„Rio”Gute Laune mit farbenfrohem Interior auf 62 Metern

Uske Berndt

 · 08.12.2023

Gute Fahrt: „Rio“ ist auf Reisen ökonomischen zwölf Knoten unterwegs. Die beiden Caterpillar-Motoren schieben den 1053-Tonner auf einen Topspeed von 15 Knoten
Foto: Maurizio Paradisi
Ganz klar: Das Profil von “Rio” verrät die Handschrift von Frank Laupman. Der Omega-Konstrukteur verpasste der 62-Meter-CRN einen kühnen Heckbogen und markante Linien. Dazu lieferte Pulina Exclusive Interiors ein sehr italienisches und extra farbenfrohes Innenleben

Gut möglich, dass die frisch eingetroffenen Gäste an Bord zuerst ein wenig streiten. Wer darf auf dem Unter­deck welche Suite beziehen? Die kleine Zweibett­kabine mit hellgrünen Möbeln, Streifentapeten und Schildkröten-Bettwäsche finden vor allem die Kinder richtig klasse. Bei den Damen ruft die kleine VIP-Unterkunft mit Doppel­bett und sämtlichen Schattierungen von Dunkelrot bis Pink viel Begeisterung hervor, wohingegen die zwei weiteren Suiten mit ihren Blau- und Gelbtönen alle mögen.

Zum Glück ist es am Ende egal, wenn sich die Besucher der CRN 138 nicht einig werden – die knalligen Farben und großen Muster ziehen sich schließlich durch alle Decks. So zieren Tukane und Raubkatzen die Wände der oberen Lobby, breite Querstreifen und Schmetterlinge schmücken die große VIP-Suite, und auf den Salonkissen tummeln sich rosafarbene Wasservögel. Gute Laune ist garantiert – und damit bietet „Rio“ das ideale Ambiente für eine junge Familie. „Wir haben uns von tropischen Wäldern inspirieren lassen“, sagt Interiorspezialist Alessandro Pulina. „Die Muster sollen das pralle Leben des Amazonas widerspiegeln.“

Typische Omega-Eigenheiten

Der schwimmende Dschungel ist eine der jüngsten Abliefe­rungen aus dem Hause CRN. Während sich das Team von Pulina Exclusive Interiors um die Ausstattung des Innenlebens küm­merte, entstanden Konstruktion, Layout und Außenlinien der 11,20 Me­ter breiten Stahl-Alu-Yacht in engster Zusammen­arbeit mit dem niederländischen Studio Omega Architects. Frank Laupman, der kreative Kopf des 1995 gegründeten Designbüros, zeichnete auch maßgeblich Heesens „Ela”. Als Bindeglied zwischen Eigner, Werft und Designern agierten die Broker von TWW Yachts mit Sitz in Monaco. Das Ergebnis zeigt einen Vierdecker mit allen Merkmalen, die derzeit en vogue sind: viel Glas, hohe Fenster, große Terrassen, flexibel nutzbare Räume und die Verschmelzung der Innen- und Außenbereiche – optisch wie funktional.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Dabei lassen vor allem die Exteriorlinien von „Rio“ sowie diverse Aufbautendetails typische Omega-Eigenheiten erkennen, etwa den leicht nach hinten geneigten Aufbau, der über zwei volumi­nöse Bögen optisch mit dem Rumpf verschmilzt. „Dank dieser geschwungenen Elemente, die sich vom Oberdeck bis hinunter zum Spiegel ziehen, agieren der Rumpf und das Hauptdeck als Einheit“, erklärt Frank Laupman sein Prinzip. „Die restlichen Aufbauten sehen im Vergleich dazu deutlich kürzer aus.“

Dank der Bögen entsteht nicht nur ein extravagantes Profil, sondern auch ein praktischer Sonnen- und Sichtschutz, der den Gästen auf den Heckterrassen ihre Privatsphäre garantiert. Darüber hinaus schauen die Sonnenanbeter auf ihre Umgebung wie durch einen Bilderrahmen. Das Cockpit bietet sich auch an, um vor dem Rundgang über die Decks noch eine kurze Pause einzulegen. Hier stehen lose Sofas und Sessel, deren dezente Farbtöne den grellpinken Hockern etwas Ruhe entgegensetzen.

