Luca DiniDesigner und Architekt für Yachten – oder doch gleich eine ganze Insel?

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 · 26.09.2025

Luca Dini hat nicht nur ein treffsicheres Gespür, wie er Yachten Leben einhaucht.  Seit knapp fünf Jahren plant er größere Architekturprojekte an Land in Saudi-Arabien, Dubai oder Albanien. Yachthäfen werden bei ihm zu Erlebnisorten.
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Luca Dini hat nicht nur ein treffsicheres Gespür, wie er Yachten Leben einhaucht. Seit knapp fünf Jahren plant er größere Architekturprojekte an Land in Saudi-Arabien, Dubai oder Albanien. Yachthäfen werden bei ihm zu Erlebnisorten.

Text von Norman Kietzmann

Es war ein Moment, der sein Leben veränderte. Schon als Junge war Luca Dini von Yachten begeistert. Doch als er 1983 die legendäre „Nabila“ (heute „Kingdom 5KR“) vor Livorno sah, die Benetti einst für Adnan Khashoggi gebaut hatte, war es um ihn geschehen. „Ich war wirklich wie vom Blitz getroffen. Ich stieg von meiner Vespa und musste sie mir einfach zwei, drei Stunden lang anschauen. Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Dini. Bereits zuvor hatte er die Idee gehabt, einen kreativen Beruf zu ergreifen. An Architektur oder Möbelbau war nicht mehr zu denken.


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„Natürlich wusste ich zu diesem Zeitpunkt weder etwas über Motorboote noch über die Welt des Yachtings. Sie waren einfach schöne Objekte für mich. Also habe ich mein Architekturstudium ganz darauf ausgerichtet“, so Luca Dini. Ende der Achtzigerjahre gab es nur drei Büros in Italien, die auf die Planung von Yachten spezialisiert waren. Eines davon war in der Stadt ansässig, in der er wohnte: Florenz.

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Ab 1987 arbeitete er neun Jahre für Tommaso Spadolini, ehe er den Entschluss fasste, sein eigenes Studio am Arno zu eröffnen.

„ Ich gehöre nicht zu dieser Art von Architekten, die sagen: ‚Meine Entwürfe sind immer nur weiß.‘“

Designer, Architekt, Freund und Psychologe

„Ich habe wirklich bei null angefangen, ohne Sponsoren, ohne reichen Vater. Für die nötige Zeichenausrüstung habe ich mein Auto verkauft, einen alten BMW. Weil ich mir keine Räumlichkeiten leisten konnte, richtete ich mein Studio in meinem alten Kinderzimmer ein und meine Mutter wurde meine Sekretärin. Danach kam ein Yachtprojekt nach dem anderen und es wurde wirklich eine schöne Geschichte“, erinnert sich der Florentiner. 1998 sorgt „Sophie Blue“ für CBI mit ihrem farbigen Rumpf für Aufsehen. Die 2004 konzipierte „Sea Force One“ für Admiral Mariotti Yachts führte hydraulisch bewegliche Plattformen in die Yachtwelt ein. Der 2007 für Luciano Benetton gebaute 50-Meter-Explorer „Tribu“ erhielt als erste Yacht die Green-Star-Zertifizierung von RINA. Mit der „Rose“ wurde 2025 das erste Modell der neuen „Sportiva“-Linie von Tankoa Yachts vorgestellt, das Gästen über einen „Nemo Room“ Unterwassereindrücke gewährt.

Bis heute wurden mehr als 110 seiner Custom-Entwürfe gebaut, von denen keiner dem anderen gleicht. Der Grund für seinen Erfolg? „Zuzuhören! Ich gehöre nicht zu dieser Art von Architekten, die sagen: ‚Meine Entwürfe sind immer nur weiß.‘ Das bin ich nicht“, sagt Luca Dini. Ein verbindlicher Stil ist für ihn wie ein Gefängnis. Und darin lässt er sich nicht einsperren. „Wir sind der Auffassung, dass eine Yacht nicht uns gehört, sondern dem Kunden. Unser Ziel ist es, ihn zufrieden und glücklich zu machen. Wenn wir dann auch noch etwas machen können, das unseren Geschmack widerspiegelt, umso besser“, sagt der Gestalter.

Natürlich ist dies auch herausfordernd: „Die Beziehung zum Kunden ist das Schönste und Schwierigste zugleich. Mit der Werft zu kommunizieren ist einfacher, da wir sowieso dieselbe Sprache sprechen. Beim Eigner ist man nicht nur Designer oder Architekt, sondern immer auch ein bisschen Freund und Psychologe. Man muss vieles auf einmal sein. Schließlich kauft man eine Yacht nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Bauch, weil sie etwas Emotionales ist. Und wie bei allen emotionalen Dingen ändert man auch manchmal seine Meinung. Heute ist etwas rot, morgen ist es grün. Damit muss man umgehen können“, ist Luca Dini überzeugt. Er dirigiert ein mehr als 60-köpfiges Team, das jeweils zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt ist. Dieser Punkt ist ihm wichtig. Auch hier geht es darum, eine Verengung der Perspektive zu vermeiden und stattdessen verschiedene Blickwinkel einzunehmen.

