Riva fertigt in La Spezia Yachten von 76 bis 133 Fuß in nahezu klinischer Umgebung und mithilfe moderner Arbeitsorganisation.
Durch den Golf von La Spezia, hinter dem gut zwei Kilometer langen Wellenbrecher, schippert auf einem Ponton ein Kasko heran, der in das Designschema von Riva passt: flach, sportlich, mit Aussparungen für große Fenster und mit dieser Ruderhaus-Front von der Form einer Falkenhaube. Wenn es diese eine unverkennbare Formensprache im Yachting gibt, dann ist es wohl die Formensprache von Officina Italiana Design für Riva. Auch die Großen aus GFK sind leicht auszumachen, selbst in halb fertigem Zustand.
Es ist die sechste Baunummer der 2022 vorgestellten 130’ Bellissima, die am zwölf Seemeilen entfernten Komposit-Standort in Massa laminiert wurde. „Alle unsere Rohbauten werden angeliefert. Hier in La Spezia bauen und statten wir aus“, erklärt Projektingenieur Michele Nardele. Alles oberhalb der 76’ Perseo Super gelangt auf dem Seeweg nach La Spezia. Modelle unter 76 Fuß kommen nach wie vor aus Sarnico am Lago d’Iseo, die Metallformate 50Metri und das neue 54 Meter lange Alu-Flaggschiff verlassen die Superyachtwerft der Ferretti-Gruppe in Ancona.
Die nicht schwimmfähige Bellissima wird in das Hafenbecken geschoben, vom 300-Tonnen-Travellift aufgenommen und an Hebeschlingen weiter in eine der sechs Hallen gefahren. Der spinnenhafte Rollkran und sogar die Poller leuchten in jenem Riva-Aquamarin, mit dem jeder Wasserpass abgesetzt wird und das hier überall auftaucht. Für ein stimmiges Gesamtbild schimmern die Hallentore ähnlich silbrig wie das Gros der GFK-Yachten, die Fassaden strahlen in Nachtblau.
Das Launch-Dock flankieren zwei Piers, jeweils von Gebäuden umgeben, die eine Überdachung und ein Brückengang verbinden. Im östlichen Komplex ist das Hospitality Center beheimatet. Zur Übergabe fahren Kunden in eine Garage ein und erblicken über eine gläserne Stirnseite sogleich ihre Yacht. Ein Stockwerk höher werden im Flur Holzdekore oder Lacke ausgesucht und in einer privaten Lounge das Projekt konfiguriert. Auch hier zeigt sich Hochglanz-Mahagoni, teils mit stilisierter Fuge wie sie von Handyhüllen oder Aquarama-Modellbooten bekannt ist. Wohl kaum eine andere Yachtmarke inszeniert sich so sehr über das eigentliche Produkt hinaus wie Riva.
Es geht in die Hallen mit insgesamt vier Produktionslinien und 21 Bauplätzen. In La Spezia beschäftigt Riva 72 Angestellte und 101 Handwerker. Letztere verstärken 440 Personen aus Zuliefererbetrieben. „Unsere Mitarbeiter in der Produktion sind im Mittel 41 Jahre alt. In den Büros beträgt das durchschnittliche Alter 46 Jahre und die Unternehmenszugehörigkeit elf Jahre“, sagt Nardele und führt in die Lackierkabinen. „Sie zählen zu den größten Europas.“ Wobei es eher zwei Hallen sind, eine mit 516, die andere mit 444 Quadratmetern Fläche.
Im Anschluss bittet der Projektingenieur auf eine 39,62 Meter lange Bellissima, die „Seven“ heißen und dem prominenten Eigner als Ersatz für eine 90’ Argo dienen soll. Das GFK-Flaggschiff zeigt, wie sehr Riva ein weltweites Phänomen ist. Die erste ging an einen US-, die zweite an einen europäischen Eigner. Zwischen den Bauplätzen stehen auf oberer Ebene große Displays, die den Wochenplan pro Halle und projektbezogene Arbeitsfortschritte anzeigen. Hierüber checken sich auch Zulieferer nach abgeschlossenem Arbeitsschritt aus, woraufhin die Qualitätskontrolle erfolgt. Auch Anweisungen sind dort für eigenverantwortliches Handeln hinterlegt.
Seit 2014 baut Riva in La Spezia, mittlerweile schafft man 40 Ablieferungen pro Jahr. Stets sind es unverwechselbare Formen, die Mauro Micheli und Sergio Beretta von Officina Italiana Design liefern.
