Boote Exclusiv
· 24.09.2025
Superyachten sind für viele Eigner wie ein schwimmender Zweitwohnsitz, in dem sie sich maximal entspannen und wohlfühlen wollen. Dazu gehört ein Interieur, das den Vorlieben der Eigner entsprechend gestaltet wurde – häufig inklusive sorgfältig kuratierter Kunstwerke. Diese zählen nicht nur als Schmuckelement und erfreuen das kulturell verwöhnte Auge, sondern gelten auch – ebenso wie seltene Autos, Uhren und ausgefallene Immobilien – als gute Investments. Tatsächlich schmücken mitunter Kunstobjekte das Interieur, die deutlich wertvoller sind als das Schiff selbst.
Wer Teile seiner Kunstsammlung mit auf maritime Reisen nimmt, sollte wissen, dass an Bord besondere Risiken lauern. Rein praktisch sind vor allem Luftfeuchtigkeit, Temperaturschwankungen und die besonderen Risiken der Beschädigung und des Diebstahls zu beachten. Rechtlich wiederum stellt sich die Frage, wie Kunst vor dem Hintergrund der besonderen Gefahren versichert werden kann. Was ist beim Kauf und länderübergreifenden Transport zu beachten? Was sind die zollrechtlichen Hindernisse?
In Museen, Galerien und Ausstellungen sind Kunstwerke durch die Gegebenheiten der Ausstellungsräume besonders geschützt; der Kurator wird für die ausgestellte Kunst die ideale Umgebung schaffen. Dies ist an Bord einer Yacht grundsätzlich anders: Ein Kunstexperte ist selten anzutreffen; die Werke haben sich den Örtlichkeiten an Bord anzupassen (was mitunter dazu führt, dass ein Salvador Dalí längs statt quer hängt!). Die Kunst auf Yachten ist zudem besonderen physischen Risiken ausgesetzt. Zum einen können Schiffsbewegungen zu Schäden wie Rissen, Brüchen oder Ablösungen führen. Zum anderen setzen Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen, UV-Strahlung und salzige Luft den Werken zu.
Ein Ölgemälde auf Deck 5 einer stark vibrierenden Motoryacht altert aufgrund der Vibrationen, der Klimaanlage sowie der mal mediterranen, mal tropischen Luftfeuchtigkeit anders als im MoMA. Doch nicht nur die natürlichen Gegebenheiten auf See können ein Risiko für Kunstwerke darstellen. Es besteht auch die Gefahr von Beschädigungen oder gar Diebstahl. So gehören Demolierungen während eines Werftaufenthalts oder durch unwissende Crewmitglieder zu den Ärgernissen, mit denen Eigner unter Umständen umgehen müssen. Wird mit einem feuchten Lappen über ein staubiges Ölgemälde gewischt, kann das den Wert des Werkes erheblich reduzieren. Auch Beschädigungen durch Champagnerkorken sind keine Seltenheit, wie zahlreiche Beispiele belegen. „Meist werden die Schäden an Kunstgegenständen von Menschen verursacht“, weiß auch die in Oxford ausgebildete Kunsthistorikerin Pandora Mather-Lees, die Crewmitglieder im Umgang mit Kunst schult.
Bei Werftbesuchen oder Stopps in ungesicherten Häfen sind wertvolle Werke mitunter unzureichend geschützt oder werden extern gelagert, was erhebliche Risiken mit sich bringt. Doch welche Schutzmaßnahmen sind sinnvoll und was können Yachteigner tun, um sich abzusichern?
Früher wurde Kunst noch unter Transport- und Hausratversicherungen mitversichert. Dies ist heute nur noch selten der Fall. Im Gegenteil, Kunstversicherungen haben sich als eigenständiges Segment herausgebildet und sind fest etabliert. Es gibt speziell auf Kunst zugeschnittene Produkte. Diese decken im Gegensatz zu einer Hausratversicherung im Rahmen einer Allgefahrendeckung auch weitere Risiken ab. Sie lassen sich individualisieren und an bestimmte Bedürfnisse anpassen.
Doch auch bei exklusiven Policen für Kunstwerke ist Aufmerksamkeit gefragt. Versichert sind nur diejenigen Kunstwerke, die im Versicherungsschein konkret aufgeführt sind. Damit im Schadensfall kein Zweifel über den Versicherungsschutz einzelner Werke aufkommt, ist es ratsam, sämtliche Kunstobjekte in einem präzise geführten Verzeichnis zu katalogisieren. Neben der genauen Bezeichnung der Werke sollte außerdem der Wert erfasst sein, der durch möglichst aktuelle Wertgutachten belegt ist. Ist der Wert der jeweiligen Kunstgegenstände nicht erfasst oder das Gutachten zu alt, kann dies zu einer Unterversicherung führen.
