Azimut Grande 26MKompakte Superyacht mit Pod-Antrieb

Uske Berndt

 · 07.10.2023

Vollspeed: Die Azimut Grande 26M rauscht mit bis zu 28 Knoten durch das Wasser. Dank der leichten Struktur und der Pod-Antriebe kommt sie mit rund 20 Prozent weniger Treibstoff aus als vergleichbare Modelle. Das Humphree-Trimmsystem hebt das Heck an und bringt zusätzliche Stabilität.
Foto: Werft
Azimut reichen 26 Meter aus, um die Top-Merkmale einer Superyacht unterzubringen. Die Grande 26M liefert dazu eine innovative „Deck2Deck“-Terrasse sowie einen Pod-Antrieb, der Platz und Energie spart. Alberto Mancini zeichnete die Außenlinien, Achille Salvagni das Interieur.

Das 50 Quadratmeter große Sonnendeck allein lässt sie in ihrer Liga schon hervorstechen. Allerdings punktet die Azimut Grande 26M gleich mit mehreren Merkmalen, die sie trotz ihrer „nur“ 26 Meter in die Kategorie einer Superyacht katapultieren. Laura Sandrone, Kommunikationschefin der Marke, führt in Cannes Besuchergruppen über die drei Decks und zählt auf: „Die Mastersuite auf dem vorderen Hauptdeck, das erhöhte Ruderhaus, die getrennten Wege von Gästen und Crew, und dann das hier!“ Damit bleibt die Dame am Heck stehen und präsentiert das sogenannte Deck2Deck-Prinzip. Auf Knopfdruck fährt die mit Teak beplankte Garagenklappe nach oben und vergrößert das Cockpit. Die Anwesenden nicken anerkennend.

Die Grande 26M erscheint vier Jahre nach der 27 Metri, die Werft-intern als Verkaufsschlager gehandelt wird. Diesmal kam allerdings nicht Stefano Righini als Exterieurdesigner zum Zug, sondern Alberto Mancini, der aktuell auch viel für Wettbewerber wie die Overmarine-Gruppe arbeitet und seine Handschrift auf der Oceano-Serie von Mangusta hinterlassen hat.

Klares Konzept für Grande 26M

Für die Grande 26M verfolgte der Italiener ein klares Konzept, das er so zusammenfasst: „Eine kompakte Superyacht mit fünf Suiten und einer enormen Flybridge.“ Das Deck2Deck-Konzept war auch seine Idee, eine Azimut-Innovation: „Wir planten für diese Kategorie ein ungewöhnlich großes Cockpit ein, das wir noch erweitern wollten, um eine vollwertige Dinnertafel mit Meerblick zu schaffen.“ Bei ausgeklapptem Tisch sitzen hier auf der 18 Quadratmeter großen Fläche entspannt acht Personen. „Sie können auch noch gut drum herumgehen“, kommentiert Sandrone und macht es gleich vor.

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Stehen noch mehr Gäste auf der Einladung zum Open-Air-Dinner, wird das Menü oben auf der Flybridge serviert. Der Tisch in der großen Lounge mit L-Sofa ist hoch und vor allem lang genug. Für ausreichend Sitzplätze stellt die Crew noch ein paar Stühle dazu. Mobile Möbel machen es möglich. Bei schlechtem Wetter – oder bei allzu großer Hitze – trifft man sich an der Tafel im klimatisierten Salon. Dort, vor den gigantischen Fensterflächen von Amare, wartet noch eine Besonderheit auf das Publikum: Zwischen Galley und Speiseplatz schließt eine breite Schiebetür den Übergang. Der Raumteiler wird optisch zur Wandfläche. Optional wählen die Kunden noch eine weitere Trennung, und zwar zwischen Speiseplatz und Lounge, sodass hier zwei Räume entstehen.

Was drinnen wie draußen sofort auffällt: Handläufe, Dachüberstände oder Bartresen zeigen durchweg abgerundete Ecken. Alles wirkt weich und fließt ineinander. Mancinis Prinzip lässt sich in einem Satz zusammenfassen: „Jedes Detail kommuniziert mit dem Interieur.“ Für die Gestaltung der Innenräume haben die Kunden selbstverständlich freie Designerwahl. Auf der hier präsentierten 26M zeigt ein Azimut-Favorit sein Können, Achille Salvagni mit Studios in Rom, London und New York. Das Leitmotiv des Italieners ist ebenfalls die runde Ecke, darüber hinaus spielt er mit milden Kontrasten. Sofas, Wände und Decken schimmern in Creme und Weiß, in einem ähnlichen Rhythmus schwingen Eichendielen, hölzerne Sesselgestelle und Wandpaneele mit Holzfurnier. So macht das Ensemble klar, wo man sich befindet: auf einer Yacht und im Urlaub – die perfekte Kulisse zum Entspannen. Damit es nicht allzu eintönig wird, greift der Profi in eine beliebte Trickkiste und lädt das Ambiente mit fantasievoll geformten Beistelltischen und Leuchten sowie knalligen Details auf. Auf dem Hocker liegt ein orangefarbenes Tablett, Kissen in Türkis und giftigem Grün ringen um Aufmerksamkeit. Über dem Speiseplatz sind langarmige Deckenstrahler mit Schirmchen befestigt. Deren Blau könnte dem Menü die Show stehlen. Vielfach sind das alles Entwürfe aus Salvagnis eigener Kollektion.