Das Prinzip der Vielfalt gilt vor allem für Heesens 55-Meter-Projekt „Agnetha“, das im April 2025 vorgestellt wurde und Platz für zwölf Gäste in sechs Kabinen bietet. Wobei die 86 Quadratmeter große Eignerkabine über einen eigenen Wohnbereich, ein Arbeitszimmer, einen begehbaren Kleiderschrank und einen privaten Außenbereich verfügt. Vier weitere Gästekabinen befinden sich auf dem Unterdeck, hinzu kommt eine VIP-Suite auf dem Brückendeck. Die Inneneinrichtung stammt von Luca Dini Design & Architecture, so der offizielle Büroname. „Zum ersten Mal haben wir uns an die Planung eines Serienmodells gewagt, das ohne Kunden gebaut wird“, erklärt Dini.

Im Vergleich zu einer Full-Custom-Yacht reduziert sich die Konzeptions- und Bauzeit erheblich. Dennoch ist keine Uniformität an Bord zu befürchten. Die Kunden können zwi- schen vier verschiedenen Interior-Welten wählen, die nach den Shakespeare-Stücken „As You Like It“, „The Winter’s Tale“, „A Midsummer Night’s Dream“ und „The Taming of the Shrew“ benannt sind. „Es ist interessant zu sehen, wie viel Individualisierung möglich ist, wenn die Innenausstattung festgelegt ist. Wir haben daher mehrere Vorschläge unterschiedlicher Beleuchtung, Möbel und Dekoration vorbereitet, um zu zeigen, wie ein fast fertiges Interieur weiter verändert und an die Bedürfnisse des Kunden angepasst werden kann“, betont Silvia Margutti, leitende Architektin bei Luca Dini Design & Architecture. Das Ergebnis ist ein stilistischer Baukasten, der sich clever kombinieren lässt. Während die Grundrisse an Bord unangetastet bleiben, lassen sich das Aussehen und das Gefühl an Bord variieren, um so individuelles und persönliches Ambiente zu kreieren.

Personalisierung und Serienfertigung gehen Hand in Hand

Auch wenn der Fokus des Büros ganz klar in der nautischen Welt liegt, hat sich das Spektrum in den letzten Jahren deutlich geweitet. „Jeder, der sich eine Yacht baut, hat natürlich auch eine Villa oder eine wunderschöne Wohnung. Und so haben uns die Kunden immer mehr gefragt, ob wir ihnen bei diesen Projekten helfen können. Erst haben wir immer abgelehnt, weil wir uns aufs Yachting konzentrieren wollten. Aber dann kam der Moment, in dem wir gebeten wurden, in Saudi-Arabien eine komplette Insel zu entwerfen. Da konnte ich einfach nicht mehr Nein sagen“, erinnert sich der Architekt.

Gemeint ist die Insel Sindalah im Roten Meer mit mehreren Hotels, Apartmenthäusern, Restaurants, Golfclub, Wassersportzentrum und natürlich einem Yachthafen. Alles wurde von Luca Dini und seinem Team entworfen – vom Masterplan bis hin zu den kleinsten Details. Im Oktober 2024 wurde ein erster Einblick auf die Baustelle gewährt. Die Eröffnung der ersten Gebäude ist für Ende 2025 geplant.

Als der Startschuss für die Insel erfolgte, musste Luca Dini schnell reagieren. Schließlich konnten seine Mitarbeiter als ausgewiesene Experten für Schiffbau nicht die gleichen sein, um dieses gigantische Projekt an Land zu betreuen. „Also haben wir praktisch ein ganzes Architekturbüro übernommen und es in unsere Struktur integriert. Von da an sind wir weiter gewachsen. Heute machen wir zu 50 Prozent Yachtbau und zu 50 Prozent Architektur“, erklärt Dini. Trennen lassen sich beide ohnehin nicht. Sie sind unmittelbar verwoben. Das zeigt die Planung für die Water Canal Marina in Dubai.

Neues Terrain für nautische Exkurse

„Wir haben in der Mitte des Yachthafens ein Gebäude mit Geschäften, Restaurants, Clubs platziert, wohin die Leute spazieren können. Denn in Dubai verändert sich gerade wieder alles und die Menschen beginnen zu verstehen, dass wir uns nicht nur in klimatisierten Räumen aufhalten können. Das Ziel unserer Planung ist es, die Menschen davon zu überzeugen, wieder nach draußen zu gehen“, freut sich Dini.

