Peter Laessig
· 05.08.2015
Faszination pur: der ultimative Renner mit insgesamt 1450 PS Antriebsleistung aus zwei Innenbordern für den besonderen Anspruch, oder?
Der Bootsbauer Formula blickt auf einige Jahrzehnte Geschichte zurück. Angefangen hat es mit der Bootsmarke Thunderbird, die Woodie Woodson 1956 erstmalig auf den Markt brachte. Dann trat Don Aronow, der Vater und Erfinder des tiefen V-Rumpfes, in Erscheinung und gründete 1962 die Formula-Werft. Wer Aronow sagt, muss auch seine "Ableger" Donzi, Magnum und ebenso die heute noch legendäre Cigarette im gleichen Atemzug erwähnen. Die Formula 233 war einer seiner ersten tiefen V-Rümpfe, mit denen er Rennen gewann.
Formula wurde später von derselben Firma gekauft, die sich zuvor Thunderbird einverleibt hatte, und Thunderbird-Formula wiederum ging im Jahr 1976 in den Besitz der Familie Porter über – was bis heute so geblieben ist.
Damals begann ein ungebrochen anhaltender Aufstieg des Unternehmens. Anfangs liefen die Boote unter dem Namen "Thunderbird" und wurden 1974 erstmals in Deutschland angeboten. Kurz darauf hießen sie dann nur noch "Formula".
Von Anfang an achtete die Werft auf kompromisslose Qualität bis ins kleinste Detail. Dass dabei beste Materialien zum Einsatz kommen und Wert auf höchste Präzision beim Bau der Boote gelegt wird, versteht sich von selbst. Auch verfolgte man stets konsequent den Weg, Boot und Rumpf noch zu verbessern. Ein Ergebnis ist der heutige FAS³TECH-Rumpf, der erstmals im Jahr 1996 vorgestellt wurde, und der sich durch sein exzellentes Lauf- und feinstes Rauwasserverhalten auszeichnet. Er hat einen tiefen V-Rumpf mit 24-Grad-Aufkimmung, was für weichen Lauf bei Wellen und Rauwasser sorgt, und quer verlaufende Stufen reduzieren den Wasserwiderstand.
Die Motorenauswahl für die Fomula 382 FAS³TECH reicht von einem 300-PS-Otto-Motor bis hin zu zweimal 725 PS. Aber auch Diesel sind im Angebot, von einmal 400 PS bis zweimal 500 PS. Und für den Bodensee kann man sich von Ilmor entweder einen V8 mit 372 PS oder den gleichen im Doppelpack mit Katalysator und Bodenseezulassung einbauen lassen.
Wir fahren die Formula 382 FAS³TECH mit zwei Ilmor MV10, die jeweils aus 8,4 l Hubraum 725 PS hervorbringen. Für Vortrieb sorgen von der gleichen Firma zwei Indy-Z-Antriebe, auf denen gegenläufige Edelstahlpropeller montiert sind. Es handelt sich hierbei um Oberflächenantriebe. Das heißt, die Propeller befinden sich nicht, wie bei herkömmlichen Antrieben, tief im Wasser, sondern nahe an der Wasseroberfläche. Und in Fahrt arbeiten die Propeller sowohl im Wasser als auch in der Luft. Das charakteristische Merkmal dieser Antriebsart sind die Wasserfahnen oder auch "Roostertails", deutsch "Hahnenschwänze", die sich während der Fahrt hinter den Booten ausbreiten.
Allerdings hindern diese Antriebe samt Propeller das Boot im Hafen auch daran, auf engster Stelle zu drehen, wie man es sonst von gegenläufigen Antrieben gewohnt ist, wenn einer auf "voraus" und der andere auf "rückwärts" geschaltet ist. Es gelingt, wenn man den rückwärts drehenden Propeller schneller drehen lässt. Ansonsten ist es so, dass das Boot, wenn beide Getriebe auf "voraus" stehen, innerhalb von knapp zwei Bootslängen einen Vollkreis dreht. Bei niedrigsten Drehzahlen (650/min) ist man mit 5,6 kn unterwegs, und wenn man nur einen Antriebsstrang schaltet, einen Knoten langsamer.