Getrennte Wege für Crew, Eigner und Gäste

Etwas gediegener wird es wieder in Richtung Mastersuite. Der Weg dorthin führt am erhöht platzierten Ruderhaus vorbei. Hier lässt sich das schon eingangs erwähnte Feature einer Superyacht im Kompaktformat bewundern: die strikt getrennten Laufwege. Während die Gäste inklusive Eigner über einen Treppenaufgang an Steuerbord zur Kommandozentrale gelangen, nähert sich die Crew von Backbord aus, zum Beispiel aus Richtung der Galley. Auf dieser Seite führt auch gleich ein Treppenhaus auf das Unterdeck zu den Quartieren der helfenden Hände. Um den Salon liegen auf drei Seiten breite Außendecks. So muss niemand durch die Wohnräume der Gäste laufen, um Cocktails ins Cockpit zu bringen.

In der Mastersuite haben die Fenster, wie im Salon, überdurchschnittliche Ausmaße. „Die Eigner wollen im Kontakt mit der Außenwelt sein“, erklärt Sandrone, „ganz nah am Wasser.“ In der Tat, wenn es bei Wellengang etwas höher spritzt, bleibt das auch optisch nicht verborgen. Damit der Blick auf die Elemente immer frei bleibt, empfiehlt Sandrone den zukünftigen Bewohnern: „Hier sollte man nichts vor die Scheiben stellen und so die Sicht blockieren.“

Achille Salvagnis Idee war es, „die Räume neu zu denken“. Den Schlafraum und das Bad in der Bugspitze verband er über eine offene Ankleide miteinander. Den begehbaren Kleiderschrank erhellt ein muschelförmiges Fenster, ein Umriss mit hohem Wiedererkennungswert, der sich auch im Handlauf des Treppenaufgangs zum Ruderhaus wiederfindet. Gutes Design liegt in den Details. Hinzu kommen optische Kunstgriffe, die erst auf den zweiten Blick auffallen. In den Suiten – in der Master wie in den drei VIPs plus Zweierkabine auf dem Unterdeck – verschwinden die TV-Bildschirme dezent hinter getönten Glasscheiben. An vielen Stellen bringen geschickt integrierte Magazinhalter die gedruckte Unterhaltung stets in Reichweite der Gäste.

Innovationen auf der Azimut Grande 26M

Mit der Azimut Grande 26M wollte die Marke aber nicht nur ein ausgeklügeltes Layout mit Top-Interieur präsentieren, sondern noch eine weitere Innovation. Der Antrieb läuft anders als sonst üblich auf einer Yacht dieser Größe, und zwar über Pods. ZF aus Friedrichshafen hat die dieselbetriebenen Propellergondeln entwickelt, die den Rumpf voranschieben und gleichzeitig als Ruder fungieren. Gesteuert wird elektrohydraulisch, bequem per Joystick. Mit dem für Formate bis 40 Meter abgestimmten POD-4600-System garantieren die Ingenieure einfaches Handling und beste Manöv­rier­eigenschaften, ohne Anker bleibt die Yacht auf der Stelle. Das System arbeitet zudem sehr effizient und soll bei der Grande 26M bis zu 20 Prozent Diesel einsparen – im Zusammenspiel mit dem vergleichsweise leichten Rumpf. Das rund 30 Prozent geringere Gewicht machen vielfach verwendete Carbonfasern möglich.

Dazu kommt ein weiterer Vorteil, den Azimut zum Wohl der Kunden gerne ausnutzt: Bei Pod-Konfigurationen fallen die Motorenräume deutlich flacher aus und liegen weiter im Heck. So entsteht mehr Platz im Rumpf, etwa für größere Gästesuiten oder wie bei der Grande 26M für eine zentrale Tendergarage. Diese günstige Position macht das Einholen und Wassern viel einfacher und schneller. Während der Tour stellt sich die Kraft des Antriebssystems unter Beweis. Die beiden MAN-Zwölfzylinder-Motoren speisen die ZF-Pods mit insgesamt 2420 Kilowatt Leistung. Mühelos beschleunigt die Yacht auf maximal 28 Knoten. In den Papieren wird die Reisegeschwindigkeit mit 24 Knoten angegeben.

Schwedisches Trimmsystem für optimale Fahreigenschaften

Für optimale Fahreigenschaften unter allen Bedingungen installierte Azimut Interzeptoren von Humphree. Dabei fahren Trimmklappen aus dem Heck vertikal nach unten, um Auftrieb zu erzeugen oder die Lage, auch in Kurven, zu stabilisieren. Der Widerstand wird automatisch auf jede Geschwindigkeit und Zuladung optimiert. Auch das bedeutet eine höhere Verbrauchseffizienz. Das Trimmsystem der Schweden arbeitet vollelektrisch mit zwölf bis 24 Volt, die kleine Steuereinheit passt in die Hosentasche des Kapitäns.

Ein Blick auf die Zahlen stimmt optimistisch, dass die Grande 26M locker an den Erfolg der 27 Metri anknüpfen kann. In den ersten zwei Monaten nach dem Launch meldete die Werft bereits 22 Verkäufe. Eine Megayacht im Miniformat.


Technische Daten

  • Länge über alles: 26,09 m
  • Breite: 6,30 m
  • Tiefgang: 2,04 m
  • Verdrängung (voll): 84,40 t
  • Material: GFK, Carbon
  • Motoren: 2 x MAN V12
  • Motorleistung: 2 x 1156 / 1230 kW
  • Geschwindigkeit (max.): 28 kn
  • Geschwindigkeit (Reise): 24 kn
  • Trimmsystem: Humphree
  • Kraftstoff: 8500 l
  • Wasser: 1500 l
  • Gäste: 10
  • Crew: 3
  • Konstruktion: P.L Ausonio, Azimut
  • Exterieurdesign: Alberto Mancini
  • Interieurdesign: Achille Salvagni
  • Möbel & Accessoires: Achille Salvagni
  • Klasse: CE „A“
  • Werft: Azimut Yachts, 2022
  • Startpreis: ab 5,8 Mio. Euro
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