”Limerence“ ist eine echte Verwandlungskünstlerin, und das nicht allein auf die flexible Nutzung als Versorger oder als eigenständige Yacht bezogen. Als BOOTE EXCLUSIV im Herbst vergangenen Jahres hinter die Tore der Alia-Werft in der Freihandelszone von Antalya blicken durfte, befand sich „Sea Club 53“, so der damalige Projektname, bereits in der fortgeschrittenen Ausrüstungsphase, fest vertäut im Hafenbecken. Zur Verwunderung trug bei, dass der 52,50 Meter lange Stahl-Alu-Verdränger mit einem Exterieur von Azure Yacht Design eine ähnlich markante Lackierung wie „Kensho“ und dazu den ebenfalls japanisch klingenden Namen „Kaiyo“ sowohl am eigenen Heckspiegel als auch an dem des 8,20 Meter langen Custom-Landungsbootes von Cockwells trug, das bereits auf dem Hauptdeck parkte.
Sehr viel deutete auf eine angestrebte Support-Funktion für die 75 Meter messende Ausnahmeyacht von Admiral (Heft 1/23) hin. Und sogar der Gründer und Präsident von Alia, Gökhan Çelik, bestätigte die naheliegende Vermutung ebenso wie die langjährige Verbindung zum deutschen Eigner, der mit „Samurai“ bereits eine Yacht aus denselben türkischen Werfthallen besaß. Dort entstand auch der wiederum optisch zu „Kaiyo“ und „Kensho“ passende 13-Meter-Tender, der laut Gökhan Çelik damals bereits zum „Mutterschiff“ in die Karibik vorweggeschickt worden war.
Umso erstaunlicher war die Nachricht, dass „Kaiyo“ wenige Wochen später in „Limerence“ umbenannt wurde und stattdessen Kurs auf Miami nahm. Die Benamsung änderte sich vom ursprünglich japanischen Wort für Ozean zu „Verliebtheit“ – zwei Wörter, die für Yachties zweifelsfrei zusammengehören. Zwar entwickelte sich „Kaiyo“ als Projekt „Sea Club 53“ bereits während des Baus weg vom ausschließlichen Ergänzungskonzept für ein Mutterschiff, hin zu einer eigenständigen Abenteueryacht, aber die entscheidende Frage blieb unbeantwortet.
Inzwischen drang an die Öffentlichkeit, dass sich kurz nach ihrer Fertigstellung und unmittelbar vor der Auslieferung in Antalya ein Wechsel der Eigner ergeben hatte. Obwohl zumindest kurzfristig keine substanziellen Anpassungen am Schiff selbst mehr möglich waren, gestaltete der neue Besitzer von „Limerence“ allerdings den Tender-Fuhrpark nach seinem Gusto um: Während ein Ski Nautique GS20 weiterhin zur Flotte gehört, kamen ein 12,50-Meter-RIB von Xtenders sowie eine 11,60 lange Wajer 38S dazu. Dem Spontanverkauf zum Opfer fiel das Landungsboot und außerdem das ursprünglich geplante Triton-660/7-U-Boot für sieben Personen. Die vorhandenen Peripheriegeräte, wie Kompressoren, vereinfachen jedoch eine spätere Ergänzung oder ermöglichen eine alternative Bestückung.
Selbst ohne Tauchboot wird sich an Bord von „Limerence“ wohl niemand über Langeweile beschweren, schließlich wartet neben dem Vielerlei an Tendern eine ganze Armada von Wassersport-Toys auf den neuen Eigner, seine Familie, Freunde und zukünftig auch auf zahlende Gäste. „Es gibt schier unendliche Möglichkeiten – von Jetskis, Seabobs über E-Foils, Kajaks, SUP- und Surfboards sowie Kite- und Windsurfmaterial bis hin zu Jollen und Segelkats (RS Cat 14) ist alles dabei“, zählt Chartermanagerin Caroline Antlett von Christie Yachts auf.