Baglietto steht für Alu-Gleiter, aber auch für verbrauchsoptimierte Stahl-Verdränger. Hinter dem Wachstum steht hohe Finanzkraft.
Grüner Wasserstoff gilt als der Champagner unter den Kraftstoffen. Als das Erdöl von morgen. Er ist rein und noch sehr rar. Dabei benötigt man für die Herstellung lediglich Wasser, erneuerbare Energiequellen und einen alkalischen Elektrolyseur. Wieso also grünen Wasserstoff nicht an Bord erzeugen? Wasser ist reichlich vorhanden, und in der Sonne ist man meist auch unterwegs. Bagliettos CCO Fabio Ermetto steht am Kopf der Hauptpier, unter einem überdachten Parkplatz mit Photovoltaikmodulen: „So groß wie hier wird die Solarfläche auf dem Sonnendeck der T52 sein.“ Die Bzero-Edition des erfolgreichen 52-Meter-Modells soll 2026 als schwimmender Testballon dienen. Dann werden die 275 Kilowatt Spitzenleistung aus der Sonnenkraft genutzt, um einen AEM-Elektrolyseur von Enapter zu betreiben. Der hat eine Gesamtleistung von 55 Kilowatt und produziert bis zu 20 Kilogramm grünen Wasserstoff in 24 Stunden. Der Aufwand sei notwendig, weil die Infrastruktur für grünen Wasserstoff noch nicht existiere.
„Mit dem Teststand möchten wir unsere Kunden von der Sicherheit der Technologie überzeugen“, erläutert Ermetto und geht weiter ins Detail. Der erzeugte Wasserstoff wird nicht umgewandelt, anders als etwa Lürssen oder Sanlorenzo verzichtet man auf den Reformer Methanol. Jedoch wird das Gas auch nicht verflüssigt und energieintensiv in Kryotanks bei minus 253 Grad Celsius oder gasförmig bei 700 bar vorgehalten. Baglietto fand in Bluenergy Revolution einen Partner, in dessen Metallhydrid-Zylindern (MH-Speicher) der grüne Wasserstoff bei Raumtemperatur und 35 bar lagert. Die Kapazität soll bis zu 72 Kilogramm betragen, was einer Energie von 1,2 Megawattstunden entspricht. Ein Wärmemanagementsystem steuert das Aufheizen während der Wasserstoffentladung und Abkühlen während der Aufladung. Die benötigte thermische Energie stammt aus der Wärme der PEM-Brennstoffzelle von Arca, die schadstoff- und geräuschfrei bis zu 55 Kilowatt Strom erzeugt. Sie nutzt Wasserstoff als Brennstoff und speist den sauberen Strom in ein 700-Volt-Gleichstromnetz ein. Ein Gleichrichter wandelt in 400-Volt-Wechselstrom um. An Bord der Bzero-T52 werden sich auch Batterien mit einer Kapazität von 800 Kilowatt befinden, die vollelektrisches Fahren über 120 Seemeilen ermöglichen.
„In 80 Prozent unserer Anfragen spielen Hybrid-Antriebe eine Rolle“, sagt Ermetto. Von der T52 waren acht Einheiten verkauft, noch bevor Stahl in Kontakt mit Wasser kam. Der Bestseller entsteht in einer Bauzeit von 26 Monaten, 15 Yachten beschäftigen die Ingenieure sowie Ausbau- und Ausstattungsteams derzeit. Die Kunden kommen zu jeweils 40 Prozent aus Nordamerika und Europa. Sechs bis sieben Ablieferungen schaffe man pro Jahr, wobei immer eine Modelleinheit ohne Eigner begonnen wird. Ermetto sagt dazu: „Der Custom-Markt wird kleiner, Eigner sind auf immer kürzere Lieferzeiten aus. Dennoch möchten wir unsere Marktführerschaft bei den schnellen Alu-Gleitern nicht verlieren.“
Vom kompakten „Einstiegsmodell“ Dom 135 befinden sich vier am Standort in Carrara im Bau. Die Domus-Serie, lateinisch für Heim, konzipierte Stefano Vafiadis. Der Römer designte auch die Schwester, die 34,50 Meter lange Dom 115, die Baglietto ebenfalls aus Aluminium schweißt, wie Fabio Ermetto betont. Diese Fokussierung sei ein Grund, warum nordeuropäische Eigner die italienische Traditionswerft so sehr schätzen würden. Ein weiterer: „Wir müssen nicht in GFK bauen, um auf hohe Stückzahlen zu kommen und Anteilseigner zufrieden zu stellen.“ Ermetto ist sich der finanziellen Rückendeckung der Gavio Gruppe gewiss, die mit 200 000 Angestellten große Infrastrukturprojekte in Italien abdeckt. Das Yachtgeschäft, zu dem nach dem Zukauf im Jahr 2015 auch Bertram mitsamt neuer Werft in Tampa zählt, macht drei Prozent vom Geschäft der Gavios aus. In La Spezia wird der 700-Tonnen-Travellift, einer der größten im Mittelmeerraum, nicht stillstehen. Der nächste freie Neubau-Slot liegt im Jahr 2026.
