Seit Jahrhunderten wird Großbritannien für seinen Schiffbau gerühmt. Schon im Mittelalter legten die Briten Schiffe für Handel und Kriegsführung auf Kiel, und im 19. Jahrhundert, zur Zeit der industriellen Revolution, stieg England zur weltweit führenden Nation im Bau von Dampfschiffen auf. Damit baute das Vereinigte Königreich ein globales Handelsimperium und seine Seemacht auf.
Das Inseldasein verstärkte selbstverständlich diese maritime Tradition. Heute bleibt der Schiff- und Yachtbau ein wichtiger Wirtschaftszweig, obwohl er sich stark verändert hat. Moderne britische Werften bauen einige der technologisch fortschrittlichsten Schiffe der Welt, von Kriegsschiffen bis hin zu Kreuzfahrtschiffen. Trotz der Herausforderungen der Globalisierung und des Wettbewerbs bleiben die heimischen Werften ein Symbol für das maritime Erbe Großbritanniens.
Wenn es darum geht, eine Adresse mit tief reichenden britischen Wurzeln zu finden, führt kein Weg an Pendennis vorbei. Die Werft liegt an der Südwestküste Englands in der lebendigen Hafenstadt Falmouth, umgeben von einigen der schönsten Strände und besten Surfspots des Landes, und ist seit ihrer Gründung vor 35 Jahren eine Säule der Gemeinde in Cornwall. Pendennis beschäftigt mehr als 500 Mitarbeiter und verfügt über eines der erfolgreichsten Ausbildungsprogramme der Superyacht-Industrie.
Wie wichtig die Werft für die Region ist, wird bei einem Rundgang durch Falmouth deutlich: Pendennis-Arbeiter scheinen allgegenwärtig zu sein. Ein spontaner Café-Besuch am Tag des Ortstermins führt zu einem freundlichen Gespräch über das Unternehmen mit einem langjährigen Werftarbeiter, der stolz berichtet, dass drei Generationen seiner Familie für das Unternehmen gearbeitet hatten.
Mit mehr als 350 Refits und über 30 Custom-Neubauten ist Pendennis in der Branche für ikonische Yachten wie die 55,44 Meter lange Segelyacht „Adela“ (1995), den 44,20 Meter langen Katamaran „Hemisphere“ (2011) und zuletzt die 39,38 Meter lange Truly Classic 128 „Halekai“, die 2020 an ihren Eigner ausgeliefert wurde.
Neben komplexer Einzelbauten ist Pendennis besonders für ihre Refit-Projekte bekannt, die erstaunliche 80 Prozent des Auftragsvolumens ausmachen und Yachten mit einer Länge von bis zu 100 Metern umfassen. Dazu gehören die 58,80 Meter lange, 1931 gebaute Camper & Nicholsons-Motoryacht „Marala“ – ihre liebevollen Details wurden nach einer umfangreichen zweijährigen Restaurierung im letzten Jahr präsentiert – sowie zahlreiche Umbauten an der historischen Yacht „Mariette of 1915“, die dem traumhaft schönen Herreshoff-Schoner erst die Teilnahme an der beliebten Werftregatta Pendennis Cup ermöglichten.
Ein weiteres Restaurationsprojekt von Pendennis ist ein 59 Meter langes und zur Yacht konvertiertes Handelsschiff, das vergangenen März in Falmouth eintraf und momentan überholt wird. Unter der Leitung der erfahrenen Bootsbauer aus Falmouth erhält das 1957 gebaute Schiff derzeit ein neues Interieur, einen neuen Anstrich sowie ein komplexes Wärmerückgewinnungssystem und einen Hybridantrieb mit großen Batteriebänken.
Um einen unmittelbaren Eindruck von Pendennis‘ Produktivität zu erhalten, machten wir uns auf den Weg in Englands äußersten Südwesten. Mit „Ich hoffe, Sie fühlen sich fit, denn auf unserem Rundgang sind viele Treppen zu überwinden“ empfing uns Sales Manager Paul Griffiths lächelnd zur großen Werfttour. Er sollte recht behalten: Da viele der historischen Gebäude unter Denkmalschutz stehen, blieben auch die zahlreichen, mitunter steilen Treppenstufen erhalten. Was unsere Fitness herausforderte, kommt dem Werftambiente zugute: Die Atmosphäre ist beeindruckend! Neben zwei vollständig geschlossenen Trockendocks von 75 Metern Länge und 24 Metern Breite – sie können bei größeren Projekten auch als ein 150-Meter-Dock genutzt werden – verfügt die Werft über zwei 90-Meter-Hallen und eine 45-Meter-Halle sowie einen Lift mit 800 Tonnen Kapazität. Hinzu kommt ein 1400 Quadratmeter großer Refit-Komplex, in dem Lackier-, Tischler- und Stahlbauwerkstätten sowie Projektmanagementbüros untergebracht sind. Vervollständigt werden die Anlagen durch eine 200 Quadratmeter große Werkstatt für das finale Finish und die 80 Meter lange Masthalle, die die Expertise im Segelyacht-Segment stärkt.
