Sören Gehlhaus
· 30.11.2023
Explorer sind langsam, Flugzeuge sind schnell. Passt nicht zusammen? Doch, die Kreuzung aus beidem ist „Maverick“, ein Flexplorer! Bereits der Name des 44 Meter langen Explorers verweist auf Top Gun, die graue Lackierung ist im Stile eines Kampfjets gehalten und die schwarzen Flügel auf dem Topdeck erinnern an das abgewinkelte Doppelleitwerk der F-14A Tomcat, jenem Ur-Flugzeugtyp aus dem ersten Top-Gun-Film. Auf dem achternen Schanzkleid prangt sogar der volle Name des von Tom Cruise gespielten Piloten Lt. Pete „Maverick“ Mitchell, natürlich in einer an die der U.S. Navy angelehnten Schriftart. Keine Frage, hier kommt ein Filmfan an Bord des Vize-Flaggschiffs von Cantiere delle Marche (CdM). Sein Name: Tom Schröder.
Zur feierlichen Wasserung reiste Schröder mit seiner Ehefrau Jeannine und den vier Söhnen an. Der Deutsche ist aus einem weiteren Grund kein gewöhnlicher CdM-Kunde. Tom Schröder ist Investor und lernte während des Baus die Philosophie und Qualität der Werft aus Ancona so sehr zu schätzen, dass er im November 2022 eine 75-prozentige Mehrheit an ihr übernahm. Die restlichen 25 Prozent entfallen auf das Management um die CEOs und Gründer Vasco Buonpensiere und Ennio Cecchini.
Die Flexplorer-Linie führte Cantiere delle Marche 2021 mit der 40 Meter langen „Aurelia“ ein. „Maverick“ übernimmt das Konzept mit Innengestaltung von Francesco Paszkowski und Linien von Hydro Tec. Dazu Tom Schröder: „Ihr Aussehen übertrifft alle unsere Erwartungen – alle Designelemente passen perfekt zusammen. Sie strahlt Kraft und Robustheit, aber auch eine gewisse Eleganz aus. Sie ist ein Explorer, wie er schöner nicht sein könnte. Wir können es kaum erwarten, die Werft im März zu verlassen und unsere Weltreise zu beginnen.“ Auf der ersten Etappe soll „Maverick“ in hohe Breitengrade vordringen, mit 22 Millimeter dickem Eisgürtel entlang der Wasserlinie und bis zu 15 Knoten. Die Route schließt Island, Grönland und nördliche kanadische Küsten und Flussmündungen ein, wobei es – mit 64 000 Liter Diesel in den Bunkern und zehn Knoten Fahrt – nonstop 5000 Seemeilen weit geht.
Das Kunstwort Flexplorer spielt im eigentlichen Sinn auf die flexible Nutzung des Achterdecks an. Das kann Explorer-typisch mit Tendern und Toys zugeparkt werden, verzichtet aber auf einen sperrigen Teleskopkran. Stattdessen taucht der A-Frame-Kran von „Maverick“ unter Deck ab und sorgt bei Nichtnutzung für eine schiere Oberfläche. Bei abgeklapptem Schanzkleid wird eine 135 Quadratmeter große „Strandfläche“ aufgeworfen. Auch der rechteckige Pool in der Mitte kann gedeckelt werden, im leeren Zustand landen darin die Decksmöbel. Ein Deck tiefer warten Gym, Sauna und Tauchcenter.
An dem trapezförmigen Carbonkran von Advanced Mechanical Solutions hängt demnächst der Vier-Tonnen-Tender. Der 9,55 Meter lange Einzelbau geht beinahe als Versorger durch und wurde von der Eignerfamilie mit Valerio Rivellini entwickelt. Den Bauplatz stellte Cantiere delle Marche, Aluminium kam für den Rumpf und Carbon für den Aufbau zum Einsatz. Der Clou: Ganz wie das Mutterschiff verfügt der schwimmende Satellit über ein großes Achterdeck. Statt den Rescue Tender im Vorschiff oder neben dem Großen an Deck zu lagern, wird der Williams 435 Sportjet von „Iceman“ über eine Winsch im Cockpit „huckepack“ genommen. Das spart Platz und schafft Flexibilität. An Bord des Viertonners zwei Seabobs, zwei Sechs-Meter-Kanus, vier E-Foils von Aerofoils sowie Angel- und Tauchausrüstung einschließlich sechs Pressluftflaschen. Im Tendermodus werden bis zu zwölf Gäste geshuttlet, die dank 50 Zentimeter Tiefgang nah an die Küste kommen. Für kurze Passagen verbleibt „Iceman“ im Wasser und wird hinterher gezogen.
Während des Rohbaus erhielt „Maverick“ ein zusätzliches Deck und reicht entsprechend hoch. Für Rollstabilität sorgen zwei Paar Flossenstabilisatoren. Wie beim Schwesterschiff „Aurelia“ ist das Hauptdeck asymmetrisch angelegt mit alleinigem Laufdeck an Backbord. Das generelle Layout erläuterte Eigner Tom Schröder gegenüber BOOTE EXCLUSIV sehr treffend:
„Auf dem Unterdeck sind vier Kabinen und die Crew-Area. Das Hauptdeck besteht aus dem riesigen Salon, einer offenen Galley mit Kühlraum und einer sehr großen Kabine. Das ist eigentlich die Mastersuite, aber um die ,streiten‘ sich jetzt unsere Söhne. Das jetzige Owner-Deck darüber beherbergte ursprünglich einen weiteren Salon oder eine Lounge sowie die Brücke. Während des Baus kam uns aber die Idee, dass die Brücke naturgemäß den besten Blick nach vorn hat und ein weiterer Salon keinen richtigen Mehrwert bietet, zumal der Beachclub eine Lounge mit Kino beheimatet. So entwickelten wir aus dem Oberdeck ein Eignerdeck und positionierten das Wheelhouse sowie ein üppiges Sonnendeck ein Deck höher. Als Krönung entwickelten wir für ganz oben ein Krähennest, um vom besten Platz an Bord alles im Blick zu haben.“
Tom Schröder spricht bei der 12. German Superyacht Conference über „Maverick“ und gemeinsam mit CdM-CEO Vasco Buonpensiere über Cantiere delle Marche. Das Event von BOOTE EXCLUSIV findet am 15. Februar 2024 im Hotel Hafen Hamburg statt. Tickets gibt es hier.