Wer Signalraketen kaufen will, gleich ob mit oder ohne Fallschirm, erwirbt damit „pyrotechnische Seenotsignalmittel der Kategorie P2“ und braucht dafür den sogenannten Pyroschein, den Fachkundenachweis (FKN) nach dem Sprengstoffgesetz (SprengG). Der berechtigt „zum Erwerb und Transport von erlaubnispflichtigen Signalmitteln der Kategorie P2“.
Frage 15 von 60 des Prüfungskatalogs lautet „Was machen Sie mit überlagerten pyrotechnischen Notsignalen?“ Die richtige Antwort lautet: „Über den Handel zurückgeben oder Delaborierungsbetrieben übergeben (Keinesfalls als Feuerwerkskörper verwenden).“
Wer Signalgeber, Handfackeln oder Rauchsignale für den Bordgebrauch erwerben möchte, muss nur volljährig sein und braucht keinen Pyroschein, doch auch diese Signalmittel unterliegen dem Sprengstoffgesetz und die Antwort auf Frage 15 trifft auch auf sie zu.
Doch was heißt das genau? Und warum nicht an Silvester verfeuern?
Dass Seenotsignale nur im Seenotfall erlaubt sind, liegt in der Natur der Sache. Wer sie zum Spaß in die Luft jagt, muss mit Strafe rechnen.
Der Gesetzgeber hat den Fall in § 40 Absatz 1 Nr. 3 i. V. m. § 27 Absatz 1 Nr. 2 und § 7 Absatz 1 SprengG geregelt und sieht dafür Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafen vor:
Wer in anderen als in den in § 7 bezeichneten Fällen (gewerbsmäßig, selbständig im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern) mit explosionsgefährlichen Stoffen umgehen will, bedarf der Erlaubnis. Wer ohne die erforderliche Erlaubnis entgegen § 27 Absatz 1 explosionsgefährliche Stoffe erwirbt oder mit Ihnen umgeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Bringt er Gegenstände wie Autos oder Häuser in Gefahr, oder gar andere Menschen, lässt der Strafrahmen laut § 40 Absatz 3 SprengG sogar Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren zu:
Wer wissentlich durch eine der in den Absätzen 1 oder 2 bezeichneten Handlungen Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Abgelaufene Signalmittel an Silvester zu verfeuern ist daher nicht zu empfehlen. Und dass Explosivstoffe nicht in den Hausmüll gehören, sollte sich von selbst verstehen. Wohin also damit?
Weit verbreitet ist die Vorstellung, dass überlagerte Seenotsignalmittel bei Fachhändlern, in Sammelstellen an Yachthäfen, in Recyclinghöfen oder auch bei der Feuerwehr einfach abgegeben werden können.
Doch ganz so einfach ist es nicht.
Nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz trifft die Hersteller generell eine weitreichende Produktverantwortung. Anders als beispielsweise bei Verpackungen, Elektrogeräten oder Batterien existiert darüber hinaus jedoch keine spezielle gesetzliche Regelung für abgelaufene Pyrotechnik.
Tatsächlich nehmen auch viele der einschlägigen Stellen diese heiße Ware aus den unterschiedlichsten Gründen gar nicht an.
Der durchschnittliche Yachtausrüster am Hafen hat Seenotsignalmittel meist gar nicht mehr im Programm. Denn die Aufbewahrungspflichten wurden in den vergangenen Jahren derart verschärft, dass ein durchschnittliches Ladengeschäft ohne bauliche Maßnahmen nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber den Handel mit Pyrotechnik nur durch geschultes Personal erlaubt.
Mangels Handels mit neuen Seenotsignalmitteln entfällt aber auch die kaufmännische Motivation für die Rücknahme der alten.
Manche Fachhändler, die Seenotsignalmittel im Angebot haben, bieten aus Kulanz und meist gegen eine Gebühr die Annahme der abgelaufenen an, obwohl sie nicht dazu verpflichtet sind. Glücklich aber sind sie darüber nicht. Denn die heiße Ware zu sammeln, und zum Hersteller oder einem sogenannten Delaborierungsbetrieb zu schaffen, ist nicht nur teuer, sondern auch kompliziert.
Das hängt damit zusammen, dass bei der Verfrachtung die Regeln über Gefahrguttransporte einzuhalten sind. Dazu gehört beispielsweise die Lagerung der Signalmittel in produktspezifischen Gefahrgutverpackungen.
Landen die überlagerten Seenotsignalmittel wieder beim Hersteller, steht auch der vor dem Problem, dass sie laut Kreislaufwirtschaftsgesetz in Deutschland nur von eigens dafür zugelassenen Betrieben entsorgt werden dürfen. Und das sind die Hersteller in der Regel nicht.
„Wir nehmen unsere Produkte aus dem Kreislauf über den Handel wieder zurück, müssen sie dann aber zum Entsorger bringen“, sagt Holger Mügge, Sales Director bei Wescom in Bremen, wo unter anderem die Signalmittel der Marke Comet hergestellt werden.
Mügge steht dann vor dem gleichen Problem wie der Händler, der ihn mit den abgelaufenen Signalmitteln belieferte, anstatt sie direkt selber zum Entsorgungsbetrieb zu bringen.
Auch die Einrichtungen der öffentlichen Versorgungsbetriebe stehen vor den gleichen Problemen beim Umgang mit überlagerter Signalmunition. Da auch sie Gefahrstoffe wie Seenotsignalmittel an Munitionszerlegebetriebe weiterreichen müssten, wird die Annahme hier nicht selten sogar verweigert.
Zwar lassen Bezeichnungen wie Gefahrstoff-, Schadstoff- oder Problemstoffsammel- oder Annahmestelle anderes vermuten, damit sind jedoch Farben und Lacke, Lösemittel, Pestizide, Pflanzenschutzmittel und ähnliche Stoffe gemeint, nicht Explosivstoffe.
Auch Polizei und Feuerwehr müssen alte Seenotraketen und Dergleichen außer zur akuten Gefahrenabwehr grundsätzlich nicht annehmen.
Unternehmen, in denen Munition zerlegt und entsorgt wird, werden privatwirtschaftlich tätig und müssen daher Geld für die Entsorgung verlangen. Dabei ist es daher auch egal, ob der Endverbraucher selber, sein Fachhändler, der Hersteller oder eine Sammelstelle die überlagerten Seenotsignalmittel dort abliefern.
In Deutschland sind nur wenige Betriebe auf die sogenannte Delaborierung von Munition spezialisiert und sind dafür zugelassen, darunter beispielsweise GEKA in Munster.
Auch Privatpersonen könnten ihre Kleinstmengen an Seenotsignalraketen theoretisch direkt an einen solchen Entsorgungsbetrieb liefern. Doch das würde neben den Kosten für die Entsorgung selbst auch die teure Beförderung mit einer der wenigen in Deutschland zugelassenen Gefahrgutspeditionen erfordern, so dass diese Option nicht ernsthaft in Frage kommt.
Nicht zuletzt aus diesen Gründen reizt es viele, dem Ärger dadurch aus dem Weg zu gehen, dass die Seenotsignalmittel zum Jahreswechsel einfach in die Luft gefeuert werden. Aus den Augen, aus dem Sinn.
Doch dafür sind sie nicht gemacht. Und wenn die überalterte Treibladung dazu führen sollte, dass das Brennelement nicht mehr die volle Steighöhe erreicht, kann es brennend auf die Erde fallen und dort großen Schaden verursachen.
Auch wenn es etwas kostet, die alten Signalmittel sollten beim Kauf von neuen abgegeben werden.