Werftreport„Weltgrößter Sportfisher” von Royal Huisman zur Taufe überführt

Uske Berndt

 · 03.02.2024

„Big Fisher“: Werft-Tor auf für das Vripack-Design. Deck Nummer sechs sowie das Hardtop kommen erst draußen auf die Alu- Aufbauten der 52 Meter
Foto: Tom van Oossanen / Royal Huisman
Royal Huisman stellt ein Programm der Superlative vor. Neben dem weltgrößten Sportfisher wachsen eine Giga-Slup mit 85 Metern und die Ketsch „Aquarius II“ in den Himmel von Vollenhove. BOOTE EXCLUSIV hat die Werft besucht.

Nun steht es draußen, das Projekt 406. Royal Huisman hat den schon fertig lackierten „Big Fisher“ aus Halle zwei gezogen und zur weiteren Ausrüstung auf das Wasser verlegt. Das Oberdeck, Hardtop und der Radarmast konnten erst hier auf die Alu-Konstruktion gesetzt werden, für den mit 52 Metern Länge und sechs (!) Decks „weltgrößten echten Sportfisher“ war selbst die im vergangenen Sommer frisch aufgeplusterte Fertigungshalle nicht hoch genug. Royal Huisman bereitet sich nun darauf vor, das Schiff in Amsterdam zu taufen.

Die Motoryacht ist auch ein Aushängeschild für das Vripack Yacht Design Studio, das ein Komplettpaket lieferte: Konstruktion, Linien und Interieur. Während der Bug schön lang gezogen ist und die hohen Schanzkleider das Ensemble hochseetauglich machen, bereitet das flache, aufgeräumte Cockpit die beste Basis, um den Fang an Bord zu holen – und im Tank zwischenzuparken. Um die nächsten Schwärme auszumachen, erklimmen die Gäste den „Tower“, dessen leicht nach unten gerichteter Winkel beste Sicht auf die Wasseroberfläche garantiert.

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Um mehr als die vom Platz her limitierte Ruten-Anzahl vom Heck auswerfen zu können, bekommt die Yacht zu beiden Seiten mit Stagen befestigte Angelausleger. Ihre „Schnüre“ laufen automatisch von der Spule, die die Kontrolle im Kampf mit der Beute übernimmt. Nach dem Motto „Theatre of the Sea“ wird der Moment, an dem ein Fisch anbeißt und herausgeholt wird, zum großen Spektakel für alle Yachtgäste.

Royal Huisman kreiert mehr als einen Sportfisher

Dass es an Bord nicht nur ums Hochseeangeln geht, machen schon die ersten Bilder mehr als deutlich: Projekt 406 zeigt die Ausstattung und Verarbeitungsqualität einer Superyacht, rund 350 Fachkräfte wirkten über Jahre an ihr mit. Der Sechsdecker macht nun Platz für ein anderes Mega-Vorhaben: Am Alu-Rumpf von Projekt 410 wird schon kräftig geschweißt. Die 85-Meter-Yacht vom Mani Frers-Zeichentisch (Interieur: Wetzels Brown Partners) läuft unter dem Motto „New World Sloop“, ihr Fokus liegt auf Nachhaltigkeit, sie soll die benötigte Energie unter Segeln selbst produzieren. Fast 15 Jahre nach dem Launch der Ketsch „Ethereal“ haben die werfteigenen Ingenieure große Fortschritte im Bereich Hybridantrieb und Energiespeicher gemacht. Auch die 2023 fertiggestellte 47 Meter lange „Nilaya“ (Design: Reichel/Pugh) gleitet elektrisch und emissionsfrei in die Ankerbucht. Das „Featherlight“-Prinzip, Alu plus Carbon, brachte elf Prozent Gewichtersparnis – alles wertvolle Erfahrungen für Projekt 410.

