Zum SaisonstartWann ist biozidfreies Antifouling eine Option? Der Bewuchsatlas hilft

Fabian Boerger

 · 17.02.2025

Zum Saisonstart: Wann ist biozidfreies Antifouling eine Option? Der Bewuchsatlas hilftFoto: Boote/Archiv
Der Bewuchs-Atlas informiert, welche Organismen wo vorkommen und welche Art von Antifouling in welchem Gewässer sinnvoll ist.
Der Bewuchsatlas des Umweltbundesamtes zeigt, wie sich der Bewuchs von Bootsrümpfen in verschiedenen deutschen Gewässern unterscheidet. Dadurch kann man sehen, welches Antifouling für welches Gewässer geeignet ist - und ob eine biozidfreie Alternative sinnvoll wäre.

Wer im Frühjahr sein Boot zu Wasser lässt, kommt meist nicht um das Antifouling-Streichen herum. Jährlich oder alle zwei Jahre muss die Schutzschicht erneuert werden, damit sich Pocken und Muscheln nicht am Unterwasserschiff ansiedeln. Laut Umweltbundesamt greifen dabei 95 Prozent der Bootsbesitzer auf biozidhaltige Anstriche zurück.

Durch Diffusion (Hartantifouling) oder durch kontinuierliches Auflösen des Bindemittels (polierende Antifoulings) geben sie giftige Stoffe ins Wasser ab, um zu verhindern, dass das Unterwasserschiff mit Muscheln bedeckt wird. Das Problem dabei ist, dass diese Stoffe nicht nur den Schädlingen, sondern auch der Umwelt schaden können. Dabei sind die giftigen Anstriche nicht immer und überall notwendig.

Bewuchsatlas zeigt regionale Unterschiede

Das hängt unter anderem vom sogenannten Bewuchsdruck ab, der in verschiedenen Gewässern unterschiedlich stark ist. Die Zusammensetzung der für den Bewuchs verantwortlichen Organismen variiert regional und saisonal; zudem können sich die Bedingungen von Jahr zu Jahr ändern. Der Bewuchsatlas soll über die lokalen Gegebenheiten informieren. Auf einer interaktiven Karte wird mithilfe eines Ampelsystems dargestellt, wo welche Organismen wie stark vorkommen und was man gegen sie tun kann.

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Regionen, in denen mit starkem Bewuchs zu rechnen ist, sich Seepocken, Miesmuscheln oder Kalkröhrenwürmer am Rumpf absetzen können, sind rot gekennzeichnet. In gelben Regionen können Zebra- und Quaggamuscheln vorkommen; der Bewuchs hat meist eine weiche Konsistenz und haftet nicht sehr fest. Die Regionen mit einem schwachen Bewuchsdruck sind wiederum grün gekennzeichnet. Muscheln kommen hier nicht vor, der Bewuchs geht selten über einen Biofilm hinaus.

Wie stark ist der Bewuchs in Ihrer Region? Finden Sie es heraus:

Weniger Bewuchs, weniger aggressives Antifouling

Entsprechend der Bedingungen sollte auch der Bewuchsschutz gewählt werden, heißt es auf der Seite des Umweltbundesamtes. Das bedeutet: Dort, wo nicht mit starkem Bewuchs zu rechnen ist, genügen auch weniger aggressive, umweltfreundlichere Antifoulings. „Unser Fokus ist schon, dass wir umweltfreundlichere Alternativen aufzeigen möchten. Es gibt mittlerweile zahlreiche biozidfreie Alternativen. Allerdings sind die nicht unbedingt in allen Gewässern sinnvoll“, sagt Sascha Setzer vom Umweltbundesamt. Schließlich seien die Bedingungen an der Küste andere als in Binnenseen; entsprechend unterschiedlich seien auch die geeigneten Produkte oder Maßnahmen, die man wählen könne.

Zudem haben sich die technischen Möglichkeiten im Bereich des Bewuchsschutzes stark verbessert. Heutzutage sind biozidhaltige Antifoulings nicht mehr die einzige Lösung, um starkem Bewuchs entgegenzuwirken. Auch einige biozidfreie Verfahren und Systeme zeigen in Regionen mit hohem Bewuchsdruck eine effektive Leistung.

Die Antifouling-Alternativen und wie wirksam die sind, lesen Sie hier:

Aufklärung seit den 90er Jahren

Der Bewuchsatlas entstand aus einer Initiative des Hamburger Forschungsinstituts Limnomar. Das Institut sammelte die Daten, führte Forschungen durch und veröffentlichte den Atlas erstmals Ende der 90er Jahre. Später übernahm das Umweltbundesamt den Atlas, aktualisierte die Daten mithilfe eines speziellen Gutachtens und stellt ihn seit etwa 2019 auf seiner Webseite zur Verfügung.

In naher Zukunft soll vor allem an der Aktualität der Daten gearbeitet werden, sagt Setzer. Aktuell beruhe die Karte statt auf regelmäßigen Monitorings auf bereits abgeschlossenen Untersuchungen. “Der Bewuchs ist saisonal sehr unterschiedlich. Da sich dieser auch von Jahr zu Jahr ändern kann, ist es wichtig die Daten aktuell zu halten”, sagt Setzer. Deshalb will man künftig verstärkt auf Bootsnutzer setzen, die zur Datensammlung vor Ort beitragen sollen.


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Bewuchsatlas-Update mit “Civic Science”

Das Projekt könnte folgendermaßen ablaufen: Bootseigner oder Hafenbetreiber lassen Bewuchsplatten für eine festgelegte Zeitspanne ins Wasser. Danach wird der Bewuchs fotografiert oder die Platte zur Analyse eingeschickt, um die darauf angesiedelten Organismen zu bestimmen. Die gewonnenen Daten werden in einer Datenbank gesammelt und auf einer Karte visualisiert. Diese Idee stecke allerdings noch in den Kinderschuhen, sagt Setzer. In diesem Jahr soll das Pilotprojekt gestartet werden. Erst zum Ende dieses Jahres sei dann absehbar, wie und ob das Projekt für die breite Öffentlichkeit geöffnet wird.


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