Erste Bilder„Bayesian“ – so sieht es im Inneren des Wracks aus

Martin Hager

 · 30.06.2025

Das von Designer Remi Tessier gestaltete Interieur ist vollkommen zerstört, Schlamm und Dreck finden sich, wie hier im Salon, in jeder Ecke.
Foto: Antonino Di Cristofalo, picture alliance / ASSOCIATED PRESS
Die Bergung der 56 Meter langen Superyacht „Bayesian“ zog bislang vermutlich nahezu so viel Aufmerksamkeit auf sich wie kaum ein anderes Schiffsunglück. Am 19. August des vergangenen Jahres sank das Schiff vor der Küste Siziliens unter tragischen Umständen, wobei sieben Personen ihr Leben verloren. Nach der aufwändigen Bergung der Riesenslup nehmen Gutachter die Untersuchung der Ursache des Unglücks im Hafen von Termini Imerese auf. Es geht um Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe.

Erste Aufnahmen aus dem Inneren der erst letzte Woche geborgenen „Bayesian“ zeigen das volle Ausmaß der Zerstörung. Zehn Monate lang lag die Yacht mit ihrem 72 Meter hohen Mast auf dem Meeresgrund, nur eine Seemeile vor Porticello. Das von dem Pariser Designer Remi Tessier entworfene Interieur der 2008 gelieferten Yacht ist komplett verwüstet – Schlamm und Schmutz bedecken das gesamte Schiff, sowohl im Salon, in den Niedergängen als auch im Motorenraum auf dem Unterdeck. Um die Yacht mithilfe des Kranschiffes “Hebo Lift 10” bergen zu können, trennte das Bergungsunternehmen den Mast noch auf dem Meeresgrund ab. Der 72 Meter lange Alumast soll in einem zweiten Schritt an Land gebracht werden.

Erste Besichtigung der „Bayesian“ durch Gutachter

Die Gutachter der Staatsanwaltschaft Termini Imerese führten nun eine erste Besichtigung des vollständig mit Schlamm bedeckten Wracks durch. Gegen den Kapitän und zwei Besatzungsmitglieder wird wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung und Herbeiführen eines Schiffsunglücks ermittelt, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Das Wrack soll nun wichtige Beweise liefern. Besonderes Augenmerk dürfte auf möglichen technischen Defekten oder Fehlern in der Bedienung des Schiffes liegen.

In der Unglücksnacht kamen an Bord der „Bayesian“ der britische Tech-Milliardär Mike Lynch und seine Tochter Hannah, der Bankier Jonathan Bloomer und seine Frau Anne Elizabeth Bloomer, der Manager Chris Morvillo und seine Ehefrau Neda Nassiri sowie der Bordkoch Recaldo Thomas ums Leben. Die Familien der Todesopfer streben nun Schadenersatz an – die Gesamtsumme der Forderungen könnte Medienberichten zufolge über 40 Millionen Euro betragen.

Aufwändige Untersuchungen geplant

Nach der Bergung wurde „Bayesian“ vorsichtig auf ein Schwerlast-Stahlunterstellbock im Hafen von Termini Imerese gesetzt. In den kommenden Tagen wird das Wrack weiter gründlich untersucht. Geplant sind unter anderem Kontrollen des Rumpfes, der bisher keine Lecks aufweist. Parallel dazu muss der Dieseltank, der noch etwa 18.000 Liter Treibstoff enthält, geleert werden.

Ruf als „verhextes Schiff“

„Bayesian“ bestätigt inzwischen ihren Ruf als „verhextes Schiff“: Nachdem im Mai ein niederländischer Taucher bei der Bergung ums Leben gekommen war, erlitt laut Berichten der Berliner Morgenpost ein mit dem Gutachten beauftragter Ingenieur diese Woche einen schweren Autounfall. Er musste ins Krankenhaus eingeliefert werden, schwebe aber nicht in Lebensgefahr. An der ersten Besichtigung des Wracks konnte er dennoch nicht teilnehmen.

Millionenschwerer Rechtsstreit erwartet

Der finanzielle Hintergrund des Unglücks dürfte dafür sorgen, dass im zu erwartenden langwierigen Verfahren in Italien kaum ein Detail unbeachtet bleibt. Nach ersten Schätzungen steht ein Streitwert von mindestens 150 Millionen Euro im Raum. In Termini Imerese laufe derzeit ein Strafverfahren, in dessen Verlauf auch zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden könnten. Die Versicherer dürften voraussichtlich für die Kosten der Bergung und möglicher Schadenersatzforderungen aufkommen – solange keine vorsätzliche Schuld nachgewiesen werde.


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