„Die zwölfköpfige Crew ist wirklich sehr erfahren und bringt verschiedene Qualifikationen mit, um den Gästen ein unvergessliches Erlebnis zu ermöglichen.“ Dazu zählen professionelle Segel- und Kitesurf-Instruktoren ebenso wie ein Divemaster. Allerdings wird auf Nitrox oder andere Atemgasgemische verzichtet. Dafür stehen zehn komplette Tauchausrüstungen und Equipment zum Apnoetauchen, Schnorcheln, Angeln sowie eine Kaffeebar im Tauch- und Sportcenter mittschiffs auf dem Hauptdeck zur Verfügung. Durch die aufwendige Gestaltung erinnert der prominent verortete Bereich an Beachclubs deutlich größerer Yachten.
Achtern auf dem Unterdeck, wo sich üblicherweise der Beachclub befindet, tun sich auf „Limerence“ jede Menge zusätzliche Lagerräume auf. Den benötigt die Crew unter anderem zum Verstauen der E-Bikes, des zahlreichen Wassersportequipments sowie des aufblasbaren Wasserparks. Dieses XXL-Paket inklusive Jetski-Dock, Kletterwand, Rutsche, riesiger Trapezschaukel und vielem mehr steuerten die britischen Experten von Superyacht Tender & Toys bei. „Um alles aufzubauen, braucht es bis zu drei Stunden“, sagt Caroline Antlett und ergänzt: „Mit jedem Mal wird es schneller, die Crew fängt oft proaktiv und früh an, damit alles steht, wenn die Gäste aufstehen.“ Gleiches gilt für die luftbefüllten Rahmenelemente mit ihren hohen Netzen dazwischen, die das Helideck in ein veritables Sportfeld für Basketball, Pickleball, Fußball oder Volleyball verwandeln. Die rund 14 mal 14 Meter messende Freifläche wird ebenso als Freiluft-Fitnessfläche, für Yoga, lauschige Kinoabende unter dem Sternenhimmel oder rauschende Partys mit Karaoke, komplettem DJ-Equipment, Nebelmaschine und Discokugel genutzt.
Doch bei aller Vielseitigkeit erfüllt das Helipad auch seine eigentliche Aufgabe par excellence. Es dient nämlich nicht ausschließlich Touch-and-Go-Manövern, sondern ist vollständig zertifiziert für Aero-Tender mit maximal 3,8 Tonnen Startgewicht. Dies ermöglicht Chartergästen, zum Beispiel einen Airbus H145 oder Bell 429 dazuzubuchen, der sogar während des Törns an Deck parken und dank Kerosinreservoir im Rumpf von „Limerence“ betankt werden kann. Welche neuen Perspektiven ein Helikopter neben den typischen Transferflügen eröffnet, zeigen die yachteigenen Social-Media-Kanäle. Beispielsweise startete in den Bahamas ein Gast mit einem Bell 429 vom Helipad, um dann wenige Minuten später im Wingsuit aus dem Hubschrauber abzuspringen. Der erfahrene Fallschirmspringer landete in Sichtweite der Yacht an einem pittoresken Strandabschnitt, den die Crew zuvor mit Sonnenliegen, Barbecue, Pop-up-Pavillon und großem Esstisch herrichtete.
Zurück an Bord von „Limerence“ gibt es zwar eine witterungsgeschützte Al-fresco-Alternative auf dem Oberdeck, bei schönem Wetter bereiten die fleißigen Hände der Crew den Tisch mit zwölf Stühlen jedoch gern auf der Badeplattform oder dem Helideck für ein noch stimmungsvolleres Dining-Erlebnis vor. Zum Entspannen laden Lounge-Bereiche dazwischen oder auf dem Sonnendeck ein, welches beim anstehenden Werftaufenthalt bei MB92 in La Ciotat mit einem Jacuzzi weiter aufgewertet wird.
