BootskaufAchtung, Steuerfalle!

Pascal Schürmann

 · 19.10.2025

Bootskauf: Achtung, Steuerfalle!Foto: YACHT
Aktuelle Angebote aus dem Gebrauchtbootsmarkt. Schiffe aus Norwegen werden häufig nur mit dem “Exportpreis” inseriert.

Wer ein Motorboot, das längere Zeit oder noch nie in einem EU-Mitgliedsstaat beheimatet war, nach Deutschland oder in ein anderes EU-Land einführt, muss bei der Einreise mit Besuch vom Zoll rechnen. Denn: Qua Gesetz wird dann fast immer Mehrwertsteuer aufs Schiff fällig. Das kann schnell teuer werden. Allerdings wird die Steuer offenbar nicht überall eingetrieben. In einigen Ländern hingegen schon, wie ein aktueller Fall zeigt.

Wer in Gebrauchtbootbörsen auf der Suche nach seinem nächsten Traumschiff ist, stößt mitunter auf Angebote insbesondere aus Nicht-EU-Ländern, die überraschend lukrativ wirken. Zumindest auf den ersten Blick. Schaut man genauer hin, sieht man hinter der Preisangabe dann jedoch nicht selten Hinweise wie “Ex VAT”, “Exportpreis” oder schlicht “netto”.

Der Grund: Die Verkäufer in den betreffenden Ländern hoffen auf Interessenten aus dem Ausland. In Norwegen beträgt die Mehrwertsteuer immerhin 25 Prozent, in Montenegro 21 Prozent und in der Türkei 20 Prozent. Ohne diesen Steuerzuschlag sieht der Bootspreis gleich viel freundlicher aus.

Unterschiedlichste Mehrwertsteuersätze

Und tatsächlich ist es in solchen Fällen auch von Vorteil, wenn dann beispielsweise in Deutschland nur 19 Prozent Mehrwertsteuer auf den Kaufpreis fällig werden. Das Problem: Nicht jeder hiesige Gebrauchtbootkäufer hat das im Hinterkopf.

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Insbesondere in der Bodenseeregion gehen dem Zoll gerne mal Eigner ins Netz, die ihr Boot in der benachbarten Schweiz (kein EU-Land) gekauft und es dann über den See- oder Landweg nach Deutschland (EU-Land) gebracht haben, ohne sich um Zoll oder Mehrwertsteuer zu kümmern.

Illegaler Einfuhr kann Geldbuße nach sich ziehen

Beides muss dann nachträglich entrichtet werden. Und eine Geldbuße gibt es unter Umständen für das Steuervergehen obendrein. Nur, wenn ein gebrauchtes Boot in einem EU-Land gekauft wird und die Mehrwertsteuer in der Regel bereits vom ersten Eigner bezahlt wurde, darf man das Mehrwertsteuer-Thema ignorieren. Ein zweites Mal wird sie nicht erhoben. Allerdings: Ausnahmen bestätigen die Regel!

In einem Fall nämlich halten die Finanzbehörden der EU-Staaten sehr wohl ein zweites Mal die Hand auf. Und zwar, wenn ein Boot aus dem Nicht-EU-Ausland, das aber ursprünglich aus der EU kommt und für das in der EU auch Mehrwertsteuer vom ersten Eigner abgeführt wurde, nun wieder zurück in die EU gebracht wird. Dann gilt die Drei-Jahres-Regel: War das Boot länger außerhalb der EU, wird bei der Einfuhr die Steuer erneut fällig. Begründung: Nach dieser Frist verliert eine ausgeführte Ware ihren EU-Gemeinschaftscharakter.

Nicht nur Käufer, sondern auch Eigner betroffen

Das betrifft im Übrigen nicht nur Gebrauchtbootkäufer, sondern auch Eigner, die für ihr Boot mehr als drei Jahre lang einen Liegeplatz in einem Nicht-EU-Staat hatten. Etwa in Montenegro oder in der Türkei. Auch sie müssen, etwa bei der Einreise nach Griechenland oder Kroatien, die Mehrwertsteuer erneut zahlen.

Allerdings nicht in immer. Es hängt häufig von den Zoll- und Finanzbehörden der EU-Länder ab, ob sie dem Eigner die eigentlich fällige Mehrwertsteuer auch wirklich aufbrummen. Das zeigt der jüngste Fall eines Belgiers, der mit seiner in der Karibik erworbenen Yacht erst Spanien ansteuerte und anschließend Frankreich.

