„Just J’s“61 Hakvoort-Meter in Familienyacht mit Beachclub-Feeling verwandelt

Friedrich W. Pohl

, Marcus Krall

 · 30.04.2023

Fünf Decks auf 61 Metern: Auf dem Oberdeck schläft allein der Eigner. Er lädt seine Gäste zum Drink achtern an den Flaggenstock. Die Familie wohnt vorn auf dem Hauptdeck, die Crew darunter
Foto: Dick Holthuis, Kajter Borgh

Der Initiator gab das Projekt auf. Ein US-Eigner griff begeistert zu. Die Verwandlung der 61 Hakvoort-Meter in die Familienyacht „Just J’s“ mit Beachclub-Feeling von Sinot Exclusive Design dauerte ein gutes Jahr.

Gelobt sei das unternehmerische Risiko. Ohne Hakvoorts Mut, die Werftanlagen im kleinen Ort Monnickendam 2012 mit einer neuen 65 Meter langen Halle zu erweitern, hätten heute zwei Eigner das Nachsehen. Erstens könnte sich eine Familie nicht an den 61 Metern der „Just J’s“ erfreuen; zweitens stünde heute kein 64 Meter langer weiterer Auftrag in der Halle.

Allerdings: Wie man aus Monnickendam hören kann, waren der Entscheidung zur Expansion bereits Anfragen nach Formaten über 50 Meter vorausgegangen. Dennoch bleibt stets ein kleines Maß an Ungewissheit, das zum großen Risiko werden kann. Wenn zum Beispiel ein Eigner auf halber Strecke aufgibt – oder sogar später.

Glücksfall für den Eigner

Neun Monate vor dem vereinbarten Liefertermin sagte der erste Eigner des 61-Meter-Projekts ab. Im Juli 2012 hatten der Osteuropäer und das Familienunternehmen Hakvoort den Vertrag geschlossen. Der Auftrag, eingefädelt von Moran, Brokern in Fort Lauderdale, kam der Werft damals nach einigen Monaten Wartezeit mit der leeren neuen Halle wie ein Glücksfall erster Ordnung vor. Man begann zusammen mit den Designern von Sinot an einem 55 Meter langen Projekt zu arbeiten, das der Eigner auf 61 Meter verlängerte.

Nach knapp zwei Jahren Bauzeit, Frühjahr 2014, wurde der Mann aus dem Osten klamm. Etwas Makroökonomisches verhinderte die Zahlung mikroökonomi­scher Tranchen an die Werft. Das kleine Risi­ko hatte sich für Hakvoort in ein größeres verwandelt. Panik in Monnickendam.

Die Moran-Broker hörten sich jedoch um und fanden einen US-Interessenten, den die Gelegenheit, viel Zeit bis zur Lieferung sparen zu können, nach ein paar Wochen des Abwägens überzeugte. Das war wieder ein Glücksfall, auch für den Eigner: Denn der hatte bereits ein Jahr lang nach einer neuen Yacht für sich und seine Familie Ausschau gehalten.

Hakvoort vermittelt beim Baum Familie und Freunden das wahre Eignergefühl

Innen hatte sich das Projekt „Golden Age“ seit 2012 in einen dunkelhölzernen, goldgeschmückten Palast verwandelt. Der neue Eigner wünschte sich dagegen einen Beachclub, also eine Kehrtwende um 180 Grad. Hakvoort und die Sinot-Designer unter der Leitung von Paul Costerus errechneten eine Umbauzeit von einem Jahr. Im Februar 2015 unterschrieb der zweite Eigner. Party in Monnickendam.

Die Änderungen waren in der versprochenen Zeit nur möglich, weil die Sinot-Designer nicht allzu tiefe Einschnitte in die Konstruktion planten. Das äußere Styling blieb erhalten und zeigt einen Fünfdecker auf einer Länge von 61 Metern mit einem Volumen, das sonst nur ab weiteren zehn Metern aufwärts zu haben ist – den fünf Decks und einem Trick ganz nahe am Kiel sei Dank.

