Echter Kunst-GriffDas XL-Refit der “Thanuja”

Uske Berndt

 · 09.05.2025

„Thanuja“: 2021 kam die Yacht unter ihrem alten Namen „Greyzone“ auf der türkischen Serentity-Werft an. Drei Jahre dauerte der Umbau.
Foto: Astor Milan Salcedo
Was als Refit einer 43-Meter-Yacht begann, endete in einer Konversion. Katharina Raczek führte Regie rund um das Interieur und verpasste der nun 49,90 Meter langen „Thanuja“ einladende Räume mit großer Kunst an und vor den Wänden. BOOTE EXCLUSIV traf die Designerin in ihrem Hamburger Studio.

Die Reise nahm 2011 ihren Anfang, als „Greyzone“ bei Concept Marine in der Türkei vom Stapel lief. Ein Jahrzehnt später kamen die 43 Meter in der Serenity-Werft in Antalya an, geplant war ein übersichtliches Refit mit Fokus auf den Bädern. Wie so oft blieb es dabei nicht, stattdessen kam es zu einer groß angelegten Konversion. Rumpf und Aufbauten wurden bis auf das blanke Metall entkernt, Bug und Achterdecks verlängert, die Flybridge komplett überholt und die Motoren ausgetauscht. Siehe auch das große Refit von “Ursus”.

Zucker & Partner dirigierte das Projekt, das Büro iYacht lieferte Konzept, Außenlinien und Konstruktion. Das Interieur übernahm Katharina Raczek. Alle drei Akteure mit Sitz in Hamburg.

Zu Besuch bei Designerin Katharina Raczek

Das Ausmaß der Arbeiten führte dazu, dass die Klassifikationsgesellschaft das Projekt als Neubau einstufte. Unter dem Namen „Thanuja“ kam die nun knapp 50 Meter lange Lady mit einem Volumen von 463 Gross Tons auf den Markt und cruist über Ocean Independence als Charteryacht für zehn Gäste über die Meere. So schiebt sich auch das Interieur auf die große Bühne. Für Katharina Raczek ist das ein Glück, „endlich ein Projekt, worüber ich sprechen und das ich offiziell zeigen darf“, erklärt die Designerin.

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Bei einem Besuch in ihrem Studio im Stadtteil Hammerbrook verrät sie Details ihrer Arbeit. Auch sie hat das Ausmaß des dreijährigen Mega-Refits überrascht, „eigentlich sollte ich ja nur die Gästebäder machen, dann habe ich praktisch alles erneuert.“ Drei Jahre lang hielt „Thanuja“ sie und ihr Team in Atem, etwa einmal pro Monat reiste sie zum Bauplatz an der türkischen Küste. „Wir haben wirklich tolle Lösungen entwickelt“, sagt sie.

Alles auf Null beim Interieur der “Thanuja”

Nach dem Entkernen hätten auf der Yacht nur noch die Treppenhäuser gestanden, und so fing Raczek praktisch von vorne an. Skizzierte die Räume neu, entwarf Renderings der Salons und Mastersuite, entwickelte Moodboards mit Material- proben und Farbideen. „Ich gehe immer vom Material auf die Form, die meisten Designer machen es andersherum“, erläutert sie. Ihre Vorschläge kamen an, am Ende lieferte sie ein Komplettpaket für „Thanuja“, auch die Möbel und Leuchten bis hin zu Tischwäsche und Besteck. Selbst das freistehende Mobiliar für die Außendecks stand auf ihrer To-Do-Liste.

Ihren besonderen Faible für Materialien erklärt Raczek anhand der Salons und Mastersuite. Für den Teppich in der Hauptdeck-Lounge wählte sie ein Wolle-Seide-Gemisch, für das geradlinige Sofa einen griffigen Bouclé-Bezug und kombinierte dazu Kissenhüllen aus weichem Samt und Kaschmir. „Das war für mich ein Fest“, sagt sie und erläutert anschließend wie sich überall im Raum Strukturen wiederholen, allerdings auf unterschiedlichen Oberflächen und in leicht abgewandelten Mustern. So trifft der geäderte Marmor auf natürliches Eichenholz, auf den „wolkigen“ Teppich und die Kissen in einer dezenten, blauen Camouflage-Optik. Das Resultat ist ein harmonisches Gesamkonzept wie in einem komponierten Aquarell.

