Egal ob Matrosen-, Küchen-, Takelmesser oder Multitool – an Bord gibt es viele scharfe Klingen, die potenziell gefährlich sein können. Besonders riskant wird es, wenn sie als Waffen gegen Personen eingesetzt werden. Angesichts der jüngsten politischen Reaktionen auf die steigende Zahl von Gewalttaten mit Messern fragen sich auch Skipper, ob diese für viele von uns normalen Werkzeuge überhaupt noch erlaubt sind.
Denn in der jüngeren Vergangenheit wurden Rufe nach Verschärfungen des Waffenrechts laut. So etwa nach dem Messerangriff in Mannheim im Mai vergangenen Jahres, in dessen Folge ein 29 Jahre alter Polizist ums Leben kam. Und nach dem grausamen Messeranschlag von Solingen im August 2024, bei dem drei Menschen getötet und acht weitere teils lebensgefährlich verletzt wurden, beschloss die Bundesregierung ein sogenanntes Sicherheitspaket. Das beinhaltet unter anderem eine Verschärfung des Waffengesetzes.
In dem Maßnahmenpaket vom Oktober letzten Jahres geht es in erster Linie um „Hieb- und Stichwaffen“ – also Messer. Die mitzuführen ist künftig unter Umständen strikt verboten. Das kann Sportveranstaltungen betreffen, Sportanlagen, und den Weg mit Bus und Bahn dorthin. Wie also wirkt sich das auf den Wassersport aus? Wir haben sowohl mit der Polizei als auch einem Rechtsanwalt über die aktuelle Rechtslage gesprochen. Er ist selber Segler und erläutern im Folgenden, was künftig von Wassersportlern zu beachten ist.
Der Paragraf 42a des Waffengesetzes (WaffG) regelt das „Verbot des Führens von Anscheinswaffen und bestimmten tragbaren Gegenständen“. Nach Absatz eins ist es verboten, „Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 Zentimeter“ zu führen. Außerdem ist es nicht erlaubt, „Hieb- und Stoßwaffen“ (Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß, Stich, Schlag oder Wurf Verletzungen beizubringen) zu führen.
„Das Problem ist, das man als ‚Segelmesser‘ im Prinzip zwei gängige Arten versteht: das Multitool, meist von Leatherman, und so was wie ein Sicherheitsmesser“, so Rechtsanwalt Matthias Hampel. Der Fachanwalt für Familien-und Verkehrsrecht besitzt neben seiner strafrechtlichen Expertise vor allem eine große Leidenschaft für das Segeln.
Hampel ist Partner der Rechtsanwaltskanzlei Hampel & Steiner GbR in Bielefeld. Er erläutert, dass insbesondere die Multitools häufig unter den Paragrafen 42a fallen: „Die meisten sind, auch wenn ihre Klingenlänge häufig weniger als zwölf Zentimeter misst, mit einer Hand zu bedienen. Da die Klingen dieser Messer zudem arretierbar sind, ist das Führen grundsätzlich verboten.“ Allerdings relativiert Absatz zwei des Paragrafen 42a den vorangegangenen Absatz: Absatz eins gelte nicht, wenn für das Führen ein berechtigtes Interesse vorläge. Unter dem „berechtigten Interesse“ versteht Absatz drei, „wenn das Führen der Gegenstände im Zusammenhang mit der Berufsausübung, [...], dem Sport oder einem allgemein anerkannten Zweck dient“.
Den Begriff „Führen“ definiert das WaffG als ein Ausüben der „tatsächlichen Gewalt außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume, des eigenen befriedeten Eigentums oder einer Schießstätte“ (Anlage eins, Abschnitt zwei, Nummer vier). Hampel klärt auf: „Das Schiff gilt im Gesetz wie das eigene Zuhause, das ist kein öffentlicher Bereich, man darf also quasi alles machen. Natürlich nur so lange, wie man sich nicht nach anderen Vorschriften strafbar macht, zum Beispiel wenn schon der Besitz des betreffenden Messers im Einzelfall waffenrechtlich verboten ist.“
Mit Messern wie dem Wichard „Offshore Rescue Knife“ sieht Hampel in Bezug auf den Paragrafen 42a keine Probleme: „Die Klinge des Wichard ist nur 7,2 Zentimeter lang, es hat keine Spitze und ist in dem Cover auch so arretiert, dass man sagen würde, dass es wahrscheinlich nicht in diese Regelung fällt.“ Es bräuchte zwingend zwei Hände, um es aus dem Köcher zu holen, damit sei es kein Einhandmesser.
Als „Mischform“ bezeichnet Hampel Bordmesser, die „eine lange Klinge haben, einhandbedien- und arretierbar“ sind. Auch diese Messer dürfe man in der Öffentlichkeit nicht „führen“.
Viele Bahnhöfe wurden durch das Sicherheitspaket zu sogenannten Messer- beziehungsweise Waffenverbotszonen erklärt. „Wenn man jetzt zum Beispiel in Hamburg am Hauptbahnhof langgeht, muss man zwangsläufig durch eine Waffenverbotszone“, so Matthias Hampel, „da stellt sich natürlich schon die Frage: Was ist jetzt führen?“ Hampel erklärt: „Da du als Segler im Prinzip aus Freizeitzwecken auf das Messer angewiesen bist, darfst du es transportieren.“ Dieser reine Transport eines Messers durch Skipper gilt dann nicht als Führen im Sinne des WaffG. Es sei für diese Abgrenzung aber sehr wichtig, so Hampel, das Messer möglichst tief im Rucksack oder der Reisetasche zu verwahren, sodass ein Zugriff darauf möglichst schwer ist.