Mobile Möbel machen auf “Rio” aus jeder Loungeecke eine flexibel nutzbare Fläche

Die runden Couchtische in drei verschiedenen Größen hingegen können ohne viel Aufwand Platz machen für eine kleine Party. Die Tanzfläche besteht dann aus vier semitransparenten Glas­einsätzen, die den darunterliegenden Beachclub samt TV-Lounge von oben ausleuchten.

Durch eine gläserne Schiebetür geht es in den großen Salon. Hier strahlt fast alles in Weiß. Lackierte Eiche und strukturierte Baumwolltapeten flankieren die Wände, eingerahmt von dünnen, pastelltürkisfarbenen Profilleisten. Dazu kommen Details in strahlendem Azurblau, etwa für die mit Leder bezogenen Barhocker oder Sitzpoufs. Als Verbindungsmodul zwischen außen und innen fungiert die L-förmige Bar, deren Vorderseite blau strukturierter Azul-Macaubas-Marmor ziert. Der Speiseplatz mit dem runden Esstisch für acht bis zwölf Gäste gibt sich wieder dezent und nahezu klassisch: dunkle Eiche für Tischplatte und Stuhlbeine wechselt sich ab mit weißem Leder für Tischgestell und Sitz­flächen. Am Ende des Raums Richtung Bug dient ein breites, quer stehendes Sofa als Raumteiler. Hier können die Gäste fernsehen oder die Kinder spielen, während die Eltern noch beim Dessert sitzen.

Die angrenzende Lobby führt zum Treppenhaus mit weißen Lederwänden in Quilt-Optik sowie zum Fahrstuhl, dessen Spiegelwände einen amüsanten 3-D-Effekt liefern. Der dunkle Walnussboden mit cremefarbenem Marmorinlay erdet die Nutzer dann wieder. Ein kurzer Korridor bringt die Gäste zur großen VIP-Suite, deren Ausmaße und Aufteilung – begehbarer Schrank, zwei Arbeitsplätze plus zwei Marmorbäder – eher an eine Eignersuite denken lassen. Ein Hingucker über dem Bett ist die Bambustapete, die mit silbernen Fäden durchsetzt ist.

Handgemalte Dschungelbilder zieren die Lobby

Für die Crew der “Rio” gibt es auf dem Hauptdeck selbstverständlich getrenn­te Wege, zwischen Salon und Galley bewegt sie sich über einen eigenen Flur mit zwei Treppenhäusern. Eines führt zum Unterdeck mit den Crewunterkünften, das andere zum Oberdeck und von dort weiter hinauf zur Brücke, wo sowohl der Kapitän als auch der Erste Offizier nahe der Kommandozentrale über eine eigene Kabine verfügen.

Eine Ebene höher, auf dem Eignerdeck, wird es dann sehr privat. Die Lobby mit den handgemalten Dschungelbildern bildet das Zentrum des insgesamt 323 Quadratmeter großen Areals und teilt es in zwei fast gleich große Bereiche: die Master­suite vorn sowie den Salon hinten plus Vor- und Achterdeck. Die lichtdurchflutete Skylounge ist das eigentliche Wohnzimmer der Yacht, mit zwei sich gegenüberstehenden, breiten Sofas, dazu Liegen vor dem Bildschirm sowie gemütlichen Sesseln mit und ohne Fußhocker. Das Farbschema ist wieder maritim: Creme und Weiß trifft auf Blau in allen Nuancen, was auf den schlichten Parkettdielen wunderbar zur Geltung kommt. Das italienische Mobiliar lässt sich so arrangieren, dass wahlweise ein Gästetreffpunkt, ein Kino oder ein Spielzimmer für die Kleinen entsteht. „Neben dem Salon ist die Skylounge unser Lieblingsraum an Bord“, sagt Alessandro Pulina. „Er zeigt am besten unsere Designidee für ,Rio‘.“

Auf “Rio” gibt es Entspannung mit Aussicht in der XL-Badewanne

Zum Essen trifft man sich hier oben an der frischen Luft, ebenfalls an einer runden Tafel. Diesmal liegt eine Teakplatte auf einem tonnenförmigen Gestell aus blankem Edelstahl. Die Stühle mit Teakbeinen erinnern an klassische Deckchairs für Segelyachten. Gern räumt die Crew den Speiseplatz zur Seite, um Raum zu schaffen für eine große Party auf dem Achterdeck – selbstverständlich mit eigens designter Beleuchtungseinheit für die Lichtshow. Die DJ-Konsole kann mit dem yachteigenen Soundsystem verbunden werden, sodass die Beats auf allen Decks wummern. Ein paar Stufen führen hinauf auf den hinteren Teil des Brückendecks, der sich dank Bar – wie unten mit grünlich schimmerndem Marmor bedeckt – plus diversen Sitzgelegenheiten als erweiterte Partyzone mit Karaokeanlage nutzen lässt. Alternativ rücken hier die Sofas für einen Open-Air-Kinoabend zusammen. Tagsüber kommen die Gäste gern wegen des Pools und der angrenzenden Sonnenliegen hierher.

