RechtUS-Einfuhrzölle steigen – Auswirkungen auf den europäischen Yachtmarkt

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 · 02.08.2025

Recht: US-Einfuhrzölle steigen – Auswirkungen auf den europäischen YachtmarktFoto: picture alliance / REUTERS
Der große Knall: Anfang April verkündete US-Präsident Donald Trump sein umfassendes Zollpaket. Dieses sieht vor, dass nahezu alle Länder einen Basiszoll von zehn Prozent auf Importe zahlen. Hinzu kommen länderspezifische Zusatz-Zölle.
Seit dem 5. April 2025 erhebt die US-Regierung einen zusätzlichen pauschalen Einfuhrzoll von zehn Prozent auf praktisch alle Waren aus dem Ausland, Yachten eingeschlossen. Wir verraten, was die US-Politik für den europäischen Yachtmarkt bedeutet und worauf Sie als Eigner oder Kunde achten können.

Für Importe aus Ländern mit – aus US-Sicht – „überhöhten Handelsbarrieren“ kann der Satz nach 90 Tagen auf 20 Prozent steigen; höhere Stufen sind nur für einzelne Staaten wie China vorgesehen. Die EU hat Vergeltungszölle von bis zu 25 Prozent beschlossen, sie aber bis zum 14. Juli 2025 ausgesetzt, um in dieser Frist eine politische Lösung auszuloten. Ob das gelingt, entscheidet darüber, ob die neue Zollordnung ein jahrelanger Störfaktor bleibt oder in wenigen Monaten zur Fußnote der Weltwirtschaft schrumpft.

Zölle als solches sind dabei keineswegs neu. Auch Auseinandersetzungen über Zölle hat es in der Vergangenheit oftmals gegeben. Dennoch ist die konfrontative Zollpolitik der Trump-Administration für den Welthandel – insbesondere auch die Beziehung zur EU – überraschend und in ihrer Unberechenbarkeit Neuland. Zollpolitik, wie wir sie momentan erleben, führt zu Unsicherheit in Bezug auf unterschiedliche Faktoren wie etwa Preiskalkulationen oder Lieferketten. Insbesondere im Rahmen von längerfristigen Projekten wirkt sich eine konfrontative und damit volatile Zollpolitik aus.

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Im folgenden Überblick möchten wir Ihnen zeigen, wo Yachteigner und auch die Yachtbranche die Folgen unmittelbar spüren – sowohl bei Neubauten als auch im Chartergeschäft – und welche juristischen Möglichkeiten Ihnen in diesem Zusammenhang zur Verfügung stehen.

Neubauten: Kalkulieren auf Sicht

Die Orderbücher großer Serienwerften reagierten prompt auf die Ankündigungen deutlich höherer Einfuhrzölle aus den USA. Beim schwedischen Familienbetrieb Hallberg-Rassy soll die Produktion um ein Drittel zurückgefahren worden sein. Es heißt, 64 der 194 Arbeitsplätze würden entfallen. Die österreichische Frauscher Werft meldet alle US-Bestellungen als „on hold“, bis Klarheit über das Verhandlungsresultat herrscht. Deutsche Hersteller wie Bavaria oder Hanse Yachts erscheinen gelassener, zur Begründung wird angeführt, Nordamerika mache nur einen einstelligen Prozentanteil ihres Absatzes aus. Doch auch wer nicht exportiert, dürfte in Sorge sein – die Wirtschaft fürchtet eine psychologische Kaufzurückhaltung in Europa.

