Interview„Eine Gemengelage aus stark gestiegenen Preisen” in der Bootsbranche

Torsten Moench

 · 28.11.2024

Interview: „Eine Gemengelage aus stark gestiegenen Preisen” in der BootsbrancheFoto: Fabian Boerger
Karsten Stahlhut, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Wassersportwirtschaft e.V.
Die Bootsbranche steht vor Herausforderungen – aber vor welchen und warum? Das haben wir Karsten Stahlhut, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Wassersportwirtschaft, im Interview gefragt

BOOTE: Wie schätzen Ihre Mitgliedsunternehmen die derzeitige Wirtschaftssituation der Bootsbranche ein?

Stahlhut: Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Nachfrage nach großen Booten vergleichsweise stabiler ist, als die nach kleineren. Insbesondere die Werften und Importeure mit Einsteigerbooten unter 7 m Länge haben es schwer. Es gibt sogar Händler, die nach eigenen Angaben bis zum Sommer kein einziges Boot in diese Klasse verkauft haben. Kurzum: Länge läuft – auch im Verkauf.

BOOTE: Wo sehen Sie die Hauptgründe für diesen Nachfrageeinbruch?

Stahlhut: Das ist eine Gemengelage aus stark gestiegenen Preisen, einem Überangebot an jungen Gebrauchtbooten nach dem Corona-Boom, hohen Zinsen und nicht zuletzt dem allgemein angespannten Konsumklima. Menschen mit Geld nutzen die hohen Zinsen eher zur Geldanlage, als zur Anschaffung eines Neubootes. Menschen die den Bootskauf wiederum finanzieren müssen, werden durch hohe Kreditzinsen abgeschreckt.

BOOTE: Umgekehrt müsste diese Entwicklung ja bedeuten, dass die Erhaltungsaufwendungen für Gebrauchtboote steigen. Gibt es dazu Erkenntnisse?

Stahlhut: Ja. Die Auftragsbücher der Werkstätten und Reparaturbetriebe sind prall gefüllt. Hier gibt es jedoch ein anderes Problem: Viele Betriebe leiden unter akutem Personalmangel. Es gibt einfach zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte im Bootsbereich. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Nachfrage nach einer Elektrifizierung der Antriebe.

BOOTE: Hat die Zurückhaltung beim Neubootkauf einen Einfluss auf den Chartermarkt? Mit anderen Worten: Chartern die Menschen eher, als mit dem eigenen Boot unterwegs zu sein?

Stahlhut: Nein, dieser Zusammenhang lässt sich so nicht erkennen. Auch der Chartermarkt leidet. Im Binnenbereich berichten die Anbieter von einer deutlichen Preissensibilität Ihrer Kunden. Nur wer mit hohen Rabatten lockt, bekommt Buchungen. Auch hier zeigt sich die Konsumzurückhaltung der Charterkunden, die derzeit lieber auf Ihren Zweit- oder Dritturlaub verzichten.

Andere Destinationen wie beispielsweise im Mittelmeer, und hier insbesondere Kroatien, leiden gleichermaßen. Dort kommen neben der allgemeinen Buchungszurückhaltung noch eine regelrechte Preisexplosion bei den Nebenkosten wie Liegegelder, Restaurant-Preise oder lokale Gebühren hinzu. Wenig hilfreich sind auch die stark gestiegenen Flugpreise, die weiter entfernte Ziele zusätzlich unattraktiv machen.

BOOTE: Alles in Allem, lässt das auf eine schwierige Saison 2025 schließen.

Stahlhut: Das würde ich so nicht sagen. Wir sehen im letzten Quartal 2024 schon eine leichte Erholung des Marktes und rechnen spätestens für 2026 mit einer Konsolidierung. Aber bis dahin gilt es eine Durststrecke zu überwinden. Aktuell befinden wir uns in einem Käufermarkt, die Händler geben seit langem erstmalig sehr hohe Rabatte. Das kann man nutzen.


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