Für Ruhesuchende bietet sich der vordere Teil des Eigner­decks an. Die Mastersuite mit 180-Grad-Sicht zeigt sich eben­falls in klassischen Yachtfarben. Pulina entwarf hier zum Beispiel ein Betthaupt in weißem Leder mit vertikalen wasser­blauen Streifen sowie eine lang gezogene Konsole entlang der Fensterreihe, bedeckt mit hellblauem Leder. Kissen und Hocker leuchten dazu in grafischen Mustern. Der Schreibtisch des Arbeitsplatzes lässt sich auf Wunsch des Eigners so drehen, dass er aus jedem Fenster und vor allem zu jeder Zeit aufs Meer schauen kann. Ein paar Schritte sind es in das XL-Badezimmer, das durchweg mit Marmor verkleidet ist: schön strukturiertes, weiß-graues Calacatta Vagli Oro für die Wände und Crema d’Orcia für die Böden. Ziemlich einzigartig dürfte die Position der Wanne direkt vor dem Seitenfenster sein – für ein entspannendes Schaumbad mit Aussicht.

“Rio” ist voller Gegensätze – das macht sie aus

Vom Masterbereich gibt es einen direkten Zugang auf das spektakuläre, 115 Quadratmeter große Vordeck. Als Kontrast zum quirligen Achterdeck eignet sich das spitz zulaufende Areal ideal für eine morgendliche Yogaeinheit oder ungestörtes Lesen. Hier sitzt es sich ruhig, allerdings dank fehlendem Schanzkleid auch wie auf dem Präsentierteller. Der zurückversetzte Jacuzzi lässt sich jedoch von der Brücke nicht einsehen und liegt schön windgeschützt, selbst wenn der Kapitän die Yacht auf 15 Knoten Maximalgeschwindigkeit beschleunigt.

Auf jeden Fall ist das Vordeck ein erklärter Lieblingsort von Designer Frank Laupman, der an Bord vor allem die unterschiedlichen Merkmale der Bereiche schätzt: „Dieses großzügige, offene Deck ist das pure Gegenteil zum geschützten Cockpit auf dem Hauptdeck.“ Ähnliches gilt für die Mastersuite im Kontrast zum offenen, maximal verglasten Salon auf dem Hauptdeck. Nun, am Ende machen gerade die Gegensätze „Rio“ zu dem, was sie ist: eine Yacht für Gäste mit einer Vorliebe für knallige Farben, für Familien mit Kleinkindern, für Erholungssuchende, Yogafans oder Partypeople.


Technische Daten der “Rio”

  • Länge über alles: 62,00 m
  • Breite: 11,20 m
  • Tiefgang: 3,15 m
  • Verdrängung (voll): 1053 t
  • Material: Stahl, Alu
  • Gross Tonnage: 1218 GT
  • Motoren: 2 x CAT 3512 C
  • Motorleistung: 2 x 1230 kW
  • Geschwindigkeit (max.): 15 kn
  • Geschwindigkeit (Reise): 12 kn
  • Reichweite: 4500 sm
  • Generatoren: 2 x CAT 200 ekW
  • Kraftstoff: 140.000 l
  • Wasser: 30.000 l
  • Gäste: 12/14
  • Crew: 15
  • Konstruktion: CRN
  • Exteriordesign: Omega Architects
  • Interiordesign: Pulina Exclusive Interiors
  • Klasse: Lloyds Register, LY3, IMO Tier III
  • Werft: CRN, 2022
 | Zeichnung: Werft | Zeichnung: Werft

Dieser Artikel erschien in der BOOTE Exclusiv-Ausgabe 06/2022 und wurde von der Redaktion im Dezember 2023 überarbeitet.


Auch interessant:

Meistgelesen in der Rubrik Boote