TestTempest 600 - Eine Ausnahme in ihrer Klasse

Sebastian Gollasch

 · 19.01.2016

Test: Tempest 600 - Eine Ausnahme in ihrer KlasseFoto: Philip Gätz
Tempest 600 | 00

Ein italienisches RIB der beliebten trailerbaren 6-m-Klasse mit reichlich Reserve hinsichtlich der werftseitigen Maximalmotorisierung

Dass die italienische Werft Capelli sich mit dem Bau von Schlauchbooten und RIBs auskennt, zeigt das Portfolio von rund 36 Modellen in vier Kategorien. Das kleinste Boot der Marke hat eine Länge von 2,18 m, Schluss ist dann erst mit dem Top-Modell Tempest 44 bei 13,10 m. Unser Testboot bewegt sich hinsichtlich der Länge mit seinen 5,92 m in der unteren Hälfte der Modellpalette.

Die Außenabmessungen von 5,92 m in der Länge, 2,50 m in der Breite mit gefülltem Tragschlauch und einem Gewicht von etwa 1000 kg im fahrfertigen Zustand machen den Transport auf dem Landweg zu einer Leichtigkeit. Der Straßenkapitän braucht lediglich einen Trailer mit 1500 kg maximal zulässigem Gesamtgewicht und ein Zugfahrzeug mit entsprechender Anhängelast. Eine entsprechend hohe maximale Zuglast besitzen bereits Fahrzeuge der Golf-Klasse.

Tempest 600
Foto: Phillip gätz
Mit dem Kit für Bug- und Hecksonnenliege wird der Bug zum Liegefläche, auf der zwei erwachsene Personen gut Platz haben.

Ausgelegt hat die Werft die Tempest 600 laut CE-Zertifikation für küstennahe Gewässer (Kategorie: C) und Crews bis zu zwölf Personen oder eine Zuladung von 1080 kg, beziehungsweise 1300 kg mit Motor. Damit es an Bord des RIBs nicht wie in einem überfüllten Bus zugeht und sich alle auf den Füßen herumtrampeln, sollte die Crew nicht mehr als acht Personen umfassen. Platz finden die Mitreisenden auf der Doppelhecksitzbank, die neben dem Heckdurchgang installiert ist, und der U-förmigen Bugsitzgruppe. Fahrer und Beifahrer finden ihren Platz hinter dem mittig angeordneten Fahrstand auf der erhöhten Sitzbank. Um dem Skipper beim Fahren im Stehen besseren Rückenhalt zu geben, lässt sich die Lehne nach vorn verstellen.

Der für die Polster gewählte Kaltschaum ist sehr straff und die Bezüge sind gut verarbeitet, sprich die Nähte der Bezüge sind gerade und passgenau. Auf der Aufpreisliste finden Sonnenhungrige neben einer Wasserski-Schleppstange und einer Heckdusche mit 45-l-Frischwassertank noch ein Bug- und Hecksonnenliegen-Kit. Mit dessen Hilfe wird der Bug bis zum Steuerstand eine Liegefläche, auf der zwei erwachsene Personen gut Platz haben.

Der aufmerksame Leser hat sicher bemerkt, dass wir damit 10 PS über der von der Werft erlaubten Maximalleistung liegen.

Mit einigen weiteren Handgriffen kann man im Heck ebenfalls eine Liegefläche schaffen. Hierfür wird ein Einlegebrett zwischen Heck- und Steuerstandsitzbank eingesetzt und mit einem Polster bedeckt. Zusätzlich kann man die Rückenlehne der ersten Bank flach nach hinten klappen. Zum Stauen der Polster und weiterer Dinge, die nicht permanent gebraucht werden, steht unter Bugsitzgruppe, Fahrstand- und Hecksitzbank jeweils ein großer Staukasten mit Beschlägen, die man mit einem Schloss sichern kann, zur Verfügung.

