SeenotretterNeue Bootsklasse für die DGzRS

Jill Grigoleit

 · 06.04.2025

Visualisierung des Prototyps eines neuen Seenotrettungsbootes für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbruechiger (DGzRS)
| Renderings: R2 Marine
Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) hat den Bau eines Prototyps für eine neue Seenotrettungsboot-Klasse in Auftrag gegeben. Das 12,75 Meter lange Spezialschiff soll 2026 ausgeliefert werden und auf den Freiwilligen-Stationen an Nord- und Ostsee zum Einsatz kommen. Mit dem Neubau reagiert die DGzRS auf den anstehenden Generationswechsel in ihrer Flotte.

Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) treibt die Modernisierung ihrer Flotte voran. Die Seenotretter haben den Bau eines Prototyps für eine völlig neue Seenotrettungsboot-Klasse in Auftrag gegeben. Das gut zwölf Meter lange und bis zu 34 Knoten schnelle Spezialschiff soll 2026 an die DGzRS ausgeliefert werden. Anschließend werden die Seenotretter den Neubau auf verschiedenen Stationen an Nord- und Ostsee umfassend erproben. Mit dem innovativen Design reagieren die Seenotretter auf den anstehenden Generationswechsel in ihrer Flotte der 9,5-/10,1-Meter-Klasse.


Mehr zu der bewährten 9,5-/10,1-Meter-Klasse der Seenotretter:


Innovative Anforderungen für mehr Effizienz

Bei der Entwicklung der neuen Seenotrettungsboot-Klasse hat die DGzRS drei wesentliche zusätzliche Anforderungen formuliert. Neben den für alle DGzRS-Einheiten typischen Merkmalen wie Selbstaufrichtefähigkeit, hohe Seetüchtigkeit und Einsatzfähigkeit auf offener See sowie in küstennahen Flachwassergebieten, soll der Antriebsstrang vom Fahrstand getrennt werden. Dies soll noch ruhigere Arbeitsbedingungen für die Besatzung schaffen und die Handhabung der Bergungstrage erleichtern. Zudem sind modernste, aber einfach und intuitiv zu bedienende Kommunikations- und Navigationsanlagen vorgesehen. Ein weiterer Fokus liegt auf einer verbesserten Manövrierfähigkeit und deutlich höheren Geschwindigkeit, ohne die gewohnt hohe Seetüchtigkeit zu verringern.

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Technische Innovationen für mehr Leistung

Nach intensiver Projektarbeit hat die DGzRS mit Arctic Boats Oy aus Finnland einen auf deren Design basierten Schiffbauvertrag abgeschlossen. Ein Doppeljet-Antrieb mit bewährten Cummins-Motoren soll für mehr als 30 Knoten Höchst- und gut 25 Knoten Marschgeschwindigkeit sorgen, abhängig von den Wetter- und Seegangsbedingungen. Beide Antriebsstränge können völlig unabhängig voneinander betrieben werden (vollständige Redundanz). Doppelte Wasserstrahlantriebe verbessern zudem die Manövrierfähigkeit unter allen Bedingungen.

Innovative Materialien für mehr Flexibilität

Eine weitere Neuerung betrifft das Material: Der neue Seenotrettungsboot-Typ wird aus glas- und kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (GFK/CFK) gefertigt. Laut DGzRS sei das Material im Vergleich zum bisher genutzten Aluminium ebenfalls robust, aber noch leichter, in Bau und Unterhalt kostengünstiger sowie einfacher zu verarbeiten und instand zu halten. Ein weiterer Vorteil: Es ermögliche, alle Räume an Bord völlig frei zu gestalten. Das Deckshaus werde zudem vollständig elastisch gelagert, um die Geräusche im Fahrstand zusätzlich zu reduzieren. Erstmals seien für die gesamte Crew gefederte Sitze vorgesehen.

Optimierte Ausstattung für effiziente Rettungseinsätze

Bei der Innenausstattung setzt die DGzRS auf bewährte Konzepte mit gezielten Verbesserungen. Im Vorschiff wird es unverändert einen Raum geben, um Schiffbrüchige zu betreuen und medizinisch zu versorgen. An Deck ist viel Freifläche vorgesehen, um Rettungsgeräte zu lagern und sicher zu handhaben. Die Rettung Schiffbrüchiger unmittelbar aus dem Wasser erfolgt über eine tiefliegende Bergungsplattform am Heck. Das rundumlaufende Fendersystem wird begehbar sein. Verschiedene Leinensysteme sichern die Seenotretter bei Arbeiten an Deck. Ein Positionierungssystem soll das neue Seenotrettungsboot automatisch an Ort und Stelle halten. So kann der Vormann vom Innen- zum äußeren Manövrierfahrstand wechseln, etwa bei der Bergung aus dem Wasser oder beim Manövrieren am Havaristen oder im Hafen.

Erprobung und Ausblick

Zunächst wird unter der DGzRS-internen Registriernummer SRB 90 ein Prototyp durch Arctic Boats Oy in Zusammenarbeit mit Boomeranger Boats (Rumpflaminierung) und WD Steelworks (Ausstattung) in Finnland gebaut. Voraussichtlich für Frühjahr 2026 ist ein Kenterversuch geplant. Anschließend soll das neue Seenotrettungsboot auf vielen DGzRS-Stationen an Nord- und Ostsee umfassend erprobt werden. Bei Erfolg aller Versuche ist eine Serienfertigung geplant. Mit dem neuen Seenotrettungsboot-Typ bereitet sich die DGzRS auf den anstehenden Generationswechsel in ihrer Flotte vor. In absehbarer Zeit erreichen die zwischen 1999 und 2002 in Dienst gestellten ersten Einheiten der bewährten 9,5-/10,1-Meter-Klasse das Dienstalter von 30 Jahren, nach dem sie turnusmäßig ausgetauscht werden. Momentan sind mehr als 30 Seenotrettungsboote dreier Generationen dieses äußerst seetüchtigen, robusten und wendigen Spezialschiffes im Einsatz.

Technische Spezifikationen des Prototypen:

  • Länge: 12,75 Meter
  • Breite: 4,18 Meter
  • Tiefgang: 0,76 Meter
  • Verdrängung: 11,5 Tonnen
  • Leistung: 2 x 425 PS auf Jets
  • Geschwindigkeit: 34 Knoten
  • Typ: Doppeljet-Antrieb
  • Motoren: Cummins
  • Höchstgeschwindigkeit: über 30 Knoten
  • Marschgeschwindigkeit: gut 25 Knoten
  • Rumpf und Aufbauten: Glas- und kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (GFK/CFK)
  • Verglasung: Spezialsicherheitsglas
  • Deckshaus: Vollständig elastisch gelagert
  • Sitze: Gefedert für die gesamte Crew
  • Bergungsplattform: Tiefliegend am Heck
  • Fendersystem: Rundumlaufend und begehbar
  • Positionierungssystem: Automatisch

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