Werft-HistorieFrauscher startet in die vierte Generation

Britta Flöring

 · 14.11.2024

In der neuen Werft in Ohlsdorf stellen rund 90 Mitarbeiter etwa 80 Boote pro Jahr her.
Foto: RALPH FISCHBACHER WERBEFOTOGRAF.AT
Innovation, Design und Family Spirit seit 1927: Die Frauscher Werft startet nun in die vierte Generation. Wir waren vor Ort, um die Geschichte des Unternehmens aufzuarbeiten

Michael Frauscher verantwortet als Mitglied der Geschäftsführung die Produktion und Entwicklung. Zusammen mit Michael wird die Bootswerft von einem eingespielten Team geführt: Sein Bruder Stefan Frauscher verantwortet Vertrieb & Marketing, die Cousine Andrea Frauscher-Oberfrank kümmert sich um die Marina in Gmunden und Andreas Ahamer ist für die Finanzen und das Personal zuständig.

Als ältestes aktives Mitglied in der Geschäftsführung, lebt Michael die Unternehmensphilosophie. Nun ist er 60 Jahre alt geworden und plant seinen Ausstieg auf Raten, um der nächsten Generation rechtzeitig den Staffelstab zu übergeben. Ein Wechsel, der gut vorbereitet ist.

Die Anfänge von Frauscher

Die Anfänge der Frauscher-Geschichte machte Engelbert Frauscher 1927. Gerade einmal 24 Jahre alt war er, als er nach einer Tischlerlehre beim Onkel und ersten Erfahrungen als Bootsbauer bei der Firma Ratz in St. Gilgen seine Liebe für den Bootsbau entdeckte und eine „Bootbauerei“ an der Alten Donau in Wien übernahm.

Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten versuchte er 1933 sein Glück in Südamerika, wo der Bedarf an Arbeitskräften aus Europa groß war. Dieser Entschluss erwies sich als Trugschluss. Durch schwere Arbeit und Krankheit gezeichnet gelang es ihm aber, sich auf ein Frachtschiff zu retten, das ihn zurück nach Österreich brachte.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Zurück in Wien versuchte Engelbert Frauscher einen Neustart. Mit großem handwerklichem Geschick baute er Ruder- und Segelboote, darunter zwei Olympia-Jollen für den Österreichischen Segelverein, die bei den Olympischen Spielen in Berlin 1936 zum Einsatz kamen.

Wende nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Werft lief gut, bis der Zweite Weltkrieg ausbrach. Im Jahr 1944 wurde die Werkstatt und seine angrenzende Wohnung bei einem Bombenangriff schwer beschädigt. Sein erst 17-jähriger Sohn Kurt wurde zum Ende des Krieges zum Militär eingezogen und galt seitdem als vermisst. Seine Frau Fanny war im Laufe des Krieges mit den beiden jüngeren Söhnen Ernst und Hans zu Verwandten nach Geinberg gezogen. Engelbert Frauscher kam nach Kriegsende zu seiner Familie nach und überließ das Werftgelände in Wien seinem langjährigen Lehrling.

Oberösterreich befand sich zu der Zeit unter amerikanischer Besetzung und die Soldaten hatten großes Interesse am vorhandenen Yachtclub in Gmunden. Sie suchten einen Bootsbauer, der die Wartung und Reparatur der Boote übernehmen konnte.

Und so fing alles an. Engelbert arbeitete und schlief in der Werft der Firma Wicke im Stadtteil Weyer, dort, wo auch heute noch die Frauscher-Werft zu finden ist.

Nach Abzug der Besatzer konnte er die Werft günstig erwerben und ausbauen. Seine Frau Fanny leitete die Finanzen und seine beiden Söhne Ernst und Hans wuchsen als zweite Generation in das Familienunternehmen hinein. Der Aufstieg begann, als Herr Jany seine Ruderbootvermietung an Engelbert Frauscher verkaufte und ihm durch Beziehungen einen Startkredit verschaffen konnte.

Die zweite Generation

Ernst und Hans führten im Sommer die Bootsvermietung und arbeiteten an den ersten Holz-Elektrobooten mit. Zwei Kiel-Zugvögel aus eigener Werft kamen hinzu und eine neu gegründete Wasserskischule.