Die große Rolle der Farben

Farben spielen eine ebenso tragende Rolle. Während im Hauptdeck-Salon blaue Accessoires überwiegen – „Ich liebe Blau!“ – liegt in der Skylounge der Fokus auf Waldgrün, etwa für die glänzenden Barschränke. Davor steht ein imposanter Tresen, dessen Oberfläche ein grüner, mit roten und weißen Adern durchzogener Marmor ziert. Die Front schimmert in Bronze, das gleiche Metall, kombiniert mit Messing, findet sich am Couchtisch wieder.

Jede Gästesuite bekam ihr eigenes Farbkonzept In der Mastersuite kleidete Katharina Raczek das Bettgestell in ein pflaumefarbenes Kaschmirgewand von Loro Piana und setzte davor einen dunkelgrünen Lederhocker. Auch das Sofa, das um die Ecke steht, bekam einen Bezug in fast gleicher Farbe, allerdings auf einem hochflorigen Samt. Es überrascht nicht, dass Raczek jede der vier Gästesuiten mit Details in sehr unterschiedlichen Farbtönen ausstattete: senfgelb, grün, blau und rostorange. Eine schwierige Entscheidung für die Chartergäste.

Bei “Thanuja” steckt die Kunst schon im Konzept

Wirklich besonders an diesem Refit-Projekt war, dass auch die Kunstwerke von vornherein in das Konzept integriert wurden und nicht wie sonst üblich erst zum Schluss „irgendwo“ einen Platz fanden. „So bekommt die Kunst die Sorgfalt, die sie benötigt“, legt Katharina Raczek dar. Die Beratung – was passt wohin, wer fertigt es an und liefert es – hatte sie direkt an ihrer Seite, im Studio und Zuhause. Ihr Partner, der Fotograf und Maler Astor Milan Salcedo, ist Gründer von AMS Yacht Art Advisory und organisierte schon die Logistik und Zollpapiere für die Kunstwerke auf „Carinthia VII“.

Eine Leuchte aus echten Straußeneiern Für „Thanuja“ entdeckte er zum Beispiel die beiden hohen, schlanken Skulpturen für die Nischen im Salon, suchte passgenaue Gemälde für die Lücken in den Regalwänden, kuratierte die Kunst-Bibliothek und entwarf den leuchtenden Neon-Schriftzug für das schmale Treppenhaus zwischen Haupt- und Oberdeck. „Auf der Fläche sollte ein Bild hängen“, meint Katharina Raczek, „aber dort ist es viel zu dunkel.“

Leuchte aus Carbon und echten Straußeneiern

Das Paar machte sich Gedanken, Astor Milan Salcedo fing an zu zeichnen und nun hängt an der Stelle ein ganz anderes Kunstwerk: der Schriftzug „Don’t believe everything I say“, der mit in die Lichtsteuerung des Interieurs integriert wurde. Das könnte ein Motto für das gesamte “Thanuja” Projekt sein, von dem anfangs niemand glaubte, wie groß es werden würde.

Ein besonderes Exponat ist auch die Deckenleuchte über dem Speiseplatz der Skylounge. An filigranem Carbon-Geäst stecken eiförmige Leuchtkörper, die ein sanftes Licht verbreiten. „Der Londoner Hersteller hat dafür echte Zweige aus einem Wald geholt“, erzählen Raczek und Salcedo. Mit Hilfe der Fundstücke baute er Formen und bildete damit die Zweige aus Carbon nach. Bronzefarbener Lack veredelt ihre Oberfläche, und an den Enden stecken echte Straußeneier. So entstand ein federleichter Lüster, der den Fokus auf den Esstisch lenkt und dem Raum einen natürlichen Look verleiht.


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