Die 65-Meter-Ketsch „Aquarius II“ (Projekt 408) ist schon weit gediehen und wird noch in diesem Jahr übergeben. Die Technik sitzt weitgehend am Platz, die Interieurspezialisten arbeiten auf Hochtouren. Ihre Schwester, „Aquarius I“ (56 m) entstand 2018 ebenfalls hier und wurde ihrem Eigner zu klein, „nun möchte er exakt die gleiche Yacht, nur neun Meter länger und noch regattatauglicher“, erklärt Marketingprofi Jurjen van ’t Verlaat. Ein großes Kompliment für die Werft.

Weitere Projekte von Rondal

Rondal „von nebenan“ hat sich mit dem Kauf eines neun Meter langen Autoclave auf die größeren Rigg-Teile der Mega-Projekte vorbereitet. Die Masten, etwa der knapp 60 Meter lange, drehbare Besanmast von „Aquarius II“, sind an anderer Stelle entstanden – „aber in einem Stück“ wie Vertriebsingenieur Boaz Dikken auf einem Rundgang betont. Dabei geht mit der Out of Autoclave Methode (OOA) noch mehr, sogar 90 Meter plus: Der gigantische „Ofen“ ist eine Halle, deren Tore geschlossen werden um die Luft – und damit die beiden vorgeklebten Mastschalen – auf 95 Grad aufzuheizen. Für Rigg und Decksausrüstung von Projekt 410 ist nun alles bereit. „Das ist alles zweimal größer als alles, was wir je gebaut haben“, verkündet der leitende Ingenieur Bart van der Meer.

Zu Rondals weiteren Projekten zählen zum Beispiel hydraulische Winschen mit 32 Tonnen Zugkraft, steuerbar per Joystick. Erste Prototypen für elektrische Varianten sind in Arbeit. Auch die kaptiven Winschen mit Carbontrommel für die Giga-Slup zählen zu den hauseigenen Aufgaben, sie sollen bis zu 50 Prozent leichter sein als vergleichbare Modelle „alter“ Bauart.

Im Refit-Bereich hat Rondal diverse Projekte im Orderbuch. Erst 2023 bekam die 56 Meter lange Perini Navi „Panthalassea“ (2010) ein neues Rigg, auf der To-do-Liste finden sich zudem die 93-Meter-„Eos“ von Lürssen (Baujahr 2006) sowie die 58 Meter lange „Ethereal“ von Royal Huisman (2009).

Huisfit ist mit den Überholungen diverser Segelyachten ausgelastet. Neben „Ethereal“ sind „Whisp“ (48 m, 2014) und „Elfje“ (51 m, 2014) an der Reihe – alles Wiederkehrer. Im Herbst 2023 endete ein besonderes Projekt. „Atlantide“ stammt von 1930 und stand eigentlich nur mit kosmetischen Verbesserungen auf dem Plan, dann aber erhielt der nostalgische Motorsegler eine zweijährige Runderneuerung inklusive Interieur. Die Vorlage für die Innenausstattung lieferte die 42 Meter lange Super-J „Hanuman“, die der Eigner 2009 bei Royal Huisman in Empfang nahm und 2020 bei Huisfit auffrischen ließ. US-Unternehmer Jim Clark ist ein wahrer Fan der Werft, er ließ hier auch schon die 47-Meter-„Hyperion“ (1998) sowie die 90 Meter lange „Athena“ (2004) bauen.

Auf ihre Projekte sind die Niederländer zu Recht stolz, auch darauf, fast alles unter einem Dach zu produzieren. Das steigere die Qualität, weil sämtliche Gewerke ineinandergreifen. „Nur wenn wir zu viel zu tun haben, vergeben wir einige Aufträge unter“, bestätigt Jurjen van ’t Verlaat. Das könnte in absehbarer Zeit häufiger vorkommen. Mit vollen Büchern blickt das Unternehmen auf 2024 und feiert diesbezüglich ziemlich entspannt seinen 140. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!


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