Bei der Gestaltung des überschaubaren Interieurs orientierte sich der einstige Auftraggeber an seiner früheren 60-Meter-Yacht „Samurai“, die Alia vor zehn Jahren gebaut hat. Für „Limerence“ besorgten allerdings nicht RWD oder Jouin Manku („Kensho“), sondern das in Istanbul beheimatete Studio CT Mimarlik zusammen mit dem werfteigenen Designteam die helle und relativ schlichte Innengestaltung. Farbenfrohe Accessoires sowie raffinierte Möbelstücke, die Alias Tischlerei größtenteils selbst herstellte, passen zum lässigen und ungezwungenen Ambiente der über alle Meere fahrenden Wassersportbasis. Mit hochwertigen Materialien, klaren Linien und einem Schwerpunkt auf „Laidback Luxury“ erinnert die Atmosphäre eher an ein Boutique-Hotel als an einen zweckmäßigen Versorger.
Entsprechend einladend präsentiert sich auf dem Oberdeck der kompakte und einzige Salon an Bord. Trotz der ursprünglichen Primärausrichtung als Begleitschiff und nicht oder gelegentlich als eigenständige Yacht gingen weder Werft noch Auftraggeber sichtbare Kompromisse hinsichtlich der Qualität ein. Das beweisen vor allem die Marmorbäder der lediglich drei Gästekabinen. Das großzügige Eigner-Refugium beansprucht den vorderen Bereich des Hauptdecks über die volle Breite. Während an Steuerbord das Bad mit Doppelwaschtisch und Dusche wartet, befinden sich Kleiderschränke sowie ein ausziehbares Sofa an Backbord. Zusammen mit den achtern anschließenden, spiegelidentischen Kabinen samt verschiebbaren Betten – aber ohne Pullman-Optionen – kommt „Limerence“ auf maximal acht Gäste, also sechs Erwachsene plus gegebenenfalls zwei Kinder.
Reicht das für einen erfolgreichen Charterbetrieb? „Definitiv“, sagt die Chartermanagerin überzeugt. „Das variable Set-up kann an unterschiedliche Gruppendynamiken angepasst werden und bietet Vielseitigkeit für die engsten Freunde oder für Familien und Spaß für alle Altersgruppen.“ Nach ihrem Werftabstecher, in dessen Zuge einige Garantiearbeiten und eben die nachträgliche Installation des Whirlpools anstanden, soll das Multitalent für die Wintersaison in die Karibik und in die Bahamas aufbrechen. Die Broker von Christie Yachts, über die „Limerence“ exklusiv zu Wochenpreisen ab 390.000 Euro angeboten wird, deutet zudem einen möglichen Abstecher nach Costa Rica an.
Ob sie überwiegend als Solitär oder als im Verband untergeordnetes, aber reich bestücktes Begleitschiff für eine größere Yacht gebucht wird, sei noch nicht absehbar. „Da sie bisher ausschließlich privat durch den Eigner genutzt wurde, war es uns noch nicht gelungen, einen freien Zeitraum für Charter zu finden. Die bisher eingegangenen Anfragen zeigen allerdings, dass für beide Szenarien ein gleichermaßen großes Interesse besteht“, betont Caroline Antlett und blickt optimistisch voraus: „Es wird interessant sein zu sehen, wie sich dieses Gleichgewicht im kommenden Jahr entwickelt.“
Ob „Limerence“ den Trend zur einsatzflexiblen Basis für Aktiv-Urlauber und Wassersport-Enthusiasten losbrechen wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls haben die Eingaben von zwei Eignern 53 Meter hervorgebracht, die Spaß und Erlebnisse en masse versprechen. Für Alia-Chef Gökhan Çelik steht fest: „Es gibt einfach nichts Vergleichbares. Ob als Begleitschiff mit der Ästhetik und dem Komfort einer Superyacht oder als eigenständige Abenteuerplattform – ‚Limerence‘ beweist, was eine Werft an Custom-Lösungen realisieren kann.“