Ähnlich legt die Landespolizei Schleswig-Holstein die Vorschriften aus. Sie äußert sich BOOTE gegenüber dahingehend, dass Bootsfahrer ein nachvollziehbares Interesse hätten, Messer auch durch Messerverbotszonen zu transportieren: „Hervorzuheben ist zudem, dass Messer und Waffen von einem Ort zum anderen transportiert werden dürfen, wenn die Messer und Waffen dabei nicht zugriffsbereit sind.“
Der Begriff „nicht zugriffsbereit“ würde durch das Waffengesetz in der Anlage eins, Abschnitt zwei, Nummer 13 definiert : „Waffen und Messer sind jedenfalls dann nicht zugriffsbereit, wenn sie in einem verschlossenen Behältnis transportiert werden. Ein Messer ist auch dann nicht zugriffsbereit, wenn es nur mit mehr als drei Handgriffen erreicht werden kann.“
Der Transport eines Messers, das einhändig zu bedienen oder dessen Klinge über zwölf Zentimeter lang ist, dürfte damit in einer Reisetasche oder auf dem Boden eines größeren Rucksacks durchaus erlaubt sein. Charterer, die mit dem Flugzeug reisen, müssen sich besonders in Acht nehmen. Gemäß den Sicherheitsvorschriften der Europäischen Union und den USA ist es verboten, Messer im Handgepäck zu transportieren. Die einzige Ausnahme stellen Messer dar, deren Klingenlänge weniger als sechs Zentimeter beträgt. Die ist in der Praxis allerdings schnell erreicht. Die Regelung gilt auch für Scheren, spitze Nagelfeilen und andere spitze Gegenstände.
Auch für das aufgegebene Gepäck gelten Bestimmungen. Fluggäste sollten sich vor dem Packen ihrer Reisetasche daher genauestens mit den Richtlinien ihrer Fluggesellschaft und den gesetzlichen Gegebenheiten des Ankunftslandes auseinandersetzen.
Bei einer Kontrolle auf See sollte immer offen mit dem Vorhandensein von Messern umgegangen werden. Insbesondere dann, wenn sie zugriffsbereit im Cockpit befestigt sind oder gar am Gürtel getragen werden. Die Landespolizei Schleswig-Holstein rät, im Falle einer Kontrolle durch die Polizei stets offen und freundlich zu kommunizieren. „Ein vorhandenes Messer sollte in diesem Rahmen direkt angesprochen werden“, so die Polizei.
Außerdem sollten Messer während einer Kontrolle nicht unaufgefordert herausgeholt oder in die Hand genommen werden. „Die kontrollierenden Polizistinnen und Polizisten würden kommunikativ erläutern, wie in der konkreten Kontrollsituation mit einem vorhandenen Messer umgegangen werden sollte“, führen sie aus.
Auch nach dem Anlegen müssen Skipper sich keine Sorgen machen, durch das kurzfristige Verlassen des Schiffes gegen den Paragrafen 42a des WaffG zu verstoßen, so Rechtsanwalt Matthias Hampel. „Solange man sich von größeren Menschenmengen fernhält, ist es kein Problem, beim Anlegen vom Schiff zu steigen, um die Leinen festzumachen und dabei noch ein Bordmesser am Gürtel zu tragen.
Man sollte den gesunden Menschenverstand walten lassen. Dazu gehört etwa, nicht mit dem Bordmesser in die Kneipe zu gehen.”
Auch wenn es bislang dazu keine Rechtsprechung gäbe, geht Hampel davon aus, dass es in solchen Fällen als gerechtfertigtes Interesse gilt, ein Bordmesser zur Sportausübung zu führen. „Wenn man die Augen aufmacht und mit gesundem Menschenverstand unnötige Gefahrenpotenziale vermeidet, sollte es eigentlich keine Probleme geben“, so Hampel. Dazu gehöre es auch, das Messer beim Kneipenbesuch an Bord zu lassen.
Wie aber stellt sich die Situation nun bei der Einreise nach Dänemark dar? „Generell ist das dänische Waffengesetz strenger als das deutsche“ heißt es von Seiten des dänischen Außenministeriums. Die „Einfuhr von scharfen und spitzen Waffen (darunter Messer) mit einer Klinge von mehr als zwölf Zentimetern Länge ohne vorherige polizeiliche Genehmigung“ sei verboten. Ebenso „Dolche oder Messer an öffentlich zugänglichen Orten mit sich zu führen“. Einzige Ausnahme bilden Messer, die einem „anerkennungswürdigen Zweck“, wie der Segelei, dienen. Die dürfen allerdings nur mitgeführt werden, wenn die Klingenlänge weniger als zwölf Zentimeter misst.
„In Dänemark sind die in Deutschland verbotenen Butterfly- und Faustmesser ebenfalls verboten“, so Hampel. In Deutschland ist es nach der Verschärfung des Waffengesetzes wichtig, mit dem Thema des Mitführens von Messern sensibel umzugehen. Vor allem die Waffenverbotszonen sollten Anlass dazu geben, die mitgeführten Messer besonders tief im verschlossenen Gepäck mitzuführen.
„Wer allerdings ein Bordmesser tief in seiner Musto-Tasche verstaut, um es zum Boot zu transportieren, sollte auch auf Bahnhöfen keine Probleme kriegen“, so Hampel, der in seiner Freizeit regelmäßig selbst auf seiner Varianta 44 segelt. Dem Inhaber eines Messers, das nicht geführt werden darf, müsste außerdem die „Gefährlichkeit des Messers in der konkreten Situation unter Anwendungsgesichtspunkten“ nachgewiesen werden, sodass Skipper meist auf der sicheren Seite seien.