Das Werftteam kümmert sich im Übrigen nicht nur um die Schiffe, die es baut, umrüstet und restauriert, sondern auch um die Crews, die an Bord arbeiten und leben. Mit einem hauseigenen Fitnessstudio, Büros, einem Trainingszentrum, einer 420 Quadratmeter großen Hospitality-Suite und den regelmäßig stattfindenden Yoga- und Fitnesskursen bietet sich Crews ein optimaler Rückzugsort, um sich von der anstrengenden Zeit an Bord zu erholen. Die Führungsmannschaft um Pendennis-Chef Toby Allies weiß offenbar auch um den Wahrheitsgehalt der bekannten Yachting-Weisheit: Nur eine glückliche Crew ist eine gute Crew.
Viele der laufenden Projekte von Pendennis unterliegen, wie in der Branche üblich, Geheimhaltungsvereinbarungen. Die Eigner wünschen keine Veröffentlichung oder gar Begehung. Eine bemerkenswerte Ausnahme stellt der 35-Meter-Neubau „Project Fox“ dar, den wir von Kiel bis Brückendeck erkunden durften. Die Rumpflinien berechneten die niederländischen Konstrukteure von Diana Yacht Design, das Ex- und Interieur-Styling oblag dem Studio Q London. Dass die Ablieferung bereits für 2024 angepeilt ist, mag man beim Anblick des Rohbaus kaum glauben. Um die Motivation und das Teamgefühl der Mitarbeiter zu stärken, hängt ein Digitaldisplay in Rumpfnähe, über das die Werftarbeiter den Baufortschritt in Echtzeit verfolgen können.
„Project Fox“ steht für 17 Millionen Euro bei Burgess zum Verkauf, hat eine Transatlantik-Reichweite von 3600 Seemeilen und bietet Platz für bis zu acht Gäste an Bord. Hinter der markanten Explorer-Fassade mit dem vertikal-voluminösen Steven setzen Pendennis-Tischler ein klares, minimalistisches Interieurdesign um, das von potenziellen Eignern leicht angepasst werden kann. Auch beim Decksbelag steht dem Kunden eine Auswahl an Teak-Alternativen zur Verfügung.
Beim Gang durch die verschiedenen Hallen und Büros der Werft fällt auf, dass die Mitarbeiter der verschiedenen Abteilungen trotz der beträchtlichen Größe der Belegschaft außergewöhnlich familiär und warmherzig miteinander umgehen. Der Erfolg des in der Superyachtwelt einmaligen Ausbildungsprogramms von Pendennis könnte eine Erklärung dafür sein. Ein Drittel der derzeitigen Mitarbeiter hat dieses Programm durchlaufen, und 17 Mitglieder des derzeitigen Managementteams sind ehemalige Auszubildende. „Auch ich habe mich hier hochgearbeitet“, erklärt Vertriebschef Griffiths, „ich fing im Projektmanagement an und absolvierte das Management-Entwicklungsprogramm, bevor ich meine jetzige Stelle bekam. Ich arbeite nun schon seit zehn Jahren hier und fühle mich immer noch wie ein Frischling!“
Ist für die Crew gesorgt? Ja. Glückliche Beschäftigte? Absolut. Doch wie nehmen Eigner die Werft wahr? Pendennis‘ Geschäftsführer Toby Allies erklärt: „Unsere Kunden genießen persönliche Werftbesuche und sind oft überwältigt, wenn sie die malerischen Landschaften Cornwalls zum ersten Mal sehen. Einige nutzen Falmouth als Ausgangspunkt für ihre Reise nach Nordeuropa, Schottland oder noch weiter in den Norden. Wir haben auch US-Eigner, die über unseren Heliport einfliegen.“ Obwohl Pendennis von den Vorteilen der außergewöhnlichen, wie abgeschiedenen Lage am äußersten Zipfel des Landes profitiert, öffnet sich die Werft auch nach außen und orientiert sich weiter in Richtung Süden, zu den Yachting-Hubs des Mittelmeeres. Das technische Servicezentrum für Superyachten in der Vilanova Grand Marina in Barcelona wurde erst im Herbst 2019 eröffnet, und Toby Allies hält sich die Möglichkeit offen, im Mare Nostrum weiter zu expandieren.
Die Grundlage für den gegenwärtigen und zukünftigen Erfolg von Pendennis liegt jedoch auf der Hand: die Stärke und Erfahrung der Belegschaft. Zu diesem Thema hat der Geschäftsführer das letzte Wort: „Mich fasziniert, dass das Durchschnittsalter unserer Belegschaft in den Dreißigern liegt. So können wir unser Wachstum planen und klar bestimmen, wie wir das Unternehmen in den kommenden Jahren weiterentwickeln. Kurz gesagt, ich bin davon überzeugt, dass wir eine große und sichere Zukunft vor uns haben, sei es hier in Falmouth, in Vilanova oder sogar noch weiter weg.“