Sanlorenzos Superyacht-Sparte mausert sich zu einem Gewinntreiber. Massimo Perottis Vision prägen Stilsicherheit und Nachhaltigkeit.
Bronzefarben schimmert das Portal vor einer spätbarocken Fassade. Gleich der Eingang der Sanlorenzo-Zentrale zeigt, worum es in La Spezia geht: Metallyachten, von 44 bis 73 Metern Länge. Hier trifft Schiffbau auf hohe Architektur. Denn auch die dahinter liegenden Produktionsstätten gestaltete der Mailänder Architekt Piero Lissoni. Die Hallen strahlen in einem starken Blau mit Nummern plakativ in großen Lettern und in der Schriftart Helvetica. Nachhaltig ist die Dämmung von außen mit gewellten, löchrigen Aluminium-Paneelen. Sanlorenzo-CEO Massimio Perotti und Lissoni kamen 2017 für den Interior-Auftrag der SX88 zusammen, von der derzeit die 50. Baunummer entsteht.
Die 50 000 Quadratmeter in La Spezia erwarb Sanlorenzo vor sieben Jahren, Metall fand 2007 mit dem Aluminium-Modell 40Alloy Einzug ins Portfolio. In den ersten zehn Jahren lieferte man 16 Yachten aus Stahl und Alu ab; dem gegenüber stehen ganze 32 Stapelläufe in den letzten sechs Jahren. Den Durchbruch brachte die 52Steel, von der mittlerweile die Neunte im Bau ist. Von der 2020 vorgestellten Alloy (44 Meter) liefen sieben vom Stapel, zeitweise arbeitete Sanlorenzo an vier Aufträgen parallel. Ebenso viele Einheiten schwimmen vom 50-Meter-Modell 500EXP, dazu kommen vier 460EXP – eine Rekordflotte innerhalb dieses Explorer-Größensegments.
Zum rasanten Anstieg der Metallsparte passt, dass Eigner laut Sanlorenzo mehr Zeit an Bord verbringen. Demnach waren Yachteigner 2016 im Durchschnitt 56 Jahre alt und verbrachten 60 Tage an Bord. Die Zeit auf See verdoppelte sich innerhalb von vier Jahren, das Durchschnittsalter sank auf 48 Jahre ab. Zwei X-Space liegen zur Auslieferung bereit, Sanlorenzo nennt das neue Modell einen „eleganten Explorer“: 44 Meter lang und 495 Gross Tons groß. Am Kai nebenan sind die 62 Meter lange „Rose d’Or“ und zwei 57Steel vertäut, allesamt mit modernen Zuccon-Linien. Die Schwesterschiffe zeigen die große Individualisierungs-Bandbreite auf. Farblich – mit dunkelgrauem und weißem Rumpf –, aber auch technisch. Auf „Alma“, mit Interieur von Vickers Studio, fährt der Tender wie auf der 52Steel nach Fluten des Beachclubs auf eigenem Kiel ein. „Virtuosity“ hat alle Tendergaragen im Vorschiff und wurde innen von Piero Lissoni entworfen.
Sanlorenzo dürfte die erste Yachtwerft sein, die ein 50-Meter-Projekt mit Brennstoffzelle ausstattet. Auf der ersten 50Steel, geordert von Massimo Perotti, soll bereits 2024 grünes Methanol im Bunker schwappen, das ähnlich wie Diesel gelagert wird, aber etwas mehr Volumen benötigt. Mit der 70-Kilowatt-Brennstoffzelle von Siemens Energy will man den Hotelbetrieb abdecken. Bis 2030 setzt Sanlorenzo auf duale Energieversorgung, danach auf emissionsfreien Yachtbetrieb. Für Perottis Strategie spricht der Aktienkurs, der seit Börsengang im Jahr 2019 um gute 100 Prozent angestiegen ist.