InterviewBenetti-Geschäftsführer Massimiliano Casoni über Bauprozesse und Kundenbindung

Sören Gehlhaus

 · 06.06.2024

Interview: Benetti-Geschäftsführer Massimiliano Casoni über Bauprozesse und KundenbindungFoto: Hersteller
Benettis Geschäftsführer Massimiliano Casoni
Massimiliano Casoni ist seit September 2023 Benettis Geschäftsführer. Als Ingenieur aus der Luxusindustrie setzt er auf optimierte Bauprozesse und enge Kundenbindung.

In welcher Branche haben Sie vorher gearbeitet?

Ich war mehr als 15 Jahre lang bei Ferrari, wo ich in der Logistik und in der Produktion begann. Danach war ich maßgeblich an der Entwicklung und dem Bau des California und des FF beteiligt, dem ersten Ferrari mit Allradantrieb. 2015 verließ ich Ferrari als Produktionsleiter und ging als Chief Operating Officer zu Technogym, dem Weltmarktführer für Fitnessgeräte. Es ist ein eher kleines Unternehmen, aber es ist ein riesiges Unternehmen in Bezug auf die Fähigkeit, verschiedenste Türen auf der ganzen Welt zu öffnen – sei es auf Yachten oder bei Unternehmen wie Google. Bei Technogym beschäftigten wir mehr als 250 Software-Ingenieure.

Haben Sie einen persönlichen Yachting-Hintergrund?

Nein, nicht direkt. Aber nach meinem Ingenieursstudium war ich Offizier der italienischen Marine und zwei Jahre lang in La Spezia. Wir haben die Garantiephasen unserer Schiffe und U-Boote betreut. Nach einem Jahr im Einsatz kamen sie in die Werft, in diesem Fall Fincantieri, und wir kontrollierten sie.

Was wollen Sie bei Benetti bewirken?

Benetti bedient einen ähnlichen Kundenstamm wie Ferrari und Technogym und ist genauso fokussiert auf Technologie, Design und Luxus. Ich weiß, wie wichtig es ist, eine Marke und das Bewusstsein dafür aufzubauen und den gesamten Bauprozess sowie Lebenszyklus zu kontrollieren, das fängt bei der Garantie und Garantieverlängerung an. Es geht auch um die Versorgung mit HVO-Biodiesel, die Schulung der Crew und der Kapitäne oder der außerordentlichen und normalen Wartung. Eben Dienstleistungen, die den Kunden und die Yacht länger begleiten. Diesen Weg sind andere Industrien gegangen, und ich denke, dass es auch im Yachtsektor funktioniert. Für einige Eigner ist die Yacht ein Vermögenswert. Sie wissen, dass gewisse Dinge getan werden müssen, um diesen zu erhalten.

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Wie soll dieser neue Service-Ansatz konkret aussehen?

Heute haben wir erste Details zu einem weltweiten Service-Netz vorgestellt, das 2025 seine Arbeit aufnehmen soll. Die Partner werden von Benetti ausgewählt und verwaltet. Ich glaube eher an vertikale Akquisitionen und daran, den Lebenszyklus einer Yacht zu vervollständigen, als andere Yachtmarken zu kaufen. Über unsere After-Sales-Abteilung hinaus möchten wir zusammen mit Lusben verschiedene Arten von Dienstleistungen anbieten. Wir haben technologische Neuerungen entwickelt wie die Software K-Finder für die Remote-Wartungen und Visualisierung verborgener Teile in Echtzeit, teils mithilfe von Augmented Reality. Wir können uns einen Kontrollraum vorstellen, in dem man auf einem riesigen Bildschirm die Orte und Zustände aller Yachten auf der ganzen Welt sehen kann, den Motor steuern und kontrollieren kann, wie die Boote unterwegs sind. Mit dem Zusatz von künstlicher Intelligenz könnten Wartungen vorhergesagt werden. Ich will den Service als Gewinnabteilung organisieren und nicht als etwas, das nur die Garantie verwaltet.

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Wird es Änderungen in Benettis Fertigung geben?

Ein Auto und eine Yacht sind etwas völlig anderes. Autobauer decken den gesamten industriellen Zyklus vom Chassis bis zum Bau des Motors ab. Im Yachtbau arbeiten wir mit vielen Zulieferern, die ein einzelnes Teil bauen. Ein Projektleiter sagte zu mir, dass der Bau einer Yacht wie ein Puzzle ist. Wenn man den Prozess kennt, kann man die Kosten kontrollieren. Und wenn man diesen Kostenüberblick und eine starke Forschungs- und Entwicklungsabteilung hat, kann man auch die Vereinbarungen mit Lieferanten besser handhaben. Das ist auch eine Frage der Qualität des Endprodukts. Wenn man den Prozess beherrscht, kann man die Lieferanten überprüfen. Es geht also darum, unser Know-how zu erweitern. Nicht nur beim Design und der Entwicklung der Boote, sondern auch beim Prozess. Das ist langwierig, aber ich glaube, dass wir mit Azimut eine Menge Synergien erzielen können, vor allem in der Lieferkette. Das ist in der Automobilindustrie schon lange üblich. Hier in Budapest kommen Kapitäne zusammen.

Wird es bald einen Benetti Owners Club geben?

Gut möglich, bei den Feierlichkeiten zum 150-jährigen Bestehen von Benetti war die Beteiligung von Eignern sehr hoch. Bei Ferrari gibt es die Cavalcade, wo Ferrari-Besitzer eine Tour durch eine bestimmte Region Italiens machen. Die Kunden von Benetti sind ein wenig anders. Wer eine so teure Yacht kauft, braucht einen sehr maßgeschneiderten Service. Da ist es sicher einfacher, den Eigner ohne Yacht zu bewegen (lacht).



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