Sinot schob zwischen das Haupt- und das Brückendeck eine private Etage für den Eigner, ohne die äußeren Proportio­nen zu belasten. Wichtig für den inneren Eindruck war der Erhalt der Nutzung des Hauptdecks für die Gästekabinen, für Familie und Freunde. Eine VIP- und vier Doppelkabinen baute Hakvoort vor dem Haupteingang mit Lobby in den Widebody ein. Diese Anordnung gibt dank der wunderbaren Aussichten Familie und Freunden das wahre Eignergefühl.

Crew bleibt ungestört

Auch für die Crew dachte sich das Büro etwas Komfortables aus, wenn auch ohne Fenster mit Aussicht. Da auf Yachten dieser Größe mit mindestens zehnköpfiger Crew zeitweise Schichtbetrieb herrscht, schläft die Crew auf Freiwache gern ungestört von Gesprächen der Kollegen oder TV-Geräuschen, Geschirrklirren und Freizeitlärm. Die Crewmesse baute Hakvoort darum neben die Vorratsräume und hinter die Wäscherei auf dem Tankdeck ein.

Das Unterdeck beherbergt neben den Crewunterkünften nur noch zwei Gästekabinen. Der Chef muss leider einen Kompromiss eingehen: Die Gästekabinen auf dem Hauptdeck verbannen seine Galley hinter die Crewkabinen auf das Unterdeck. Der Motorenraum, die Garage für Tender & Toys und ein Gym ganz weit achtern nutzen ebenfalls diese Etage. Platz für einen Beachclub bleibt hier nicht mehr. Warum auch, wenn doch die gesamte Inneneinrichtung den Eindruck eines lässigen, aber auch hochwertigen Strandhauses erwecken soll? Die große Oper des Interiors, der Salon achtern auf dem Hauptdeck, arbeitet daran mit subtilen Mitteln: Der Teppich strahlt mit seiner Mixtur aus Hochflorigkeit und dunkelblauer Musterung eine gewisse Strandoptik aus. Barfuß im Sand. Die matt silbern glänzenden Bezugsstoffe der Sessel und Sofas harmonieren bei Tageslicht mit dem glitzernden Wasser draußen, und die dunkelkblauen Kissen setzen weitere maritime Akzente. Am Speisetisch, den Sinot in den Salon integ­rierte, finden vierzehn Personen Platz. Das Wort „casual“ dürfte als Dresscode passen. Ein Tuxedo wirkte inmitten dieser Einrichtung beträchtlich overdressed.

Die Tür an Steuerbord voraus öffnet sich zum Haupteingang mit Lift und Treppenhaus. Der zylindrische Fahrstuhlkorb schwebt in einer Führung, die Hakvoort nur nach Öffnung des Hallendachs mit einem Kran platzieren konnte.

Hakvoort entwirft Oberdeck, das dem Eigner gewidmet ist

Verborgen hinter dieser Konstruktion baute die Werft ein eigenes Treppenhaus für die Crew ein, das vom Tank- bis hinauf zum Brückendeck den Mitarbeitern des Unternehmens „Just J’s“ ungestörte Wanderungen zu ihren Arbeitsplätzen garantiert. Der Lift fährt vom Unterdeck aus bis auf dieselbe Höhe. Die Lobby schließt sich ans Treppenhaus an. Ihr Korridor nach vorn knickt rechtwinklig mit Kurs auf die VIP-Kabine ab. Diese Verschränkung der Sichtachse bremst den Blick in die intimeren Bereiche des Decks, die weiteren vier Unterkünfte für Familie und Gäste, aus. Das Oberdeck, eigens dem Eigner gewidmet, bedurfte außer der Verwandlung des eher zaristischen Goldglamour-Stils in eine unkompliziert bürgerlich-legere Inneneinrichtung ebenfalls einer passenden Veränderung im Layout.

Die Stellung des Kingsizebettes vorn im halbkreisförmigen Schlafraum mit Panoramablick schien dem Eigner unpassend. Zu groß wirkte ihm der Raum mit dem Bett am achterlichen Schott. Er ließ das Konstrukt in die Mitte der Fläche schieben. Die Rückseite des Kopfendes verwandelte Sinot in Schrankraum. So paart sich Wohlbefinden mit Nützlichkeit. Und so passt das Bett auch haargenau unter ein kreisrundes Skylight, das dank seines üppigen Durchmessers nachts den Sternenhimmel auf die Bettdecke bannt. Sie darf sich übrigens in den beiden Bädern für sie und ihn an einem Wannenbad erfreuen. Er dagegen kann nur duschen.

