und ein Verdeck zählen aber wie die in Deutschland zugelassenen Naviga­tionslampen zu den Extras.

Das Boot ist serienmäßig fahrfertig ausgestattet. Badeleiter, Haltegriffe, acht Belegklampen, Buganker­kasten mit Buggeschirr sind vorhanden, ebenso eine Scheuerleiste, die mehr der Zierde als dem Schutz dient. An individuelle Gestaltungsoptionen mangelt es nicht – so ist die etwa feste Badeplattform gegen Aufpreis auch absenkbar erhältlich.

Fazit:
Die Sea Ray Sundancer 320 ist ein idealer Familiencruiser. Dank der Bug-Lounge passen auch mehr als vier Gäste darauf. Die Fahreigenschaften sind sicher; solange man sich beim Tempo zurückhält und das Ruder normal bewegt, bleiben heftige Reaktionen aus. Die Verarbeitung stimmt durch die Bank. Das Boot hat was, und Konkurrenz ist noch nicht in Sichtweite.

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