ADAC-Boot-Check auf dem Prüfstand

Andreas Scharbatke

 · 14.06.2012

ADAC-Boot-Check auf dem PrüfstandFoto: Thorsten Baering
Wohin der Expertenblick schweift: Auch ein Abstecher in den Motorraum ist selbstverständlich Pflicht.

Welche Vorteile bringt der neue ADAC-Boot-Check Gebrauchtbootkäufern? BOOTE-Experte Andreas Scharbatke hat die Dienstleistung unter die Lupe genommen.

  Wohin der Expertenblick schweift: Auch ein Abstecher in den Motorraum ist selbstverständlich Pflicht.Foto: Thorsten Baering
Wohin der Expertenblick schweift: Auch ein Abstecher in den Motorraum ist selbstverständlich Pflicht.

Wohl etwas zu weit aus der Luke oder aus dem Fenster lehnte sich der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC), als er im Januar 2012 während der boot in Düsseldorf mit dem ADAC-Boot-Check seine neue Geschäftsidee vorstellte (BOOTE 3/12, S. 16).

Ausschlaggebend für das neue Dienstleistungsangebot des ADAC mag der Gedanke gewesen sein, dass viele Verbraucher beim Kauf von Sportbooten – wie auch beim Autokauf – im wahrsten Sinne nicht wissen, was sie tun. Vielen Hobby-Newcomern fehlt der Blick und die Sachkunde, Mängel an den Objekten ihrer Begierde zu erkennen und deren „Bedeutung für den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch“, wie es in § 459 BGB vor der am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Schuldrechtsreform so schön hieß, richtig einzuschätzen.

Eben die Schuldrechtsreform im Jahre 2002 war es auch, die ordentlich Bewegung in den Gebrauchtbootmarkt brachte. Der Handel reklamierte damals recht laut, dass der Gesetzgeber insbesondere mit der Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers in den ersten sechs Monaten nach dem Kauf (§ 476 BGB) ihre Geschäfte kaputt mache.

Nur wenige Händler sahen oder sehen bereits in § 460 BGB (alte Fassung) und nunmehr in dem neuen § 442 BGB ihre sehr reelle Chance, den Folgen der Beweislastumkehr durch freimütige Offenlegung, oder eben Beseitigung, der vorhandenen Mängel auf sehr einfache Weise zu entgehen. So wäre es an sich schon im Jahre 2002 an der Zeit gewesen, den Gebrauchtbootmarkt mit einer „alten“ neuen Dienstleistung zu beleben, nämlich mit der gewerbsmäßigen Offenlegung von Fehlern oder Mängeln an gebrauchten Booten.

Doch diese Gelegenheit verschliefen die Boots- und Schiffbausachverständigen seinerzeit genauso wie die Chance, das eigene Dienstleistungsangebot mit einer Gebrauchtboot-Garantieversicherung zu kombinieren. Einer Versicherung, die über einen bestimmten Zeitraum diejenigen Mängel absichert, die der Profi-Mängelsucher, gleich ob kompetent oder nicht, nicht gefunden hat.

„Wenn es sonst keiner tut, machen wir es!“, so stellt sich die Idee des ADAC in Bezug auf den „Boot-Check“ dar. Der Club wandte sich hierzu vordringlich an den gewerblichen Bootshandel sowie den Versicherungsmakler Yacht-Pool, versäumte es aber ungeschickterweise, die berufsmäßigen Boots- und Schiffssachverständigen gleich mit ins Boot zu holen. Allerdings fällt es schwer zu glauben, dass Inhaber und Mitarbeiter kommerzieller Bootshandelsunternehmen oder Reparaturwerkstätten Gebrauchtkäufer und -verkäufer bei deren Privatgeschäften ohne Eigennutz und gegen ein Dumping-Entgelt unterstützen.

Auch war es sicherlich sehr weit hergeholt, den ADAC-Boot-Check als günstige Alternative zu den Gutachten der Boots- und Schiffssachverständigen – unter Missachtung der hohen Kompetenz insbesondere der IHK- und gerichtsvereidigten Sportboot- und Schiffbausachverständigen – anzubieten.