Blick auf den Jacuzzi

Die vorderen Fenster des Brückendecks darüber rückte Sinot so weit nach achtern, dass der Blick voraus auf das Eignerdeck mit dem privaten kreisrunden Jacuzzi und einem runden Frühstückstischchen daneben unmöglich ist.

Achtern hinter dem Schlafraum, den Bädern und dem zentralen Lift- und Treppenhaus erweitert die Eignerlounge die vorderen Räume zur Suite für Eigner und Gäste. Hier ließ „J“ sich denn auch eine Bar einbauen, die zweite an Bord, von oben gesehen. Der erste Tresen, al fresco, lockt von hier zwei Decks entfernt.

Frische Luft genießt der Eigner jedoch auch schon hier, nämlich hinter seiner Lounge auf dem Freideck, an einem runden Tisch, an dem dreizehn Gäste ihm für die vorzügliche Wahl der „Just J’s“ gratulieren dürfen.

Ein Niedergang ermöglicht den Aufstieg zum Brückendeck mit dem Arbeitsplatz des Kapitäns vorn, seinem Apartment mit Büro und einer Lounge hinter dem großen Treppenaufgang, die für die Familie gedacht ist. Eine Portugieserbrücke erlaubt dem Kapitän vor dem Ruderhaus einen schnellen Wechsel zwischen den Brückennocks. Sie sichern trotz der Höhe des Brückendecks den Überblick. Seiner Familie spendierte der Eigner in dieser oberen Lounge statt einer Bar einen übergroßen Monitor für Hollywoodproduktionen und eine Landschaft aus Sofas und Sesseln im Heckbereich unter freiem Himmel.

Hakvoort rettete Auftrag

Das Sundeck ist nur von hier aus über einen solitären Niedergang an Backbord zu erreichen. Den Weg aufwärts auf das fünfte Deck krönt die obere Bar. Vier Hocker versüßen nicht nur den ungeschmälerten Blick voraus; eine vertikale Verglasung des rechteckigen Schwimmbeckens bietet vom Tresen aus Einblicke in diese Unterwasserwelt.

Dass parallel zum Osteuropa-Projekt bei Hakvoort ein zweiter Auftrag, ein 64-Meter-Projekt, Schlagseite bekam, sei am Rande erwähnt. Doch auch diesen Auftrag konnte Hakvoort retten. Sie stellt ihn fertig. Die Werft steht jetzt mit Referenzen im 60-Meter-plus-Format auf zwei Beinen: noch ein Glücksfall.


Technische Daten

  • Länge über alles: 60,00 m
  • Länge Wasserlinie: 50,40 m
  • Breite: 11,00 m
  • Tiefgang: 3,37 m
  • Material: Stahl/Aluminium
  • Motor: 2 x CAT 3512C
  • Motorleistung: 2 x 1174 kW
  • Geschwindigkeit (max.): 15,5 kn
  • Geschwindigkeit (Reise): 13 kn
  • Kraftstoff: 120 000 l
  • Reichweite: 4000 nm @ 12 kn
  • Generator: 2 x CAT C18 275 kW
  • Wasser: 20 000 l
  • Konstruktion: Diana Yacht Design
  • Styling: Sinot Exclusive
  • Interior-Design: Sinot Exclusive
  • Klassifikation: Lloyd’s +100 A1 SSC Yacht Mono G6 LMC, UMSLY2, MCA
  • Werft: Hakvoort/NL, 2016, www.hakvoort.com
Ungewöhnlich viel Nutzfläche: Das Pooldeck on top und das Tankdeck mit Crewmesse und Wäscherei ergänzen sogar noch diese vier Grundrisse
Ungewöhnlich viel Nutzfläche: Das Pooldeck on top und das Tankdeck mit Crewmesse und Wäscherei ergänzen sogar noch diese vier Grundrisse

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 01/2017 von BOOTE EXCLUSIV.


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