Bergung der „Bayesian“Gibt es eine Chance auf ein Superyacht-Schnäppchen?

Lars Bolle

 · 25.06.2025

Die "Bayesian" steht an Land und scheint erstaunlich gut erhalten zu sein.
Foto: picture alliance; empics; Peter Byrne
Vor zehn Monaten führte der Untergang der 56-Meter-Superyacht „Bayesian“ zu Entsetzen und forderte sieben Menschenleben. Nun ist das Wrack geborgen und an Land gebracht worden. Was geschieht jedoch damit nach Abschluss der behördlichen Untersuchungen? Wird die Yacht verschrottet oder könnte es für Schnäppchenjäger interessant sein?

Die 56 Meter lange Segelyacht "Bayesian" des britischen Tech-Unternehmers Mike Lynch sank am 19. August 2024 vor der Küste Siziliens, wobei Lynch und sechs weitere Personen ums Leben kamen. Nach monatelanger Vorbereitung, bei der auch ein Taucher ums Leben kam, wurde am Samstag, 21. Juni, das Wrack unter Einsatz eines der leistungsstärksten schwimmenden Seekräne Europas aus dem Mittelmeer gehoben.

Nach der Hebung und dem drei Tage andauernden Auspumpen wurde die Yacht in den Hafen von Termini Imerese transportiert, wo sie nun von britischen und italienischen Ermittlern untersucht werden soll, um die genaue Unglücksursache zu klären. Ein vorläufiger Untersuchungsbericht wurde bereits veröffentlicht, in dem belegt wird, dass die Yacht vor Anker, nur mit Mast und aufgeholtem Schwert, einen Stabilitätswinkel von nur 70,6 Grad besaß. Sie krängte in den orkanartigen Böen also sehr schnell und sehr stark. Warum sie jedoch rasant schnell volllief, ist offenbar noch unklar und nun Teil der Untersuchungen. Ebenfalls soll festgestellt werden, ob Kapitän oder Crew vorschriftsmäßig gehandelt haben.

Zukunft der „Bayesian“

Die „Bayesian“ steht nun, nach zehn Monaten unter Wasser, an Land. Abgesehen von den tragischen Umständen und den Todesfällen aufgrund ihres Sinkens stellt sich nun auch die Frage, wie es mit der Superyacht weiter geht. Sehr wahrscheinlich ist sie vorerst von den Behörden gesperrt.

Diese Abriegelung kann für die Zukunft des Bootes zum Problem werden. Denn theoretisch wäre noch vieles von der „Bayesian“ zu retten, vielleicht sogar die ganze Yacht. „Es ist gar nicht so entscheidend, wie lange ein Boot unter Wasser gelegen hat, sondern wie lange es danach an Land steht, ohne dass mit Konservierungsarbeiten begonnen wird“, sagt Kai Haasler, Geschäftsführer von Marine Claims Service (MCS), einem nautisch-technischen Sachverständigenbüro mit Sitz in Hamburg, das sich unter anderem auf Schadenbearbeitung und Bergung von Yachten spezialisiert hat. Zwar sei eine Yacht wie die „Bayesian“ deutlich außerhalb der Größenordnung, mit der sein Unternehmen normalerweise zu tun habe, die Folgen eines Untergangs seien aber vergleichbar.

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Korrosion müsste gestoppt werden

„So lange das Boot unter Wasser liegt“, so Haasler, „besteht ein Sauerstoff-Abschluss und Korrosion hält sich in Grenzen.“ Sobald es aber wieder an der Luft sei, ticke die Uhr. „Da reichen drei bis vier Tage, und alles ist Schrott.“ Das sei auch bei der Jahrhundertflut im Oktober 2023 zu sehen gewesen. „Sobald das Salzwasser aus dem Boot ist, heißt es mit Süßwasser spülen, spülen, spülen“, sagt Haasler. Vor allem die Maschine müsse danach schnell wieder mit Öl und Diesel befüllt werden, um sie zu konservieren. Dann hätte man noch Wochen oder Monate Zeit, um sie wieder instand zu setzen.

Die „Bayesian“ sei aus Versicherungssicht jedoch sehr wahrscheinlich ein Totalschaden. Das liege auch an den Entsorgungskosten. „Die Auflagen dafür sind zu recht sehr hoch“, so Haasler. Alles müsse genau dokumentiert werden und es gebe sehr strenge Umweltauflagen. Deshalb sei eine Versicherung in solchen Fällen auch meist froh, wenn sich ein Käufer finde, und sei es nur für einen Euro.

Was das Wrack wert ist

Tatsächlich gebe es dafür sogar einen Markt. „Wir kennen einige Werften, die sich auf solche Fälle spezialisiert haben“, sagt Haasler. Denen ginge es vor allem um die Struktur des Bootes. „Die Inneneinrichtung der ‚Bayesian‘ und wohl auch die Aggregate sind wohl nicht mehr zu gebrauchen. Selbst wenn hochwertigstes Bootsbausperrholz verwendet wurde, saugt sich auch das nach dieser Zeit unter Wasser voll.“ Von Polstern oder Inneneinrichtungen ganz zu schweigen. Partielle Reparaturen, wie etwa einen Teil eines Schottes auszuwechseln, kämen bei dem hohen Fertigungsanspruch einer „Bayesian“ wohl auch nicht in Frage. „Da hilft nur rausreißen.“

Rumpf und Deck jedoch, also die Hülle, seien sehr wohl interessant. „Die Struktur, auch Ruder und Kiel, sind ja noch vorhanden. Das spart die enorm lange Zeit, die es bei einem Neubau für Konstruktion und die Erstellung dieser Struktur braucht.“ Ein Boot wie die „Bayesian“ zu entkernen und neu aus- und aufzubauen sei in der Regel günstiger als ein Neubau.

Voraussetzung ist jedoch, dass sich ein Kaufinteressent findet. Was bei der Historie der Yacht und den tragischen Vorfällen durchaus schwierig werden könnte. Finde sich kein neuer Eigner, bliebe nur die komplette Abwrackung. „Da geht es dann nur noch um den Restwert des Materials, wie Aluminium, das zum aktuellen Marktpreis pro Tonne verkauft wird.“


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