Auch in Albanien entstehen derzeit mehrere Projekte. In der Küstenstadt Durrës wächst der 30-geschossige Durres Tower empor, der mit mäandernden Terrassen und begrünten Fassaden die Blicke auf sich zieht. Dazu kommt die Planung für einen sechseinhalb Kilometer langen Küstenabschnitt, der heute noch nicht einmal von einer Straße erschlossen ist. Neben einem Yachthafen und einem Yachtclub sind zahlreiche Villen und ein Casino geplant. Keine Betonklötze, sondern elegante Bauten, die einen Hauch von Portofino an die albanische Küste holen sollen. „Für uns alle in der Yachtwelt wird dies ganz sicher das nächste Reiseziel sein. Von Griechenland nach Kroatien zu fahren ist eine lange Strecke. Albanien liegt in der Mitte – genau richtig für einen Zwischenstopp“, ist Luca Dini überzeugt.

Es sind Bauten in der Nähe von Häfen oder der Küste, die dem Büro im Blut liegen. „Das Meer ist immer präsent. Denn das ist unsere Denkweise. Bei einem neuen Projekt versetzen wir uns in den Eigner einer Yacht hinein. Wenn er an Land kommt, was erwartet er? Was möchte er sehen? Unsere Erfahrungen im Yachtbau und im Umgang mit besonderen Materialien lassen uns Projekte realisieren, die etwas Besonderes sind.“ Klasse geht für Dini vor Masse – selbst bei großen Projekten. Deswegen will er auch nicht zu schnell wachsen. „Es wäre für uns ein Leichtes, von derzeit 60 Mitarbeitern auf 200 zu kommen. Aber wir hätten dann bestimmte Prozesse nicht mehr unter Kontrolle und würden zu einer Maschine werden, die sich ständig bewegen muss. Wir wären dann kein Architekturbüro mehr, sondern ein Industrieunternehmen.“ Derzeit wird das Studio von sechs leitenden Mitarbeitern geführt, die die Kunden alle kennen.

„Wenn das Studio zu groß wird, geht dieser Kontakt verloren. Die Kunden haben dann keine Beziehung mehr zu mir, sie haben keine Beziehung mehr zu denen, die direkt neben mir stehen. Das möchte ich nicht“, betont Luca Dini. Die ersten Skizzen fertigt er von Hand. Und auch seine Mitarbeiter sind nicht nur am Rechner tätig. „Hier gibt es noch eine Abteilung, die von Hand zeichnet. Sie sind wahre Künstler und gestalten mitunter auch Comics. Es macht mir immer große Freude, ihnen beim Zeichnen zuzusehen. Denn für mich geht die Idee vom Kopf zur Hand und dann weiter aufs Papier“, erklärt Luca Dini.

Nachdem die ersten Ideen skizziert sind, werden sie am Computer weiterentwickelt. In der Regel präsentieren die Gestalter Klienten zwei oder drei verschiedene Entwürfe, die das Wohnzimmer, die Mastersuite und ein Badezimmer zeigen. „So sehen wir, ob die Atmosphäre gefällt und wir auf dem richtigen Weg sind. Dabei geht es auch gleich um die konkreten Materialien, Farben und Details. Sie werden nicht am Schluss festgelegt, sondern sind integrale Bestandteile des Entwurfs“, so Luca Dini.

„ Menschen, die mit mir arbeiten, sollen an einem schönen Ort sein und sich wohlfühlen.“

Das Studio als Oase mit eigenem Garten und Koch

In Forte dei Marmi hat sein Studio vor vier Jahren eine Dependance eröffnet, wo Silvia Margutti ein zehnköpfiges Team leitet. Hier werden die neuesten Materialien angeliefert, katalogisiert und können von den Kunden angesehen und vor allem auch berührt werden. Schließlich geht es an Bord einer Yacht nicht nur um den Look, sondern auch um die taktilen, sinnlichen Aspekte, die sich nicht am Bildschirm beurteilen lassen. Es kommt auf das Echte an, auf die handfesten Qualitäten. Doch lohnt sich stets auch ein Besuch in der „Zentrale“. Sie liegt inmitten von Florenz. Und doch hat man das Gefühl, auf dem Land zu sein, wenn die Blicke durch die Fenster hinaus in den großen, privaten Garten wandern.

Das Studio selbst bespielt einen Raum von 500 Quadratmetern Größe. Die Trennwände sind aus Holz gebaut – genau wie auf einem historischen Boot. Hinzu kommt ein weiterer Raum, der mit Fresken verziert ist und in dem Luca Dini seinen Schreibtisch bezogen hat. Auch von hier ist der Garten sichtbar, der für interne Meetings ebenso genutzt wird wie für Kundengespräche. Das Studio definiert einen Ort, der Wärme und Wohnlichkeit versprüht anstatt der Sterilität und Strenge einer typischen Office-Welt.

„Ich möchte, dass die Menschen, die mit mir arbeiten, an einem schönen Ort sind und sich wohlfühlen. Das ist das Wichtigste. Daher haben wir einen Koch, der jeden Tag für uns das Mittagessen zubereitet. Da wir ein sehr spezielles Geschäft betreiben und uns im Wesentlichen mit schönen Dingen beschäftigen, muss auch der Ort, an dem man sich aufhält, schön sein“, ist Luca Dini überzeugt. Man spürt es in seinen Projekten – auf dem Wasser wie an Land.

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