Juristisch gesehen sind Zölle Abgaben, die beim grenzüberschreitenden Warenverkehr erhoben werden. Sie zielen auf verschiedene Zwecke ab, in den USA werden Schutz bzw. Wiederaufbau der heimischen Wirtschaft und die Erhöhung staatlicher Einnahmen als Gründe konkret benannt. Entschließt sich ein Land, Zölle einzuführen, lassen Gegenzölle der dadurch betroffenen Staaten meist nicht lange auf sich warten. Genau diese Entwicklung findet auf der Weltbühne gerade statt. Beide Zölle, insbesondere aber die EU-Gegenzölle, sind für hiesige (EU) Verbraucher unmittelbar spürbar. Viele europäische Werften verbauen US-Motorenteile, -Navigationselektronik oder -Teakdecks. Jedes dieser Bauteile wird bei der Einfuhr nach Europa unter Umständen erheblich verteuert. Währungsschwankungen erhöhen diese Unsicherheiten und können mildernde oder verschärfende Wirkung haben: Zollbedingte Erhöhungen sind im Moment für europäische Kunden besser zu verkraften, weil der Euro seit Januar 2025 rund sechs Prozent gegenüber dem Dollar zugelegt hat.

Branchenanalysten prognostizieren augenblicklich einen Rückgang der europäischen Neubauverkäufe im Segment der Serien­yachten von fünf bis zehn Prozent für das Gesamtjahr 2025. Im Superyacht-Segment bleibt hingegen die Nachfrage erstaunlich robust. Tatsächlich gibt es Erklärungen. Ein Grund könnte sein, dass Käufer in diesem Segment die Schiffe oft unter Drittflaggen registrieren und dadurch die unmittelbaren Auswirkungen einer Zollstreitigkeit umgehen können. Insgesamt ist die Branche jedoch alarmiert. Der europäische Dachverband European Boating Industry warnt bereits vor einer „Gefährdung ganzer Wertschöpfungsketten“ und mahnt, die politisch nun gesetzte Einigungsfrist bis Juli 2025 zu nutzen, um eine wirkliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Ansonsten könnte großflächig drohen, was die Hallberg-Rassy-Werft im Kleinen bereits erlebt hat: Eine politische Auseinandersetzung verwandelt sich in reale Arbeitsplatzverluste.

Chartermarkt: Zollgetrieben oder bloß nervös?

Im Chartermarkt lohnt ein Blick auf das Geschäft mit kleineren, indizierten Yachten. Die gefragten Mittelmeerreviere haben ihre Preise um etwa sechs Prozent gegenüber 2024 erhöht. Haben diese Preissteigerungen aber tatsächlich etwas mit Zöllen zu tun? Anscheinend gelangen bereits jetzt weniger in den USA gebaute Schiffe in europäische Reviere. Charterbetreiber, die 2024 Katamarane aus den USA bestellt haben, verschieben neue Anschaffungen, solange unklar ist, ob bei späterem Transfer in die USA bis zu 20 Prozent Einfuhrabgabe anfallen. Auch sind unmittelbare Auswirkungen von Zollstreitigkeiten auf die Finanzierungskosten der Charterflotten denkbar.


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Ein gegenläufiges Signal liefert die MYBA Charter Show 2025 in Sanremo: Mit mehr als 80 angemeldeten Superyachten – der größten Flotte seit über einem Jahrzehnt – startet die Saison so stark wie nie. Dieses üppige Angebot dürfte preisliche Auswirkungen der Zölle deutlich abschwächen und als Preispuffer wirken. Viel spricht deshalb für stabile Tarife zumindest bis zum 14. Juli 2025. Sollten die anstehenden Verhandlungen mit den USA allerdings scheitern, sind durchaus weitere Aufschläge denkbar. Diese wären direkt und zweifelsfrei auf die Zollproblematik zurückzuführen.

Es könnte sich daher empfehlen, Charterwochen für die Hauptsaison 2025 rasch zu fixieren: Selbst ein Zuschlag von fünf Prozent verteuert eine Charter zur Hochsaison erheblich. Wer der Zollthematik noch weitgehender vorbeugen möchte, könnte über flexible Ablieferungs- und Routenklauseln in Charterverträgen nachdenken – damit wären zolloptimierte Revierwechsel (etwa von Kroatien in die Türkei) möglich.

Neubau und Erwerb: Was ist konkret zu beachten?