Die Gleichstellung von Äpfeln mit Birnen musste zwangsläufig den Zorn der Sachverständigenverbände auf sich ziehen und führte absolut vorhersehbar dazu, dass Deutschlands größter Automobilclub per Aufforderung des Verbandes der Sportboot- und Schiffbau-Sachverständigen e.V. (VBS) zur Abgabe einer Unterlassungserklärung diese Art der Werbung aufgeben musste. Dass es der ADAC nicht auf eine Unterlassungsklage ankommen ließ, sondern sofort außergerichtlich einlenkte, zeigt, dass die Münchener wohl selbst erkannt hatten, ein wenig – oder gar etwas mehr – übers Ziel hinausgeschossen zu sein.

Wie zum Hohn gegenüber dem abmahnenden Interessenverband weist der ADAC auf seiner Internetseite nunmehr auf die Kooperationsvereinbarung mit den Internationalen Bootsexperten e.V. (unabhängiger Konkurrenzverband des VBS) hin und empfiehlt in seiner aktuellen Werbung ausdrücklich die „zusätzliche“ Einholung eines Gutachtens bei hochwertigen Yachten.

Aber welchen Nutzen hat denn nun das neue ADAC-Produkt „Boot-Check“ für Gebrauchtbootkäufer und -verkäufer? Ein Wassersportneuling und technischer Laie wird vielleicht beeindruckt sein, wenn ein durch ADAC-Kompetenzzertifikat ausgewiesener Fachmann nach wert- und funktionsbedeutsamen Mängeln sucht und diese in einem Ergebnisprotokoll zusammenfasst. Der tatsächliche Nutzen hängt hierbei, ebenso wie bei dem Gutachten eines „Bootssachverständigen“, von der nicht nur vermeintlichen, sondern auch vorhandenen Fachkompetenz und Einsatzbereitschaft der mit der Mängelsuche beauftragten Person ab.

Allerdings erlebte der Verfasser auch schon einen vereidigten und in der Sportbootszene recht bekannten Bootssachverständigen, der in seinem Gutachten mehrfach die Namen amerikanischer Bootshersteller mit den Namen von Modell-typen verwechselte ebenso wie einen Sachverständigen, der einen auffällig hohen Reise- und Zeitaufwand betrieb, um zu seinem Gutachtenergebnis zu gelangen.

Es wäre jedoch unseriös, wegen negativer Einzelbeispiele über eine ganze Gruppe von Dienstleistern den Stab zu brechen. Inkompetenz und kritikwürdige Geldbeutelschneiderei gibt es in allen Bereichen, von den Gewerbetreibenden bis hin zu den Freiberuflern inklusive Rechtsanwälten und Ärzten. Im Einzelfall mag die Pauschalgebühr für einen ADAC-Boot-Check in Höhe von 679 € für eine 50-Fuß-Yacht ebenso zu hoch sein wie ein Sachverständigenhonorar in Höhe von 450 € für ein Kurzgutachten bezüglich eines 20-Fuß-Bootes.

Fazit: Der ADAC-Boot-Check ist eine für den Bootsneuling durchaus interessante neue Dienstleistung und kann sehr wohl eine gute Entscheidungshilfe beim Bootskauf geben. Sie stellt aber keine echte Alternative zu dem Gutachten eines vereidigten Bootssachverständigen mit langjähriger Berufserfahrung dar. Der Apfel ist eben keine Birne! Ob sich die Kosten des Boot-Checks für den Gebrauchtbootkäufer oder -verkäufer letztlich auch in Geld auszahlen, muss sich zeigen.

Entscheidend ist, ob das Boot-Check-Prüfsiegel Marke „ADAC“ dem Vertrauen der Verbraucher, das diese in die Objektivität und die Kompetenz „ihres“ Clubs haben, langfristig gerecht werden wird. Ein Markt für dieses Produkt, insbesondere in Kombination mit einer Gebrauchtboot-Garantieversicherung, ist sicherlich vorhanden