Gigayacht in BewegungOceanco verholt 111-Meter-Bau nahe Rotterdam

Sören Gehlhaus

 · 14.06.2023

Oceancos 111-Meter Projekt Y722 beim Eindocken im niederländischen Alblasserdam
Foto: Tom van Oossanen
Die niederländische Oceanco-Werft ließ den imposanten Sechsdecker von Zwijndrecht nach Alblasserdam schleppen, wo final ausgerüstet wird. Die 111 Meter sollen auch der Forschung dienen.

Vorbei an schönster Backsteingotik und unter südholländischer Brückenbaukunst hindurch erreichte die 111 Meter lange Stahl-Alu-Konstruktion mit der Baunummer Y722 Oceancos Stammsitz in Alblasserdam. Und wie sie auffiel! Für die äußere Anmutung steckten Vertreter der werfteigenen Kreativabteilung und Espen Øino die Köpfe zusammen. Der britische Designer Mark Berryman entwickelte das Interior. Laut Werft wurden „einige radikale Änderungen am Layout“ vorgenommen, die an den Grundfesten einer „traditionellen Yacht“ rütteln.

Crew und Gäste speisen gemeinsam

Auch das Wohlbefinden der Besatzung stand an hoher Stelle, was in großen Kabinen, Fitnessstudio und Wellnessbereich resultiert. Und anstatt die Crew- und Gästequartiere vollständig voneinander zu trennen, wurden die Lebensräume – zu denen auch eine kombinierte Crew-Messe und Speisesaal zählen – zusammengelegt, um Synergien zu nutzen. Auf dem 16 Meter breiten Sechsdecker fahren bis zu 22 Gäste und 33 Besatzungsmitglieder auch im Dienste der Wissenschaft. Das ist keine neue duale Nutzungsform eines Explorers dieser Größe. Der 2018 verstorbene Microsoft-Mitgründer Paul Allen nutzte seine 126-Meter-„Octopus“ 16 Jahre lang auch für Forschungszwecke und die Suche nach historischen Schiffswracks. Derzeit unternimmt der US-Investor Ray Dalio mit dem 87 Meter messenden Konversionsprojekt „OceanXplorer“ Unterwasser-Expeditionen und produziert mit James Cameron Naturfilme.

Dieselelektrik, Wärmerückgewinnung und Abwasserreinigung

Auf Y722 dürfte speziell die mittschiffs backbords angesiedelte Rumpfklappe dem Ausbringen eines Tauchbootes oder einer Unterwasserdrohne dienen. Insgesamt zieren die Steuerbordseite des weit hochgezogenen Stahlrumpfes ganze sechs Luken, achtern als Terrasse für den Beachclub und vorn als Flügeltür für die Tenderflotte. Da sensible Gebiete auf dem Reiseplan stehen, gilt es strenge Vorgaben bezüglich der Effizienz und Umweltverträglichkeit zu erfüllen. Das Herzstück des von Oceanco und Lateral berechneten Rumpfes bildet ein dieselelektrischer Antrieb und ein großes Batteriespeichersystem, das Lastspitzen auffängt und vollelektrische Fahrten zulässt. Verbaut werden ein Wärmerückgewinnungssystem und eine fortschrittliche Abwasserreinigung. Im Hinblick auf Geräusche und Vibrationen stellt Oceanco eine der komfortabelsten Yachten in Aussicht. Gewissheit folgt, wenn die 111 Meter 2025 ablegen. Bis dahin überwachen Y.CO und YTMC den Bau.

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