Hans, der jüngste Sohn, war begeisterter Wasserskifahrer, eroberte Titel in Serie und beeindruckte zuhause in Gmunden beim Pyramidenfahren und als Barfußfahrer.

Ernst und Hans absolvierten beide eine Lehre im väterlichen Betrieb, der durch die ersten Serienproduktionen von Ruder- und Holz-Elektrobooten, sowie den ersten Motorbooten „Fish“ und „Starfish“ erfolgreich lief.

1964 wurde ein zweites Bootshaus gebaut und Hans Frauscher gründete mit seiner Frau Dorothea eine erste Segelschule. Es folgte ein Verkaufsgeschäft für Segel- und Motorbootzubehör und Segelkleidung.

1968 baute Ernst Frauscher direkt am See ein großes Gebäude mit Werkstatt, Werft, privaten Wohnungen und einer Seglerpension, die von seiner Frau Elisabeth geführt wurde.

1971 entschied sich Hans dazu, die ersten Polyester-Boote zu bauen. Eine neue Ära brach an.

1972 legten die beiden Brüder ihre Firmen zusammen und traten als Ernst und Hans Frauscher OHG auf. Hans war für die Produktion verantwortlich, Ernst für Vertrieb und Finanzen.

Das gesetzliche Verbot Ende der 70-iger Jahre für Motorboote auf dem Traunsee im Sommer war zunächst ein schwerer Schlag, erwies sich aber als Beginn einer neuen Epoche. In den folgenden Jahren konnten tausende kleine Elektroboote verkauft werden.

Meilenstein für Frauscher

Ein neuer Meilenstein in der Firmengeschichte war der Erwerb der H-Boot Lizenz vom finnischen Segelverband im Jahr 1979. Das beliebte Boot wurde über 700-mal verkauft und brachte große sportliche Erfolge mit sich. Hans Frauscher wurde 1982 mit diesem Boot Weltmeister und sein Sohn Stefan im Jahr 2002 ebenso. Nachdem die dritte Generation den Fokus wieder zurück auf Motor- und Elektroboote legte, wurde das letzte H-Boot 2012 gebaut. Mittlerweile sind die Formen nach Estland zu Saare Yachts verkauft worden. „Wir freuen uns sehr, dass auf Basis unserer Werkzeuge wieder H-Boote gebaut werden“, so Michael Frauscher.

Die dritte Generation

1982 kam Michael, ältester Sohn von Hans, als geprüfter Bootsbauer in das Unternehmen, 1996 dann auch sein jüngerer Bruder Stefan für den Bereich Vertrieb und Marketing sowie die Cousine Andrea Frauscher-Oberfrank zum Unternehmen, das seit 1993 als GmbH & Co KG geführt wird.

Eine Generation, drei Schwerpunkte: Michael steht für Design und Produktinnovation, Stefan, oft in erster Reihe des Unternehmens im Rahmen von Marketing und Vertrieb und Andrea mit dem ergänzendem Serviceangebot.

Andrea, Tochter von Ernst, leitet seitdem den Frauscher-Hafen in Gmunden mit einem vielfältigen Angebot: Vermietung von Liegeplätzen, Winterlager und Apartments, Verkauf von Zubehör, Wartung und Service und Gebrauchtboothandel.

Seit Beginn des neuen Jahrtausends konnten mit den Modellen St. Tropez, Valencia, Lido, Riviera und Benaco bedeutende Elektro- und Motoryachten neue Trends in Sachen Innovation und Design setzen.

2008 entschloss man sich trotz wirtschaftlicher Krisenzeit zum Neubau der Werft, welche 2012 eröffnet wurde. In Ohlsdorf entstand eine moderne Werft, die den Durchbruch in die Luxuswelt ermöglichte. Das alte Werftgebäude in Gmunden wird weiterhin als Winterlager und Servicestandort betrieben.

Im gleichen Jahr wird der Standort in Port Adriano auf Mallorca eröffnet, um die Rauwasserstauglichkeit der Frauscher Motorboote auch direkt am Meer unter Beweis zu stellen.