Wie für Oberflächenantriebe üblich, gibt es nur zwei Fahrstufen, langsam als Verdränger oder schnell als Gleiter. Die Grenze liegt bei 3000/min plus ganz ausgefahrenen Trimmklappen und ganz beigetrimmten Antrieben. Dann ist man mit etwa 23 kn unterwegs. Diese Einstellungen gilt es auch beizubehalten, soll in langsamster Gleitfahrt die Voraussicht erhalten bleiben. Bleiben die Trimmklappen ganz ausgefahren, drehen die Motoren bei Vollgas nicht höher als 4000/min, und man hat das Gefühl, mit angezogener Handbremse unterwegs zu sein, aber auch mit spektakulären Trimmklappen-Fontänen.
Die Formula 382 FT ist zweifellos eine Fahrmaschine, die in jeder Fahrstufe feinjustiert werden möchte, was bedeutet, dass Power-Trimm und Trimmklappen harmonieren müssen. Insbesondere der Power-Trimm verlangt nach einem "sensiblen Händchen", denn mit dem Trimmen bestimmt man letztlich die Geschwindigkeit.
Harmonieren Drehzahlen und Trimm nicht miteinander, neigt die 382 FT zum Wippen, aber ohne sich aufzuschaukeln. Stimmen alle Parameter, ist das Boot mit den V10-Ilmor-Motoren mit knapp 84 kn unterwegs – so die Werftmessung. Das haben wir auf dem Rhein nicht ganz geschafft; da wir mit vollen Tanks fuhren, fehlen uns 4 kn.
Wer denkt, dass das Ganze mit Krawall und Lärm verbunden ist, der irrt. Die Auspuffgase werden durch einen Schalldämpfer ins Wasser geleitet. Wir haben bei Marschfahrt am Fahrstand 78 dB/A gemessen, und Marschfahrt heißt 3000/min. Bei den Verbrauchsmessungen greifen wir auf Werftdaten zurück, wo man in langsamer Fahrt (6 kn) mit einer Tankfüllung theoretisch knapp 160 sm weit kommt, zuzüglich 15 % Reserve. Wirtschaftlich ist man zwischen 3000–4000/min bei einem Tempo von 31–51 kn unterwegs und schafft eine Wegstrecke von etwa 180 sm, bei Vollgas knapp 120 sm, bis die Reserve angegriffen wird.
Die schnell gefahrenen Kurven auf dem Rhein sind wir weitläufig mit ganz beigetrimmten Antrieben und einem Tempo von 50 kn angegangen. Bei engeren Kurven mit hohem Tempo gilt es ebenfalls "Antriebe auf unterste Stellung", sonst beginnt das Boot bockig zu werden und seitlich zu schaukeln, mit der Tendenz leicht einzuhaken. Langsam gefahrene Kurven bereiten dagegen kein Probleme.
Fahrer und Beifahrer sitzen oder stehen in feinstem Gestühl "sicher wie in Abrahams Schoß". Eine Augenweide ist der Fahrstand, bei dessen Anblick jeder Technikbegeisterte leuchtende Augen bekommt. Die Windschutzscheibe des Bootes ist uns allerdings zu niedrig – man bekommt den vollen Fahrtwind ab. Wen das stört, dem bleibt nichts anderes übrig, als sich zu ducken. Fast vergessen: Eine Kabine mit Koje sowie Kühlschrank, separater Toilettenraum und Sonnenliege sind auch vorhanden, und im ganzen Boot gibt’s reichlich Stauraum.
Fazit:
Auch wenn die Formula FAS³TECH schon eine Zeit am Markt ist, so bleibt sie ein ansprechendes Boot, das in seiner Art positiv aus der Rolle fällt – und dem Fahrer Gespür fürs Trimmen abverlangt.