Neben regelmäßig zu aktualisierenden Wertgutachten, erstellt von versierten Experten, müssen nicht nur die Versicherungssummen, sondern auch die Versicherungsbedingungen regelmäßig angepasst werden. Auch macht es für das Assekuranzunternehmen einen entscheidenden Unterschied, in welchen Gebieten sich die Yacht wie lange aufhält und ob sie nur vom Eigner oder auch von Chartergästen genutzt wird. Nur eine individuelle Risikoanalyse und genaue Prüfung der Versicherungsbedingungen stellt sicher, dass der Eigentümer im Einzelfall sachgerecht versichert ist!
Auch unter steuerrechtlichen Aspekten ergeben sich in Bezug auf Kunst an Bord Besonderheiten. Zwar gelten Schiffe völkerrechtlich als schwimmende Gebietsteile des Staates, dessen Flagge sie führen. Aber dieser Grundsatz gilt nicht umfassend. Wird Kunst an Bord eines Schiffes installiert, so bestimmt der Ort der Lieferung das steuerlich relevante Recht. Wird also beispielsweise im Rahmen eines Refits in Norddeutschland die Kunst aus den USA geliefert, ist – abhängig vom weiteren Verbleib bzw. der Reiseroute der Yacht – in erster Linie an die Einfuhrumsatzsteuer zu denken.
Anders verhält es sich bei Lieferungen aus der EU. In diesem Fall gelten die steuerlichen Regelungen für innergemeinschaftliche Lieferungen. Nach diesen Regelungen können Ausrüstungsgegenstände für Seeschiffe unter bestimmten Bedingungen auch steuerfrei geliefert werden. Dies mag attraktiv sein und bei der Auswahl der Kunst eine Rolle spielen. Zu beachten ist in dem Fall aber auch die Eigentümerstruktur – der Yacht einerseits und der Kunst andererseits. Denn ähnlich wie Yachten, Flugzeuge und Immobilien werden wertvolle Werke oftmals von Eigentümerstrukturen gehalten. Typischerweise ist der juristische Eigner der Yacht nicht identisch mit dem Eigentümer des Kunstwerks, obwohl hinter beiden wirtschaftlich dieselbe Person steht.
Zudem sind zollrechtliche Aspekte im Auge zu behalten. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass mit einer Yacht regelmäßig Ländergrenzen überschritten werden. Kunst, die dauerhaft auf Schiffen installiert ist, lässt sich als Schiffsausrüstung klassifizieren, wodurch der freie Transport über Ländergrenzen durch internationale Übereinkünfte und nationale Regelungen sichergestellt ist. Besondere Genehmigungen für eine grenzüberschreitende Fahrt sind dann nicht erforderlich – vorausgesetzt, der Aufenthalt im Land ist nicht von Dauer. Ist er, geplant oder ungeplant, länger, sind zollrechtliche Anmeldungen zu prüfen und abhängig vom Ausgangs- und Zielland durchzuführen. Dieser Prozess ist, abhängig von der Jurisdiktion, mit nicht unerheblichem bürokratischen Aufwand verbunden. Er sollte sorgfältig vorbereitet und unter Beachtung aller einschlägigen Vorschriften abgewickelt werden. Der Eigner oder seine Yachtmanager sollten sich vorab über die konkreten Anforderungen beim Zoll informieren und im Zweifel fachkundigen Rat von Kunstexperten und Juristen einholen. Eine sorgfältige Vorbereitung von Dokumenten und die Beachtung der geltenden Einfuhr- und Kulturgutschutzbestimmungen sind unerlässlich, wenn Verzögerungen oder Konflikte vermieden werden sollen. Anderenfalls droht, zumindest im schlechtesten Fall, die Beschlagnahmung zur vorläufigen Sicherung von Vermögenswerten, also „Kunst über Bord“.
Die Yachtanwälte Dr. Tim Schommer (tim.schommer@clydeco.com) und Dr. Volker Lücke (volker.luecke@clydeco.com) betreuen seit über 18 Jahren Yachtmandate aus dem In- und Ausland. Sie beraten im Rahmen der Planungs- und Bauphase, des An- und Verkaufs, der Eignerstruktur, des Yachtbetriebs inklusive Versicherung, Crewing und Charter sowie der Abwicklung von Schäden und Ansprüchen Dritter.