Ralf Marquard
· 01.05.2020
Wir testen das Semi-Custom-Boot mit einem auffälligen Outfit. Unser Revier: die Marina Sixhaven in Amsterdam
Eins ist klar, unser Testboot, die Super Lauwersmeer Discovery 47 OC, ist schon von Weitem gut zu erkennen, denn ihr leuchtender orangefarbener Rumpf ist kaum zu übersehen. Die Farbgebung hat sich der Eigner natürlich selbst überlegt – wie so vieles an diesem Boot.
Aber genau das ist das Rezept der Super Lauwersmeer. Die Werft bietet die 47 OC als sogenanntes Semi-Custom-Boot an, das heißt, der Eigner darf mitbestimmen und viel von seinem Boot selbst planen. Bei unserem Testboot sind laut Bastiaan Jousma, Direktor und Eigentümer von Super Lauwersmeer, nur noch etwa zehn Prozent von der Standardversion übrig geblieben.
Beginnen wir unter Deck: Im Bug ist eine große Eignerkabine untergebracht, in der ein Doppelbett mit den Maßen von etwa 1,90 x 2,13 m zwei Erwachsenen viel Platz bietet. Damit das Schlafen auch zum Genuss wird, liegen unter den Matratzen vorbildlich Lattenroste. Am Kabinendach sind große Luken eingelassen, die für Licht und vor allem für frische Luft sorgen.
Tritt man von der Bugkabine in den Vorraum, findet man dort die Türen zum Toiletten- und Duschraum. An Steuerbord geht es in die Nasszelle mit einem Doppelwaschbecken und einer geräumigen Duschkabine. Der Raum gegenüber hat eine große WC-Schüssel und ein Handwaschbecken.
Noch etwas weiter Richtung Salon liegt der Eingang für die Unterflurkabine, die mit zwei Einzelkojen ausgerüstet ist, die ebenfalls mit Lattenrosten versehen sind. Wie wichtig dem Eigner diese Ausrüstung ist, erkennt man spätestens dann, wenn man an der Notkoje im riesigen Stauraum unter den Cockpitboden schaut – selbst hier ein Lattenrost.
In der offenen Plicht steht eine bequeme L-Bank, öffnet man die Hecktür zum Salon, entsteht ein riesiger, tiefer Wohnraum, was dem Ganzen einen Lounge- Charakter verleiht. Praktisch: Die Pantry liegt dann zentral. Überhaupt hat die Küche viel zu bieten, denn sie ist riesig und komplett ausgerüstet.
Da kann man sich auch schon mal ans Zubereiten von echten Menüs wagen. Diniert wird entweder im Salon oder an der bereits erwähnten Sitzecke im Heck.
Der Fahrstand befindet sich an Stb. neben dem Niedergang zu den Schlafzimmern. Hier hat sich der Eigner für einen Armlehnensessel entschieden, der fast schon selbstverständlich aus dem gleichem Leder ist wie die Salonsofas. Der Fahrersitz lässt sich drehen sowie vor- und zurückschieben.
Damit finde ich auf jeden Fall eine Einstellung, bei der ich passabel sitzen und fahren kann. Die Fahrt im Stehen ist ebenfalls gut möglich, hierfür einfach den Sitz nach achtern schieben. Über Kurs, Motordaten, Tankfüllstände und Bordnetz informieren zwei Monitore von Raymarine.
Unser Revier war der Port of Amsterdam. In der Marina Sixhaven konnten Bug- und Heckstrahlruder gleich mal ihr Können unter Beweis stellen, denn unser Liegeplatz war an einer recht engen Stelle. Wer dabei draußen auf dem Seitendeck stehen möchte, auch kein Problem, denn unser Boot konnte per Handfernbedienung (Bug-/Heckstrahl und Getriebe) gesteuert werden.
Draußen im Port of Amsterdam angekommen, bekamen wir es mit einer mäßigen Kabbelwelle zu tun, die der Rumpf butterweich durchfuhr.
Beim Kurshalten heißt die Devise "einpendeln lassen und nur wenig korrigieren". Wer dazu keine Lust hat, schaltet einfach den Autopiloten ein, was besonders auf längeren Seetörns für Entspannung sorgt. Diese Touren dürfen rein theoretisch fast 500 sm lang sein, denn bei wirtschaftlicher Fahrweise um die 1750 U/min mit gut 6 kn liegt der Verbrauch bei 1,30 l/sm, was zusammen mit dem 750-l-Tank die oben genannte Reichweite plus 15 % Reserve ergibt.
Bei Vollgas kommt man dagegen mit 172 sm nicht einmal mehr halb so weit. Bei ganz langsamen Geschwindigkeiten (3,5 kn) liegt die Reichweite im vierstelligen Bereich.
Geht es um das Thema Lautstärke, überzeugt die Super Lauwersmeer durch geringe Messwerte: Bei Vollgas sind es 66 dB/A und in Marschfahrt angenehme 55 dB/A – jeweils am Fahrerohr gemessen. Bleibt noch das Manövrieren in schneller Fahrt. Hier verhält sich das Boot verdrängertypisch und legt sich mäßig auf die Kurvenaußenseiten. Bei Einlenken muss der Skipper recht kräftige Arme haben, beim Herauslenken lässt sich das Ruder spürbar leichter drehen.
Falls es mal Probleme mit der Hydrauliklenkung gibt, lässt sich die Discovery mit einer Notpinne vom Heckstaukasten unter dem Cockpit steuern. Zur weiteren Sicherheitsausrüstung gehören Feuerlöschanlage, Feuerlöscher, doppelte Ausführung von Diesel- und Kühlwasserfiltern, Absperrhahn, Gaswarner und
Notstufe am Rumpf, um auf die Badeplattform zu klettern.
Zwei elektrische Bilgenpumpen gehören ebenfalls zur Serienausrüstung, die von BOOTE geforderte Handlenzpumpe jedoch nicht.
Wer zur täglichen Sichtkontrolle in den Motorraum möchte, klettert in den Heckstaukasten und von dort durch eine Türöffnung mit dicker Schotttür. Der Platz rund um den Motor ist großzügig bemessen, allerdings sind bei einer Stehhöhe von gut einem Meter die Servicearbeiten nur kniend möglich. Leitungen und Schläuche verlegten die Techniker fest und übersichtlich.
Bis auf einige scharfe Ecken an Fahrstandabdeckung, Kühlschrankgriff und Salontür überzeugt die Verarbeitung aller Gewerke des soliden Knickspanters aus 5 mm (Rumpf) bzw. 4 mm (Aufbauten) starkem Stahl. Einen robusten Eindruck hinterlassen außerdem die Kreuzpoller und die Reling, die die breiten, tief liegenden und rutschsicheren Seitendecks umsäumt.