Mehr Technik und Innovation lassen sich auf 23 Metern kaum unterbringen. Die Liste der an Bord der Adler Suprema installierten Extras verblüfft selbst Branchenkenner; die Vielzahl an cleveren wie komplexen Detaillösungen sucht im Marktsegment der Semi-Custom-Halbgleiter seinesgleichen. So erinnert der in Zusammenarbeit mit den Bordelektronik-Profis von Böning entwickelte Steuerstand des 23,11 Meter langen Adler-Debüts viel eher an die hypermodernen Cockpits eines Tesla-Models S oder eines Bombardier-Global-6000-Privatjets als an die Kommandozentrale einer Yacht.
Der Kapitän der Adler Suprema nimmt auf einem bequemen Captain’s Chair Platz und blickt auf drei großformatige Touchscreen-Monitore. Steuerungselemente in beiden Armlehnen sorgen für eine ergonomische Arbeitshaltung. Über die Bildschirme lassen sich der Ladezustand der Bordbatterien, Informationen zur Motorleistung, der aktuelle Dieselverbrauch oder das gewählte Ambiente-Setting anzeigen – die Auswahl an Möglichkeiten ist schier unbegrenzt. Nur gut, dass die Werft bei der Übergabe eine intensive Einführung in das Bordsystem einplant.
„Wir haben zahlreiche technische Aspekte in unserer Adler Suprema realisiert, die selbst auf deutlich größeren Yachten nicht zum Standard gehören. Im Markt der Entry-Level-Formate gibt es unserer Meinung nach nichts Vergleichbares“, erzählt Adler-Yacht-Geschäftsführer Alessandro Barizzi.
Besonders viel Zeit floss während der Designphase in die Entwicklung des Hybrid Marine Solutions, kurz HMS, genannten Hybridsystems. In Kooperation mit den Firmen TTControl, Aradex und Akasol aus Deutschland und Österreich entstand innerhalb von vier Jahren ein Antriebssystem, das aus der nur 49 Tonnen verdrängenden Adler Suprema die wohl effizienteste Yacht ihrer Klasse macht – zumindest laut Spezifikation. Bei einer Reisegeschwindigkeit von acht Knoten sorgen die 5200 Liter Treibstoff im Tank für eine Reichweite von 3500 Seemeilen. Auf dem Papier stellt dies einen beachtlichen Wert dar, der, wenn auf Dauer realistisch, für neue Maßstäbe in der Antriebseffizienz sorgen wird. Selbst einer Atlantiküberquerung stünde damit nichts mehr im Weg.
Das HMS-System basiert auf zwei konventionellen Caterpillar-Motoren mit je 860 Kilowatt sowie zwei Elektromotoren mit je 100 Kilowatt Leistung und auf einer leistungsstarken Batteriebank mit einem Energiedurchsatz von 170 KWh. „Es gibt vier unterschiedliche Fahrmodi, zwischen denen der Kapitän wählen kann, je nach gewünschter Geschwindigkeit und Ladekapazität der Hybridbatterien“, erklärt Alessandro Barizzi.
Im Elektromodus fährt die Adler Suprema 45 Minuten mit bis zu zehn Knoten, bei fünf Knoten Cruisingspeed sollte die Batteriekapazität für dreieinhalb Stunden flüsterleise Fahrt reichen. Im sogenannten Hybridmodus reagiert das System auf die gefahrene Geschwindigkeit beziehungsweise die Umdrehungen der Hauptmaschine. Bis zu 600 1/min, also etwa sechs Knoten, arbeitet ausschließlich der E-Motor. Im Leistungsbereich bis 1000 1/min springt automatisch ein Dieselmotor an, der eine Welle bewegt und über einen Wellengenerator einen Elektromotor versorgt. Mit dem so erzeugten Strom wird der zweite E-Motor gespeist, der für den Antrieb der zweiten Welle zuständig ist.
Wird mehr Leistung gefordert, startet der zweite Diesel, und der Kapitän wählt, wie er das Hybridsystem nutzen möchte. So kann er einstellen, ob das System neutral laufen, die Batterien geladen werden oder Letztere für einen Powerboost sorgen sollen, um auf diese Weise der Adler Suprema über die E-Motoren Extraleistung auf die Wellen und den Kohlefaserpropeller zu liefern. „Das Antriebskonzept ist höchst flexibel und lässt sich jederzeit an die Bedürfnisse des Eigners und Kapitäns anpassen“, so der Adler-CEO.