Nun sieht sich Stéphane Dubois (Name von der Redaktion geändert) mit saftigen Steuerforderungen seitens der französischen Finanzbehörden konfrontiert. Die verlangen von ihm mehrere Zehntausend Euro Mehrwertsteuer, die für sein Schiff an die französische Staatskasse abzuführen sei. Dabei ist bereits vor vielen Jahren schon Mehrwertsteuer ganz regulär in Frankreich für Dubois‘ Yacht entrichtet worden.

Steuer schon beim Kauf vor 15 Jahren bezahlt

Das Problem: Das Schiff, eine 19 Meter lange Blauwasseryacht der französischen Garcia-Werft, war in den vergangenen Jahren mit den ersten Eignern auf Weltumsegelung. 2010 hatten sie das Boot neu gekauft und im Zuge des Erwerbs auch die Mehrwertsteuer in Frankreich bezahlt. Zwei Jahre später verließen sie die EU-Gewässer und starteten ihre Langfahrt. Die dauerte bis 2016. Dann steuerten sie Martinique an und beendeten dort ihre Weltreise.

In den Jahren danach blieb das Schiff – abgesehen von einzelnen Törns und Reparaturaufenthalten auf Nachbarinseln - in dem Karibikstaat. Besonderheit in diesem Zusammenhang: Bei Martinique handelt es sich um ein französisches Übersee-Departement und zählt damit zur EU.

Vor zwei Jahren dann entdeckte Stéphane Dubois die inzwischen zum Verkauf stehende Yacht der Weltumsegler und schlug zu. Er brachte das Schiff über den Atlantik zurück nach Europa. Als ersten Hafen in der EU lief er das spanische Baiona an. Dort klarierte er ein. Der spanische Zoll inspizierte das Schiff und bestätigte die erfolgte Einreise in die EU. Eine damit eigentlich automatisch schon in Spanien fällig werdende Mehrwertsteuer erwähnten die Beamten nicht.

EU-Gemeinschaftsstatus verloren

Unbekümmert setzte Dubois seinen Törn fort. Nächster Hafen: La Rochelle in Frankreich. Auch dort kam der Zoll an Bord – und stellte zur Überraschung des Eigners einen saftigen Steuerbescheid aus. Um die Steuersumme zu ermitteln, legten sie den Zeitwert des Schiffs zugrunde. Den ermittelten die Zöllner anhand des Kaufpreises, den Dubois gerade erst an die Voreigner gezahlt hatte.

„Da sich das Schiff während der Weltumsegelung mit den ersten Eignern länger als drei Jahre ununterbrochen außerhalb von EU-Gewässern befand, hatte es gemäß den EU-weit geltenden Steuerbestimmungen seinen Status als Gemeinschaftsware verloren“, erklärt Dubois. „Damit wird es vom Zoll so behandelt wie jedes andere Gut, dass von außerhalb in die EU importiert wird.“

Staat kassiert mehrfach ab

Das heißt, es wird zusätzlich zum Zoll auch Mehrwertsteuer erhoben. Wie hoch die ausfällt, hängt vom Warenwert sowie von der Höhe des Steuersatzes jenes EU-Landes ab, in das die Ware als erstes eingeführt wird beziehungsweise für das sie bestimmt ist.

Ob bereits in der Vergangenheit wie im Fall der Garcia schon einmal Mehrwertsteuer in der EU entrichtet wurde, spielt dabei keinerlei Rolle. „Das ist aber nur ein Aspekt, den ich bei der Sache als ungerecht empfinde. Denn selbst, wenn ich die Steuer nun erneut bezahle, bekommen die ersten Eigner ja ihre schon 2010 bezahlte Steuer nicht zurück“, erklärt Dubois. „Der Staat kassiert am Ende also für dasselbe Produkt zweimal ab!“

In Frankreich an die Kette gelegt

Formal korrekt wird bei einem Warenimport übrigens gar keine Mehrwertsteuer, sondern eine Einfuhrumsatzsteuer erhoben. Für beide gilt jedoch derselbe Steuersatz.

Was den Belgier zudem wurmt: „Andere Länder drücken bei einer Überschreitung der Drei-Jahres-Frist um bis zu sechs Monate ein Auge zu und sprechen dem Schiff dann nicht seinen Gemeinschaftswaren-Charakter ab. Meine Garcia war laut Logbüchern der Voreigner drei Jahre und fünf Monate außerhalb von EU-Gewässern, und trotzdem beharren die französischen Finanzbehörden nun auf die Besteuerung“, klagt Dubois.