Auswirkungen der Zollstreitigkeiten auf den Neu- und Gebrauchtyachtmarkt sind deutlich schwieriger zu greifen. Werften und Hersteller sind naturgemäß in breiterem Maße betroffen als Eigner oder Kaufinteressenten, die die Yachttransaktion gegebenenfalls einfach verschieben. Die Preisgestaltung bleibt eine komplexe Mischkalkulation mit viel erheblicheren Konsequenzen als im Chartermarkt. Für Yachten, die als zu teuer angesehen werden, erschwert sich der Marktzugang enorm. In der juristischen Betrachtung sind bestehende Verträge, bei denen es um Auswege aus bereits geschaffenen Problemen gehen wird, und neu abzuschließende Verträge zu unterscheiden.

Bestehende Verträge unterliegen immer einer Einzelfallprüfung. Sollten Zollthemen greifen und die Preise in die Höhe treiben, stellt sich die Frage, ob vertragliche oder gesetzliche Handhabe dagegen existiert oder vereinbart wurde. Das deutsche Recht kennt den sogenannten „Wegfall der Geschäftsgrundlage“, der – wenn einschlägig – Anpassungen des Vertrages erforderlich macht. Ob die Zollthematik in ihrer bisherigen Ausprägung geeignet ist, einen solchen Wegfall zu begründen, ist allerdings fraglich. Eine Bewertung, die im Verhältnis USA/China schon anders ausfallen könnte. Daneben besteht immer die Möglichkeit, dass Fälle „höherer Gewalt“ vertraglich definiert und mit mildernden Rechtsfolgen vereinbart sind. Je nach Ausprägung des Einzelfalles können sich so Probleme vertraglich lösen lassen.

Bei Verträgen, die gerade verhandelt werden, ist der Spielraum größer. Jeder künftige Bauvertrag sollte eine sogenannte „Escalation-­Clause“ – also Preisgleitklausel – für Zölle und Wechselkurse enthalten. Entsprechende Klauseln reduzieren oder vermeiden einen Streit, falls sich der Endpreis aufgrund der im Vo­raus in den Klauseln bestimmten Maßnahmen erhöht, indem bereits im Vorfeld vereinbart wird, wer diese preislichen Auswirkungen in welcher Höhe zu tragen hat.

Sie könnten weiter überlegen, Zahlungspläne mit längeren Meilenstein-Intervallen zu verhandeln. Werften könnten hier gesprächsbereit sein, zumal jeder Neuauftrag perspektivisch Liquidität bringt. Denkbar ist zudem, sich mit der Werft auf Subunternehmer/Lieferanten zu einigen, die nicht im Risiko sind, zollbedingte Preiserhöhungen an die Kunden weitergeben zu müssen. Regelmäßige Überprüfungen und die Möglichkeit zur Anpassung der Vereinbarung sollten ebenfalls festgelegt werden, da neben den bestehenden US-Zöllen auch zusätzliche Sanktionsrisiken im Verhältnis zu China auftreten können.

Projektgestalterische Freude beginnt bekanntermaßen bei Yachten über 24 Metern Länge, da bei diesen nicht nur das Interieur und Layout auf den Eigner zugeschnitten sind, sondern darüber hinaus auch über eine Registrierung unter Drittflagge (z. B. Cayman Islands oder Marshall Islands) nachgedacht werden kann und sollte, sofern Zollthemen im Mittelpunkt stehen. Flaggenwahl und Registrierung sind aber auch aus einer Vielzahl anderer Gründe gut zu überlegen und oftmals lohnenswert. Doch Vorsicht: Derartige Gestaltungen bedürfen stets einer eingehenden anwaltlichen und steuerlichen Beratung.

Sie werden sehen: Sind die Zollklippen erst einmal umschifft, warten auch in diesem Jahr wunderbare Yachterlebnisse auf Sie.


Experten für alle Fragen des Yachtrechts

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Die Yachtanwälte Dr. Tim Schommer (tim.schommer@clydeco.com) und Dr. Volker Lücke (volker.luecke@clydeco.com) betreuen seit über 18 Jahren Yachtmandate aus dem In- und Ausland. Sie beraten im Rahmen der Planungs- und Bauphase, des An- und Verkaufs, der Eignerstruktur, des Yachtbetriebs inklusive Versicherung, Crewing und Charter sowie der Abwicklung von Schäden und Ansprüchen Dritter.


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