Das technische Aufrüsten machte auch vor dem Interior nicht halt. Im Salon fährt zwar ein großformatiger Flachbildfernseher elektrisch aus dem Sideboard, als Back-up und „Spielerei“ installierte das Adler-Team auf Baunummer eins der Suprema eine drei mal ein Meter große Leinwand plus Projektor, die für maximalen Spielkonsolenspaß oder Kinovergnügen sorgt. Ein Soundsystem von Bowers & Wilkins garantiert dazu den perfekten Rundumklang. Wer bei der medialen Unterhaltung oder einer Dinnerparty im Hafen unbeobachtet sein möchte, der aktiviert über Knopfdruck die Dimmerfunktion der großflächigen Elektrochrom-Verglasung und macht die Fenster so undurchsichtig. Diese Technik ist gewiss nicht neu, doch wurde sie bis dato nie in diesem Umfang im Einstiegssegment des Superyachtings realisiert.
Dass sich das Ambiente oder das Multimedia-Angebot in jedem Raum der Adler Suprema mit einem eigenen iPad steuern lässt, versteht sich von selbst – nichts anderes hätte man nach dieser Einführung erwartet. Eine Fußbodenheizung in den Bädern auf dem Haupt- und Unterdeck zählt ebenso zum Standard wie ein in die Decke des gemütlichen Cockpits integrierter Infrarot-Heizstrahler, der auch bei kühleren Temperaturen für wohlige Wärme sorgt.
Das Standardpaket ist wohlgemerkt zu einem Preis erhältlich, der trotz Kohlefaserbauweise und Hybridantrieb deutlich unter den Angeboten der Mitbewerber liegt. „Der Basispreis der Adler Suprema beträgt, Steuern exklusive, rund drei Millionen Euro, Eigner, die auf unserer Optionsliste überall Häkchen setzen, zahlen etwa eine Million Euro mehr“, erzählt Sales- und Marketingmanager Philipp Pototschnik. „Eine Marke wie Adler Yacht in solch einem kleinen und von wenigen Unternehmen dominierten Markt zu pushen, ist recht schwierig“, ergänzt der aus Österreich stammende Marketing-Profi. „Das können wir nur schaffen, indem wir innovativer denken als die Mitbewerber und eine Yacht anbieten, die sich rein technisch deutlich von dem bisher Bekannten abhebt.“
Das Design des ersten Adler-Modells Suprema legte das Schweizer Unternehmen in die Hände der renommierten Yachtdesigner Carlo Nuvolari und Dan Lenard, die ein Exterior erschufen, das mit markant-sportlichen Linien und einem großflächig verglasten Aufbau für Aufsehen sorgt. Die Gestaltung des modernen und angenehm warmen Interiors und die intelligente Raumaufteilung verantwortete ebenfalls das erfahrene Kreativteam aus Venedig, das mit vielen Marken in der Branche eng liiert ist und dennoch für Adler Yacht eine ganz neue und frische Formensprache entwickeln konnte.
Für die Umsetzung der Theorie in die Praxis wählte das Adler-Team um Alessandro Barizzi die Werft Alto Adriatico mit Hallen in Monfalcone, die den Rumpf und die Aufbauten des Halbgleiters im Vakuuminfusionsverfahren in Negativformen und aus Kohlefasergelegen laminierten. Zwei Jahre dauerte die Fertigung des Prototypen, der in der Zwischenzeit als Showyacht im Einsatz ist. „Baunummer zwei lässt sich dank Vorarbeit an Rumpf und Aufbau in nur einem Jahr ins Wasser bringen“, so Adler-Chef Barizzi. „Der Eigner hat dann selbstverständlich alle Freiheiten bei der Gestaltung des Interiors, der Raumaufteilung und bei der Zusammenstellung der Optionen.“
Dieser Artikel erschien in der BOOTE Exclusiv-Ausgabe 04/2017 und wurde von der Redaktion im August 2023 überarbeitet.