2010 wurde die Frauscher 717 GT als Powerboat of the Year ausgezeichnet.

Seit 2014 sind mit Ludwig Nussbaumer, dem langjährigen Steuerberater der Frauschers, Andreas Ahamer (Geschäftsführer für den Bereich Finanzen und Personal) und seit 2016 Florian Helmberger (Prokurist im Bereich Vertrieb & Marketing) auch 3 familienfremde Wegbegleiter beteiligt an der Frauscher Bootswerft.

2016 geht man mit der Luxusyacht Demon 1414 einen weiteren Schritt vom See auf das Meer. Vom Erfolgsmodell wurden seitdem schon über 70 Stück gebaut.

2019 folgt eine Niederlassung in Port Grimaud an der Cote d Àzur, kurz danach ein Vertrieb in Miami, USA. Andere wichtige Standorte, z. B. am Gardasee, in der Schweiz, Kanada oder Dubai, uvm. sind durch ein stabiles und freundschaftlich – partnerschaftliches Händlernetz abgedeckt.

Warum Porsche mit Frauscher zusammenarbeitet

Alle Entwicklungsschritte bringen neuen Erfolg mit sich. Das wird honoriert, zuletzt 2024, als Frauscher den renommierten Staatspreis Marketing in der Kategorie „Manufacturing Industry“ gewinnt, nachdem ihnen mit Porsche gemeinsam ein wegweisendes Imageprojekt mit professioneller Vermarktung gelungen ist, die Frauscher X Porsche 850 Fantom Air.

„Als innovatives familiengeführte Bootswerft in Europa setzen wir mit unseren Premium Motorbooten, Elektrobooten und Yachten immer wieder neue Maßstäbe im internationalen Bootsbau. Seit 1927 befinden wir uns in Richtung Zukunft – mit dem Mut, Neuland zu entdecken”, sagt Michael Frauscher.

Der Erfolg gibt ihnen Recht. Mit jeder neuen Generation konnten sie den Umsatz bisher verdreifachen oder vervierfachen. Was ist das Erfolgsrezept?

Da sind zum einen regionale Lieferanten für Edelstahl, Tischlerarbeiten, Sattlerei oder Karbon, auf die man sich teilweise seit Jahrzehnten verlassen könne.

Außerdem baue man traditionell nach Bedarf, „just in time und on demand“, sodass keine großen Lagerbestände mehr notwendig seien. Auch dieser Aspekt würde viele Kosten einsparen.

Hat die erste und zweite Generation noch vieles selbst gemacht, würden mittlerweile immer mehr Arbeitsschritte ausgelagert. Die Schiffsrümpfe liefere beispielsweise eine Südtiroler Firma, die eigentlich auf Swimming-Pools spezialisiert sei. „Ist doch das Gleiche, ob das Wasser von außen oder innen käme“, so Michael Frauscher.

Werft arbeitet leidenschaftlich und ist familiär

„Das Team der Frauscher Bootswerft besteht aus langjährigen Mitarbeitern, die mit viel Leidenschaft und Hingabe die Bootswelt verändern möchten. Dieses Engagement wurde bereits durch unzählige Auszeichnungen der Frauscher Boote bestätigt.“

Die Faszination an der Arbeit und ein gutes Betriebsklima lindere den Fachkräftemangel. Man bilde den Nachwuchs auch selbst aus. Jedes Jahr drei bis vier Auszubildende und dabei könne man sich die besten Bewerber aussuchen. Im Schnitt kämen auf drei Stellen zehn Bewerbungen. Dabei liegt es auf der Hand, dass manchmal auch Familienmitglieder zusammenarbeiten, so ist zum Beispiel die Tochter eines langjährigen Bootbauers Verkaufsassistentin.

Die meisten Bewerbungen kämen aus der Region und zeigten eine große Leidenschaft für das Tischlerhandwerk und den Bootsbau. Fachleute der Elektrotechnik seien noch am schwierigsten zu finden und sind auch aktuell auf der Karriereseite der Website des Unternehmens ausgeschrieben. Auf der Pinnwand entdecken wir einen Aufruf, Freunde zu werben mit dem Anreiz von Prämien.