Motorisiert ist unser Testboot mit dem Yamaha F150. Dieser leistet aus seinen vier Zylindern mit insgesamt 2670 ccm Hubraum 150 PS. Der aufmerksame Leser hat sicher bemerkt, dass wir damit 10 PS über der von der Werft erlaubten Maximalleistung liegen. Damit konfrontiert gibt Kris Deraedt, Besitzer des Brugge Marine Center, an, dass Capelli diesbezüglich für ihn eine Ausnahmegenehmigung ausgibt. Die von uns erreichte Höchstgeschwindigkeit liegt bei gut 46 kn.

Leiser, Sparsamer und damit weiter kommt man mit der wirtschaftlichsten Gleitfahrt, die bei dieser Kombination 21 Knoten entspricht.

Dabei laufen 1,19 l/sm Benzin durch die Kraftstoffleitung zum Motor. Der Geräuschpegel am Fahrstand beträgt bei den in dieser Situation herrschenden 5700 U/min des Motors genau 90 db/A. Leiser, Sparsamer und damit weiter kommt man mit der wirtschaftlichsten Gleitfahrt, die bei dieser Kombination aus Boot, Motor und Propeller laut Drehzahlmesser 3000 U/min oder 21 kn entspricht. Wenn man wirtschaftlich fährt, ist der 130 l fassende Kraftstofftank erst nach 155 sm bis auf die 15 % Reserve leergefahren. Lautstärkentechnisch messen wir in diesem Bereich 79 db/A, was ein befriedigender Wert ist.

Zum Thema Manövrieren bei geringer Geschwindigkeit zeigt sich die Tempest 600 ebenfalls von ihrer guten Seite. Die Wendekreise vorwärts mit eingelegtem Gang und Standdrehzahl betragen nach Steuer- und Backbord jeweils 1 ½ Bootslängen. Das Umsteuern in Rückwärtsfahrt erfolgt von Steuer- nach Backbord in vier Sekunden. Zur anderen Seite schafft es die Tempest bereits nach drei Sekunden. Der Übergang von Verdränger- in Gleitfahrt erfolgt zwischen 1500 U/min und 2300 U/min.

Zum Fahrverhalten bei Rauwasser sagen wir "ausgezeichnet". Der Rumpf gleitet ohne Krängen durch Wellen, die von vorn und der Seite kommen.

Die Voraussicht bleibt die ganze Zeit ohne Einschränkungen erhalten. Als kleinste Gleitfahrt haben wir 2500 U/min ermittelt, gute Gleitfahrt macht die Tempest jedoch erst bei 3000 U/min. Bei den Fahreigenschaften können wir keine Schwächen am Rumpf finden. Die Lenkbefehle werden direkt mittels der, bei hohen Geschwindigkeiten zu schwer gehenden, hydraulischen Lenkung an den Motor weitergegeben. Zum Fahrverhalten bei Rauwasser sagen wir "ausgezeichnet". Der Rumpf gleitet ohne Krängen durch Wellen, die von vorn und der Seite kommen.

Die Sicherheitsstandards hinsichtlich der Lenzeinrichtung der Tempest mit nur einer elektrischen und keiner manuellen Lenzpumpe genügt den BOOTE-Anforderungen nicht. Positiv anzumerken ist jedoch der Fire Port, über den man mit einem Feuerlöscher den Bereich an Bord um den Kraftstofftank löschen kann, ohne eine Luke zu öffnen. So wird verhindert, dass dem Brand noch mehr Luft zugeführt wird. Für Bewegungssicherheit auf der Tempest 600 sorgt eine durchgehende Anti-Slip-Struktur, die trocken wie auch nass rutschfest ist.

UNSER FAZIT

Die Tempest 600 ist mit dem Yamaha F150 laut CE-Zulassung übermotorisiert, kommt hinsichtlich der Fahreigenschaften mit der Leistung aber gut zurecht. Die Verarbeitung des Tragschlauchs weiß zu überzeugen. Bei den GFK-Arbeiten wünscht man sich mehr Detailliebe.

Datenblatt: Capelli Tempest 600