Uske Berndt
· 10.05.2023
Mit der 72 möchte Pearl Yachts die Wettbewerber in den Schatten stellen. Bill Dixon Design rückte wieder die Flybridge in den Fokus der 22 Meter, dazu kommen vier Suiten und ein modernes „New York City“-Interior von Kelly Hoppen.
Die Messlatte lag hoch: Seitdem die Pearl 62 auf dem Markt landete, sammelte die britische Marke prestigeträchtige Preise ein. „Das nächste Projekt musste also noch weiter gehen“, sagt der Geschäftsführer und ehemalige Yacht-Kapitän Ian Smallridge. Um den Erfolg zu garantieren, holte er für die 72 wieder Bill Dixon an Bord, der sowohl die Außenlinien zeichnete als auch die Konstruktion übernahm. „Der Fokus der Werft liegt exklusiv auf Flybridge-Modellen, das hebt Pearl hervor“, sagt Dixon. „So konnten wir die Außenlinien frei stylen und uns auf eine reinere Ästhetik konzentrieren.“ Für ihn rührt jedes Designelement von der Kernidentität einer Pearl, „allerdings haben wir uns mit dieser neuen Yacht auf ein höheres Niveau entwickelt.“
Der Rumpf bekam größere Glasflächen für einen modernen Look, dazu kommt eine gewisse „sportliche Attitüde“, die sie von der 62 übernommen hat: ein typisches Merkmal der neuen Yacht-Generation. Laut Dixon sind „die Linien so elegant wie immer“, nur ein wenig glatter und stromlinienförmiger, „die Verwendung von Formglas verleiht ihr Kurven an genau den richtigen Stellen.“
Ian Smallridge war zunächst überrascht zu sehen, wie viel Platz auf dem Unterdeck für die Unterbringung der Gäste entstehen konnte: „Zwei Masterkabinen“, erzählt er begeistert, davon eine mit einem privaten Zugang vom vorderen Salon, „das sieht man normalerweise nur auf viel größeren Yachten“. Im Bug liegt also die Haupt-Eignersuite, eine zweite zieht sich mittschiffs über die gesamte Bugbreite von 5,70 Meter. Hinzu kommen hier noch zwei weitere Gästekabinen, eine Unterkunft für die Crew sowie die Tendergarage am Heck. Insgesamt ging es beim Layout darum, den vorhandenen Raum bestmöglich zu nutzen, angefangen bei den Open-Air-Arealen. Die Flybridge ist ein gutes Beispiel für das Thema Flexibilität, das die gesamte Pearl 72 definiert. Smallridge dazu: „Die Gäste genießen die frische Luft und dieses Flybridge-Gefühl unter dem variablen Hardtop.“ Dieses wartet mit drei Einstellungen auf: Vollschatten, verstellbare Jalousien und Sonne. Vorn neben dem Steuerstand gibt es eine kleine Sitzecke, sodass Steuermann- oder -frau bei der Arbeit etwas Gesellschaft bekommt. Gleich dahinter steht ein Speiseplatz bereit, mit einer Bar gegenüber.
Der hintere Bereich wird den Bedürfnissen der Eigner angepasst, etwa mit frei stehenden Möbeln, Sonnenliegen oder Jacuzzi“, betont Smallridge.
Über Stufen erreichen die Gäste das achterliche Cockpit mit Sofa und einem Tisch, der sich aufklappen und in der Höhe verstellen lässt. Dazu passen frei stehende und mobile Sitzmöbel. Der Bereich ist von oben gut durch die Flybridge geschützt, liefert aber herrliche Ausblicke, „einer der Haupt-Unterhaltungszonen an Bord“, so der Werftchef. Eine Etage tiefer schließt sich der kleine Beachclub mit Badeplattform an. Als Sitzgelegenheit dient eine Klappbank, die auf dem Garagentor montiert ist. Dahinter parken ein Williams-Tender sowie ein Jetski. Auf Wunsch surren zu beiden Seiten hin noch zwei Mini-Plattformen in ihre Position kurz oberhalb der Wasseroberfläche. „Genug Möglichkeiten, um das Meer zu erreichen“, schwärmt Smallridge weiter.
Für die späteren Stunden empfiehlt er jedoch die Bug-Lounge: „Ein großartiger Spot, um den Tag zu beenden oder den Sonnenuntergang zu beobachten“. Unter dem luftigen Bimini sitzt es sich allerdings auch tagsüber schön schattig, flexibler geht es kaum. Ein schönes Detail ist, dass das gesamte Ankergeschirr gut versteckt liegt und beim Sonnenbaden die Sicht nicht behindert, oder wenn die Pearl 72 schön langsam von einer Bucht zur nächsten cruist – kein Problem dank 1,70 Meter Tiefgang.
Schnell von A nach B rauschen kann die Britin auch: Die Käufer können wählen zwischen zwei Motorenpaketen: entweder zwei MAN-Zwölfzylinder mit je 1029 Kilowatt oder zwei Aggregate aus MTUs 2000er-Serie mit jeweils 1193 Kilowatt Leistung. Letzteres Duo beschleunigt die in China gebaute und in Großbritannien ausgerüstete 72 auf maximal 32 Knoten. Bei vollen Bunkern und einer Fahrt von 25 Knoten beträgt die Reichweite 250 Seemeilen.
Wenn der Steuermann oder die Steuerfrau die Yacht nicht von der Flybridge aus lenken möchte, bietet sich das Ruderhaus vorne im Salon an. Die Kapitänssessel stehen hinter einer breiten, hochgezogenen und für Pearl Yachts typischen Windschutzscheibe. Gegenüber sitzen die Zuschauer in der Dinette, dahinter schließen sich Galley, Bar sowie die Lounge an. Der offene Raum zeigt die ganze Bandbreite des Interiors. Kelly Hoppen stattete auch schon die letzten Pearl-Modelle aus. Dieses Mal lautete das Motto „Indulgence“, was für Luxus oder auch Genuss stehen kann.
Das Konzept sah eine moderne Einrichtung vor mit weichen Linien, warmen Oberflächenstrukturen und neutralen Farbtönen. „Wir wollten ‚New York City auf dem Wasser‘ einfangen und dabei mit allen technischen Möglichkeiten arbeiten“, sagt die britische Designerin und zählt einige Beispiele auf wie Holzfurnier, Onyx-Marmor oder reflektierende Details aus Metall, „für eine irdische und sensorische Erfahrung“. Für Hoppen macht es kaum einen Unterschied, ob ihr Projekt auf dem Wasser schwimmt oder nicht. „Wir näherten uns dem Design genau so, als würden wir ein maßgeschneidertes Interior für eine private Residenz kreieren, dazu ließen wir uns vom urbanen Lifestyle inspirieren.“
Diese Yacht kommt nie aus der Mode“, resümiert Ian Smallridge.
„Sie ist funktional, hat flexibel nutzbare Bereiche und ein absolutes Avantgarde-Design.“ Hinzu kommt eine Gewährleistung von fünf Jahren – drei Jahre mehr als bei den meisten anderen Werften.