Als er 2023 mit dem Schiff in La Rochelle angekommen sei, hätte der Zoll es an die Kette gelegt. Ich musste eine Sicherheitsleistung in Höhe der Steuer hinterlegen. Erst als das passiert war, durfte ich weitersegeln“, berichtet der Belgier. Seither fechte er den Steuerbescheid an. Bislang mit mäßigem Erfolg.

Niedrigerer Steuersatz in den Übersee-Departements

Immerhin sind die Behörden wohl bereit, die theoretisch schon bei der 2016 erfolgten Einreise des Schiffs in Martinique angefallene Steuer in Abzug zu bringen. Eigentlich ein prima Entgegenkommen. In Martinique gilt wie in allen Übersee-Departements Frankreichs ein recht niedriger Mehrwertsteuersatz von 8,5 Prozent. Blieben mithin „nur“ noch 11,5 Prozentpunkte Differenz zum französischen Steuersatz von 20 Prozent.

Die Sache hat allerdings gleich mehrere Haken: Die Übersee-Departements zählen offiziell gar nicht zum Steuergebiet der EU. Daher ist auch diese Art der Differenzbesteuerung, die Frankreich anwendet, im EU-Steuerrecht nirgends verankert. Bezogen auf die Garcia könnte daher das nächste EU-Land, in das die Yacht einreist, die französische Differenzbesteuerung beanstanden und zu Lasten von Stéphane Dubois korrigieren.

Einige Länder handhaben die Steuerproblematik laxer

Problematischer aber noch: Die ersten Eigner hatten offenbar 2016 bei der Ankunft in Martinique gar keine Einfuhrsteuer bezahlt. Wie später in Spanien hatten auch dort die Behörden wohl darauf verzichtet oder es schlichtweg versäumt, sie zu erheben.

„Die EU hat vergessen, in ihrer Steuergesetzgebung auf die spezifischen Belange der Sportbootschifffahrt zu achten“, ärgert sich Stéphane Dubois. Er fordert die hiesigen maritimen Verbände auf, die Politik zu drängen, sich des Problems anzunehmen. „Ein Schiff, dass als Wohn- und Reisegefährt genutzt wird, kann man doch nicht mit irgendeiner beliebigen Ware gleichsetzen, die in die EU eingeführt wird.“

EU-Steuerregeln sind Handelshindernis für Yachtmakler

Dieser Ansicht ist auch Jean-Paul Bahuaud. Er verkauft seit vielen Jahren gebrauchte Yachten auf Guadeloupe. Auch diese Karibikinsel ist ein französisches Departement. „Viele unserer Kunden, die hier bei uns ein Schiff kaufen und es zurück nach Europa bringen wollen, bekommen Ärger mit dem Zoll.“ Bahuaud plädiert dafür, den Status der Übersee-Departements schnellstens zu ändern und das EU-Steuergebiet auf sie auszuweiten.

„Ansonsten bleibt es dem Zufall überlassen, ob man bei der Wiedereinfuhr eines Schiffs in EU-Gewässer zur Kasse gebeten wird oder nicht“, so der Yachtmakler. Länder wie Spanien oder Portugal seien bekannt dafür, sich nicht um das Thema zu kümmern. Andere Staaten hingegen sind für ihre rigide Vorgehensweise bekannt. Dazu zählte in der Vergangenheit insbesondere Italien. Nun ist offenbar auch Frankreich erpicht darauf, Steuerschulden von Seglern unerbittlich einzutreiben.

Steuerstreit ist bei französischem Ministerium gelandet

Stéphane Dubois will auf jeden Fall weiterkämpfen für in seinen Augen mehr Steuergerechtigkeit für Bootskäufer und Langfahrer sowie für ein Ende der Unsicherheit, was auf Segler zukommt, wenn sie in die EU zurückkehren. Schließlich ist die Yacht gerade für viele Langfahrt-Rückkehrer häufig das einzige Vermögen, dass sie nach den Jahren in der Ferne besitzen. Ihnen fehlen nicht selten die Mittel, eine hohe Steuerforderung zu bewältigen.

Dubois: „Mein Fall liegt mittlerweile bei der Schiedsstelle des französischen Wirtschaft- und Finanzministeriums. Ich hoffe, dass ich dort auf Verständnis für uns Segler stoße.“

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