Corporate Identity zeigt sich auch durch die Frauscher-Shirts, die das komplette Team trägt, auch die Chefs persönlich. Eine saubere und ruhige Arbeitsatmosphäre in den Werfthallen mit viel Licht sowie regelmäßige persönliche Gespräche sorgen für ein angenehmes und gesundes Arbeitsklima.

Das neue Werftgelände in Ohlsdorf

Frauscher eröffnete 2012 die neue Werft auf einem 35.000 Quadratmeter großen Gelände in Ohlsdorf. 2024 erweitern sie dort ihre Produktionsflächen, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Mit einer Investition von 4 Millionen Euro setzen die Eigentümer ein klares Zeichen für die Zukunft und ihrer Verpflichtung zu Spitzenqualität und Innovation.

Der Zubau bietet ein Viertel zusätzliche Produktionsfläche und am Grundstück ist noch Platz für eine weitere Expansion.

Aktuell würden dort jeweils 16 Boote verschiedener Typen gleichzeitig gebaut, die festen Zweier-Teams zugeordnet seien. Hinzu kämen Azubis und Spezialisten für eigene Arbeitsschritte wie Elektrotechnik, Lackierung oder Qualitätskontrolle.

Pro Jahr werden dort etwa 80 Boote von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Produktion gefertigt. Am Standort in Ohlsdorf befinden sich derzeit neben ausgebildeten Bootsbauern auch Elektrotechniker, Lackierer, Tischler und Mechaniker, sowie Personal für die Verwaltung. Insgesamt im Moment ca. 90 Mitarbeiter.

Der Wechsel von der dritten zur vierten Generation bei Frauscher

Maximilian (33) und Georg (31), die beiden Söhne von Michael Frauscher sowie Johanna Frauscher (27), die Tochter von Stefan Frauscher, arbeiten als erste Vertreter der vierten Generation im Unternehmen. Sie sind bestens vorbereitet und seit Kindheit mit dem Familienunternehmen vertraut.

In dieser Generation gibt es weitere Kinder, die teilweise noch in der Ausbildung sind und in anderen Bereichen erste berufliche Erfahrungen sammeln. Nach der Devise „Erst einmal über den Tellerrand schauen und später mit neuen Ideen den Familienbetrieb modern weiterführen“. Oder auch nicht. Und wenn, dann ohne Druck.

Maximilian, Georg und Johanna sind aber mittlerweile so weit. Internationalisierung fand von Anfang an durch Austauschprogramme, Auslandsjahr, und Fremdsprachen statt. Neugierde, Mut und Selbstvertrauen, Struktur und Ordnung, Ehrgeiz und ein ausgeprägter Wettkampfgedanke sowie der Spirit der Frauscher-Familie sind spürbar. Auch Respekt und Demut. Vor dem Familienunternehmen, den zukünftigen Aufgabengebieten, vor den erstklassigen Booten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Die Aufgaben der neuen Generation

Bei uns wird man nicht automatisch Geschäftsführer, nur weil man den Namen Frauscher trägt, stellt Michael im Interview mit uns und seinem Sohn Georg klar. Er absolviert ein Trainee-Programm quer durch die Produktion und Entwicklung, und möchte zukünftig die Agenden seines Vaters Michael in der Geschäftsführung übernehmen.

Für den älteren Bruder Maximilian sei es schon immer klar gewesen, in den Familienbetrieb einzusteigen. Er arbeitet seit Jahren erfolgreich im Verkauf der Werft.

Johanna Frauscher startet Anfang November in der Marketingabteilung der Werft. Wie die anderen beiden nach abgeschlossenem Studium und externen Erfahrungen.

Michael Frauscher möchte sich weiterhin im Design- und Entwicklungsprozess neuer Modelle engagieren; zusätzlich ist ihm der Standort auf Mallorca ein ganz besonderes Anliegen. Innovation, Design und Family Spirit, damit Frauscher auch in Zukunft spannend bleibt.


Meistgelesen in der Rubrik Boote